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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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das? Jeder weiß, daß sich die kleinen und schwachen Menschen und Tiere nicht gegen größere und stärkere verteidigen können. Daher muß man die Kleinen beschützen und ihnen auf jede erdenkliche Weise helfen. Wer gegen dieses Gebot verstößt, darf in der Hexenküche Turjas Rache erleben, und spätestens dann wird dem Sünder bewußt werden, wogegen er verstoßen hat.
     
    3. Du sollst das Leben bewahren.
    Was heißt das? jede Art von Leben muß geschützt werden. Pflanzen, Tiere, Flüsse, Wälder und Erde, Luft und Nebel sind heilig. Nicht einmal den geringsten Wurm darf man absichtlich tot treten. Einem Menschen das Leben zu nehmen ist das größte Verbrechen von allen, besonders dann, wenn eine Frau ermordet wird, das wunderbarste Geschlecht. Wer nicht ständig und mit aller Kraft das Leben bewahrt, sondern es zerstört, wird nach seinem Tod die Strafe Ukko Obergotts spüren: Man wird ihn nach dem Tod noch einmal sterben lassen, und niemand wird sich je an ihn erinnern.
     
    4. Du sollst die alten Menschen ehren.
    Was heißt das? Alte Menschen besitzen Erfahrung und Weisheit, sie haben ein schweres Leben hinter sich, und sie sind nicht mehr jung. Darum muß man sie mehr verehren als andere Menschen, man muß ihnen auf jede erdenkliche Weise bei ihren täglichen Verrichtungen behilflich sein und ihnen ehrlichen Respekt entgegenbringen, damit ihr Leben glücklich ist, bis sie das wohlverdiente Leben im Himmel erreichen. Wer die alten Menschen nicht ehrt, wird in seinem Leben selbst immer älter und kränker werden, und wenn er gestorben ist, wird er in den Ascheofen des Totenreichs gesperrt, den Lempo von Zeit zu Zeit nachschürt.
     
    5. Du sollst dich anständig benehmen.
    Was heißt das? Ein Mensch soll anständig leben, nicht wie eine herzlose Bestie oder hirnlose Molluske. Der Mensch soll sich weiterentwickeln, große Gedanken entwerfen, lesen und singen, neue Sachen erfinden und neue Gebäude errichten. Er muß Kriegen widerstehen, den Kranken beistehen, Streit schlichten und ein Humanist sein. Wer dieses Gebot bricht, wird nach seinem Tod unter die Hunde des Totenreiches und die Köter der Hexenküche geraten, in ein Rudel, wo Menschlichkeit nicht bekannt ist und aus dem es keine Rückkehr gibt.
     
    6. Du sollst nie locker lassen.
    Was heißt das? Ein Finne muß gut sein und in seiner Güte unerschütterlich. Er darf nie locker lassen, auch wenn Müdigkeit, Krankheit und Tod drohen. Bis zum letzten muß für das Gute gekämpft werden. Man darf sich keinen Drohungen, Erpressungen und auch nicht Bestechungsversuchen beugen, sondern muß immerfort dafür sorgen, daß das Gewissen rein und das Handeln gerecht ist. Wer aufgrund von Faulheit oder Gleichgültigkeit dieses Gebot bricht, wird im Leben vergessen und im Tod nicht mehr wie ein Finne behandelt werden.
     
    Rutja erhob erneut sein Weinglas. Schweigend wurde getrunken, andächtig sinnierten alle über die Gebote, die Rutja vorgelesen hatte. Es waren nur sechs, aber mehr waren auch gar nicht nötig. Wenn man sie alle befolgte, reichten sie im irdischen Finnland ebenso aus wie im finnischen Himmel.
    Rutja erhob die Hände. Aus dem Unterholz trat Sampsa hervor, prächtig und eindrucksvoll in der Gestalt des Sohns des Donnergottes. Ein tiefes Erstaunen ergriff die Festgäste. Selbst die Elfen zogen sich ein Stück zurück, und einige Gnome gingen zwischen Fichtenwurzeln in Deckung.
    Die verrückteste Programmnummer des Abends begann. Die Kultfigur wurde neben den Gestaltwechselfelsen gestellt. Rutja und Sampsa stiegen hinauf. Sie fingen an, wild zu tanzen, wobei sie sich gegenseitig an den Hals faßten, schließlich gingen sie mit gefletschten Zähnen aufeinander los, als hätten sie vor, sich gegenseitig bei lebendigem Leib zu verschlingen. Und das taten sie wirklich! Mit wildem Ächzen und wütendem Gebrüll wurde aus Sampsa wieder Rutja und aus Rutja Sampsa. Die beiden Gestalten verschmolzen miteinander, und nach einer ganzen Weile trennten sie sich schließlich. Auf dem Felsen stand nun ein quicklebendiger Sampsa Ronkainen und ein noch lebendigerer Sohn des Donnergottes. Von Rutjas Erhabenheit geblendet, warfen sich die Festgäste auf den Boden. Mit lauter Stimme bekannten sie, an diesen mächtigen und eindrucksvollen Gott zu glauben, an den Sohn des Donnergottes. Das fromme Rufen war bis nach Suntio zu hören.
    Kaum hatte Sampsa nun wieder einmal die Möglichkeit, sein eigenes Leben zu leben, verspürte er einen Bärenhunger. Steuerprüferin

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