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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hinzu, denn der gute Ruf des Gemütskurhauses Ronkaila mit seinen effektiven Methoden hatte bereits weite Verbreitung gefunden. Die Unglücklichen, die jetzt den Verstand verloren, begaben sich nicht mehr in traditionelle Nervenheilanstalten, sondern wollten alle nach Ronkaila, wo sie auf der Stelle geheilt wurden. Da in zunehmendem Maße Patienten aus den Nervenkliniken nach Ronkaila strebten, mußte die Situation als äußerst ernst bezeichnet werden.
    Die neuen Zahlen der Patientenstatistiken wurden in den Computer eingegeben. Der spuckte ein alarmierendes Resultat aus: Würde die Entwicklung so weitergehen, wären bis Weihnachten in den psychiatrischen Kliniken Finnlands keine Verrückten mehr zu finden! An wen sollte man dann die riesige Menge an Psychopharmaka verfüttern? Und welches schlimme Schicksal erwartete das Personal? Wohin gingen die Putzfrauen, das Küchenpersonal, die Schlosser, Hilfspfleger, Krankenschwestern, Therapeuten aller Art und Ärzte? In der Tat, die Ärzte sahen eine Zeit nahen, in der sie die leeren Wände ihrer Klinikzimmer anstarren und Fingernägel kauen müßten, weil es ihnen an Beschäftigung fehlte.
    All das hatte zur Folge, daß die Nervenheilanstalten keine Patienten mehr zur Behandlung nach Ronkaila schickten. Vergeblich ersuchten Onni Osmola und Notar Mälkynen um Verrückte. Die Kliniken kündigten aus medizinischen Gründen den Vertrag und beendeten das Experiment, das derartig arbeitsvernichtende Konsequenzen hatte.
    Viele Patienten flohen nach diesem Überweisungsverbot aus den Nervenkliniken. Gefahren und Hunger ausgesetzt, wanderten die Verrückten selbst aus den entlegensten Einrichtungen durch die Wälder um Dorf Pentele, wo sie auf Ronkaila freundlich aufgenommen wurden, wo man ihnen zu essen und zu trinken gab, und wo ihre von Krankheit geplagten Köpfe wieder in Ordnung gebracht wurden. In den psychiatrischen Kliniken mußten Patienten aus den offenen Abteilungen hinter Schloß und Riegel auf die geschlossenen Stationen verlegt werden, um jede Gelegenheit zur Flucht auszuschließen. Dank der Isolation und heftiger Medikation konnten die Ausbruchszahlen auf das Niveau normaler finnischer Gefängnisse gesenkt werden.
    Auch die Gesundheitsbehörde wurde aufmerksam. Dort lösten die Ereignisse schiere Panik aus. Man dachte sogar darüber nach, die Betriebsgenehmigung für das Gemütskurhaus Ronkaila zurückzuziehen. Zu einem allzu starken Gegenschlag wagte man jedoch nicht auszuholen, denn Rutjas Einrichtung hatte sich bereits zu sehr etablieren können. Es war eine allgemeine Tatsache: Wer nach Ronkaila ging, der kam ein paar Tage später wieder gesund zurück, und zwar mit einem klareren Kopf als je zuvor. Die Gesundheitsbehörde begnügte sich damit, einen Erlaß zu formulieren, nach dem die staatlichen Nervenheilanstalten nicht mehr die Erlaubnis hatten, Patienten nach Ronkaila zu schicken. »Die Testbehandlungen wurden von unserer Seite aus beendet«, wurde in einem Rundschreiben der Behörde an die Kliniken festgestellt. »Überdies werden die Psychiatrien angewiesen, eigene Aquisitionsmaßnahmen in die Wege zu leiten, um den aufgetretenen Patientenmangel auszugleichen und die Auslastung der Anstalten wieder ins Gleichgewicht zu bringen.«
    Werbeleiter Keltajuuri rechnete aus, daß Rutja bis Mitte August insgesamt 2200 Patienten die bösen Geister ausgetrieben hatte. Obwohl man von den psychiatrischen Kliniken keine Patienten mehr erhielt, kamen täglich neue Fälle auf Dutzenden verschiedener Wege nach Ronkaila. Sie wurden von Angehörigen gebracht, waren aus Nervenkliniken geflohen und kamen auf eigene Faust oder in kleinen Gruppen, sogar aus dem Ausland, hauptsächlich aus Schweden und Norwegen. Auch eine Flugzeugladung verwirrter Ungarn wurde behandelt, aber Rutja erteilte nicht gerne Behandlungsgenehmigungen an Ausländer, schließlich ging es für ihn vorrangig immer noch um die Verbreitung des alten finnischen Glaubens und nicht um die internationale geistige Gesundheit. Die verrückten Ungarn hatte Rutja ausnahmsweise geheilt, weil das ungarische Volk mit dem finnischen verwandt war. Aus demselben Grund wurden auch sechs durchgedrehte Wotjaken, ein ausgerasteter Wogule und zwei schwachsinnige Syrjänen aus der Sowjetunion aufgenommen.
    Keltajuuri versuchte herauszufinden, wie die aus den Klauen der bösen Geister erretteten Personen nach ihrer Heilung zurechtkamen und welche Resultate in der Verbreitung des alten Glaubens erzielt worden waren.
    »Ich habe

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