Der Sohn des Kometen
standen. Einer sank zu Boden, und ein tainnianischer Schild entfiel seinen Händen. Es sah aus, als liege er im Sterben. Der andere hielt ein tainnianisches Schwert - es war Thorwils kostbare Klinge - in beiden Fäusten und stierte mit blutverkrustetem Gesicht und blutunterlaufenen Augen in die Runde. Er wankte, zu kraftlos, die Chance zu nützen und einige der langsam zurückweichenden Gegner niederzustrecken.
Nyala wiederholte: »Lasst sie leben!« Sie blickte die keuchenden, langsam zu ihren Sinnen kommenden Männer fest an, obwohl ihre Seele schreien wollte vor all dem Grauen und Tod, den sie sah. »Oder denkt einer, dass noch nicht genug getötet worden ist?«
Als keiner antwortete, fuhr sie fort: »Gut. Nehmt sie gefangen! Wir bringen sie nach Elvinon, die Neugier meines Vaters zu stillen.«
»Wie du befiehlst, Nyala«, sagte eine Stimme kalt hinter ihr. Es war Fürst Thorwils Stimme. Er war auf seinem Pferd herangekommen. Sein Gesicht war bleich von Schmerz, und seine Schulter, obwohl verbunden, blutete. Sein linker Arm hing schlaff herab.
»Aber sei gewarnt! Bring diese schwarzen Teufel nach Elvinon, und du öffnest ihren Schattenkräften Tür und Tor!«
»Sie sind keine Teufel, Thorwil. Macht dich der Schmerz so blind, dass du das nicht sehen kannst? Oder ist es nur der Grimm, dass einer dich schlug? War er es?« Sie deutete auf die einsame schwankende Gestalt im Halbkreis der Tainnianer. »Ist das nicht deine Klinge, die er hält?«
»Es mag sein«, zischte Thorwil mit schmerzverzerrter Miene. »Dieser verdammte Teufel!«
»Er ist kein Teufel«, unterbrach sie ihn schroff. »Er hat heldenhaft gekämpft.«
»Er hat wie ein Dämon gewütet!«
Sie stampfte mit dem Fuß auf und rief heftig: »Wie es auch sei, ich will ihn!«
Furchtlos ging sie auf die Gestalt zu, die das Schwert gesenkt hatte und sich schwer darauf stützte. Der Grimm und der Wahnsinn waren aus seinen Augen verschwunden. Nur noch Erschöpfung lag in seinen Zügen. Sie sah, dass er jung war, kaum ein Mann.
»Gilt dein Wort auch für Etro und Taka?« krächzte er mit kaum verständlicher Stimme.
Sie nickte. »Für alle, die noch leben.«
»Hab Dank, wer du auch bist.«
»Ich bin.« Sie brach ab. Der Fremde war gegen den Felsen gesunken. Seine Beine gaben nach. Der tainnianische Helm, den er im Kampf einem Toten entrissen hatte, glitt von seinem Kopf und enthüllte schulterlanges, glattes Haar und eine hellere Haut an Stirn und Wangen. Er sah nicht aus wie die Toten, die sie gesehen hatte. Aber sein Anblick weckte eine andere Erinnerung in ihr, so übermächtig, dass es ihr den Atem verschlug.
»Der Sohn des Kometen!« flüsterte sie.
Nur die nahe bei ihr standen, vernahmen es, Zohmer Felzt und ihre Wachen und einige von Thorwils Männern.
Sie achtete nicht auf die erstaunten Gesichter. Sie trat zu dem Fremden. Seine Kräfte hatten ihn verlassen. Sie hob seinen Kopf. »Wie heißt du? Sag mir, wie du heißt!« bat sie drängend. Doch er war nicht mehr genug bei Sinnen, ihr zu antworten.
»Er heißt Mythor«, sagte einer der Männer, die unentschlossen herumstanden. Andere hatten begonnen, die Toten zusammenzutragen und die Verwundeten zu versorgen.
»Mythor«, wiederholte sie verwundert. Sie drehte seinen Kopf vorsichtig herum und strich das Haar aus seinem Nacken, was Zohmer Felzt mit düsterer Miene beobachtete, da er instinktiv fühlte, dass dieser junge Krieger Nyala weitaus mehr beschäftigen würde als jeder andere Mann zuvor.
Und sie fand, was sie suchte - eine kleine kreisrunde Narbe hinter dem rechten Ohr. Und sie wiederholte mit vor Ehrfurcht zitternder Stimme: »Der Sohn des Kometen!«
Diesmal hörten es die meisten, und ein verwirrtes Raunen ging durch die Versammelten.
»Bringt ihn mir lebend nach Elvinon!« befahl sie und erhob sich. Es war ein drohender Ton in ihrer Stimme. »Und sucht diesen Etro und Taka!«
Einer der Männer bückte sich und drehte einen dunklen, leblosen Körper herum, den eine Klinge durchbohrt hatte. Es war eine junge Frau.
»Das ist Taka«, sagte der Krieger, während die anderen Mythor hochhoben und zum Lager trugen. »Ich hörte, wie er sie rief. Sie wusste mit diesem Messer umzugehen.« Seine Stimme war nicht ohne Bewunderung. »Sie hatte ein halbes Dutzend unserer Männer niedergemacht, bevor wir an sie herankamen.«
Es war einer der Männer aus Elvinon, und er wusste in der Miene seiner Herrin zu lesen, deshalb fügte er hinzu: »Wir haben nicht gegen Weiber gekämpft. Sie waren
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