Der Sohn des Kometen
Krieger wie die Männer.«
»Und die Kinder?«
»Das frage Thorwils Männer, nicht die deinen, Nyala.«
Sie nickte.
»Der hier lebt noch!« rief einer. »Scheint ein alter Mann zu sein.« Er drehte die stöhnende Gestalt herum.
Nyala beugte sich hinab. »Bist du Etro?«
Der Alte nickte. Er wollte sich hochstemmen, aber er war zu schwach.
»Bringt ihn zu dem anderen!« befahl Nyala. »Und sorgt dafür, dass sie am Leben bleiben. Ich glaube, dass es wichtig ist. für uns alle.«
»Ja, Herrin.«
Sie wandte sich um und sah Fürst Thorwil noch immer starr und mit schmerzverzerrtem Gesicht unweit des Schauplatzes auf seinem Pferd sitzen.
Sie trat zu ihm. »Wie viele Männer haben wir verloren, Thorwil?«
Er gab keine Antwort.
»Vier Dutzend. fünf Dutzend. die Hälfte.?« Sie studierte sein Gesicht. »Männer, die mein Vater gebraucht hätte. Die Elvinon so dringend gebraucht hätte. Es steht nicht zum besten um Elvinon. Und wenn Elvinon unter dem Ansturm der Caer fällt, dann ist das ganze Herzogtum verloren. Und du hast nichts Besseres zu tun, als mit deinen Männern hier zu verbluten. Wofür?«
Zohmer Felzt berührte das Mädchen unauffällig am Arm, und sie verstand den Wink. Sie sah Thorwils düsteres Gesicht und spürte ebenfalls, dass es besser war, wenn sie Thorwils Grimm nicht neue Nahrung gab.
Als sie zum Lager zurückritt, wo man Mythor und Etro eben auf Pferde hob und festband, brachten die Krieger noch immer tote Tainnianer zwischen den Felsen hervor.
Sie würden sie weit tragen müssen, bis sie den Wald erreichten und Scheiterhaufen errichten konnten.
Die Männer Nyalas, die den Kampf überlebt hatten - ein wenig mehr als dreißig -, blieben ebenfalls, um dafür zu sorgen, dass ihre Toten bestattet wurden.
Mit Felzt und den fünf Wachen machte sie sich sofort auf den Weg nach Elvinon. Bei aller Eile würden sie gut zwei Tage unterwegs sein.
Sie bangte um Mythors Leben. Sie war verwirrt, den Sohn des Kometen hier zu finden. Und sie brannte darauf, mit ihm zu sprechen und ihm tausend Fragen zu stellen.
Wie Zohmer Felzt darauf brannte, ihr tausend Fragen zu stellen. »Wer ist dieser Mythor, der dich in solche Aufregung versetzt? Woher kennst du ihn? Weshalb nennst du ihn Sohn des Kometen?«
Aber sie ließ seine Fragen unbeantwortet. Sie wollte nicht von ihren Hoffnungen sprechen oder von der Legende, bevor sie sich nicht selbst über die verwirrende Wahrheit im klaren war.
Oft und lange ruhte ihr Blick auf der reglosen Gestalt Mythors und war von einer Art, wie Zohmer Felzt es noch nie an ihr gesehen hatte. Seine Eifersucht wuchs, obwohl er dagegen ankämpfte.
*
Die Residenz des Herzogs Krude von Elvinon lag auf dem höchsten Punkt der hügeligen, spärlich bewaldeten Küste. Es war eine klobige, an dandamarische Raubritterzeiten erinnernde Burg, die bisher, wenn die Überlieferungen richtig waren, nur einmal erobert wurde, nämlich von den tainnianischen Heeren, zu deren Führern einer von Krudes Vorfahren gehörte. Viel Blut war diese steinernen Mauern hinabgeflossen, denn Versuche, über ihre Zinnen zu gelangen, hatte es genug gegeben, in jenen Zeiten, als Tainnia dabei war, sich zu festigen, und Dandamarer und Ugalier immer wieder mit Axt und Feuer über die tainnianischen Eroberer kamen.
Die Burg hatte einen gewaltigen Turm, von dessen Zinnen aus bei klarem Wetter die jenseitigen Küsten der Straße der Nebel zu sehen waren. Die Mauern waren von solcher Höhe, dass normale Sturmleitern sie kaum bezwingen konnten. Die Erbauer planten die Tore aus Eisen und so gewaltig, dass kein Schmied des Landes sie befestigen konnte. Daraufhin erhielt der Hof eine zweite Mauer und Tore, die so klein und dick waren, dass kein Rammbock sie zu durchdringen vermochte.
Und dennoch. Herzog Callawyn hatte keinen Bericht hinterlassen, wie er die Burg von Elvinon bezwungen hatte.
Das beunruhigte Herzog Krude nun, wenn er an den bevorstehenden Angriff der Caer dachte. Denn es bedeutete, dass die Erstürmung möglich war.
Am Fuß des Schlosses, wo die Mauern steil aus den Wiesen ragten, drängten sich die Häuser der Stadt, viele erbaut aus den Steinen, die für die Burg aus dem Norden herangeschafft worden und dann übriggeblieben waren, viele Bollwerke in sich selbst und miteinander verbunden, dass sie tiefer gelegene Mauern des Schlosses bildeten. Dort, wo die Hügel steil in die Wasser der Straße der Nebel sanken, hinab zur Hafenbucht, lagen die Holzhäuser des lebendigen Elvinon, der Händler und
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