Der Sohn des Kometen
anderen Weg gegeben?« fragte Mythor. »Sein Hass wächst nur dadurch.«
»Sein Hass ist bereits groß genug, wenn er ihn zum Mord treibt. Ich kenne ihn. Ich kann ruhiger schlafen, wenn ich ihn in sicherem Gewahrsam weiß.«
»Wenn er flieht?«
»Wird mein Vater ihn jagen lassen. Er hat nicht viel übrig für Zohmer Felzt.«
»Was meinte er damit, dass die Caer bereits vor den Toren stehen?«
»Dass wir nicht mehr viel Zeit haben, Mythor. Lass mich dir zu Ende erzählen, und dann magst du selbst entscheiden, was du tust.«
Er nickte.
»Nicht weit von Elvinon liegt eine Gruft, aus der der Legende nach einst der Sohn des Kometen erscheinen wird. Ich kenne die Gruft gut, ich war oft dort, wenn ich auch nie gewagt habe, sie zu betreten. Sie liegt verborgen hinter den Wasserfällen von Cythor.« Sie schauderte. »Etwas Unheimliches geht von ihr aus, fast als sei es ein Weg hinab ins Reich der Schatten. Bis ich sie entdeckte, wussten nur wenige von ihrem Vorhandensein, und sie erzählten schreckliche Dinge: von Neugierigen, die sich hineinwagten, um große Schätze zu finden, und die nicht wiederkehrten oder dem Wahnsinn verfielen, vom Atem des Todes, der jeden umfange, der sich in die Nähe wage.« Sie schüttelte sich erneut. »Ich weiß selbst von einem halben Dutzend von Vaters Wachen, die nicht wiederkehrten. Seither ist die Gruft streng bewacht und selbst mir der Eintritt verwehrt.«
Mythor schüttelte den Kopf. »Das klingt mehr danach, als ob ein Held der Schattenwelt dort auftauchen könnte, nicht der Held des Lichtes, den du erwartest.«
Sie nickte zögernd. »Es mag sein, dass ich die Legende falsch verstanden habe. Sie ist sehr alt. Viele Münder haben sie verändert. Ich weiß nicht, was die Gruft bedeutet, aber sie birgt Geheimnisse, die nicht für gewöhnliche Menschen sind.«
Er sah sie nachdenklich an. »Du willst, dass ich sie mir ansehe?«
»Du nicht?« entgegnete sie.
»Und deines Vaters Wachen?«
»Wir werden einen Weg finden.«
»Wir?«
»Ich werde dich begleiten. Und keine Angst. Wie die
Marnfrauen weiß auch ich mit einer Klinge umzugehen.« Sie sah ihn fragend an.
»Wann reiten wir?« fragte er entschlossen.
Sie atmete auf. »Sobald du bei Kräften bist und deine Wunden verheilt sind.«
»Dann können wir sofort aufbrechen.«
»Nein, das ist zu früh. In einigen Tagen.« Sie hielt inne, als die Schritte einer Wache erklangen und vor ihrer Tür verhielten.
»Lady, Hauptmann Felzt ist geflohen.«
»Ihr habt ihn entkommen lassen?« rief sie.
»Er wehrte sich wie ein Dämon, Lady. Er hätte uns alle erschlagen oder wir ihn. Es ist schwer, einen Mann zu töten, mit dem man manche gute Schlacht geschlagen hat.«
»Und manche Nacht durchgezecht«, fügte Nyala grimmig hinzu.
Der Mann wand sich. »Mit den Caer vor den Toren zählt jeder Mann, Lady.«
»Was bedeutet das, wenn du sagst, vor den Toren?« fragte Mythor. »Ist die Stadt schon belagert?«
»Nein, Fremder. Aber einer unserer Wachtrupps hat ein Caer-Schiff in einer Bucht entdeckt, gut getarnt. Es mögen noch mehr sein. Jedenfalls haben Caer-Krieger und vielleicht auch einige ihrer verdammten Priester die Straße der Nebel überquert, und wir müssen auf der Hut sein.«
»Weiß mein Vater Bescheid?«
»Ja, Lady.«
Sie nickte gedankenvoll. »Das sind keine guten Neuigkeiten.«
»Nein, Lady.«
»Es ist gut, du kannst gehen.«
Als er sich umwandte, rief sie ihm nach: »Welche Anordnungen hat mein Vater daraufhin getroffen?«
»Dass die Ausgänge der Stadt gut bewacht werden. Überall sind die Wachen verstärkt worden. Deshalb ist es auch unwahrscheinlich, dass Hauptmann Felzt weit kommen kann.«
»Haltet trotzdem die Augen nach ihm offen!«
»Ja, Lady.«
»Das erschwert unseren Plan«, sagte sie zu Mythor, als die Wache gegangen war.
»Und es bedeutet, dass wir rasch handeln müssen«, ergänzte Mythor. »Am besten heute noch.«
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, heute nicht. Du hast heute noch eine wichtige Abend-Audienz.«
Auf seinen fragenden Blick erklärte sie: »Bei meinem Vater, dem Herzog von Elvinon, der sich genau ansehen will, wie mein rettender Held aussieht und welche Chancen er mit deiner Hilfe hat, den bevorstehenden Kampf zu gewinnen.«
Vor der Audienz hatte Mythor noch Gelegenheit, ein wenig von der Stadt zu sehen. Nyala wies zwei ihrer Wachen an, ihn zu begleiten. Sie selbst wollte mit ihrem Vater sprechen, um nicht nur die Erlaubnis zu bekommen, die Gruft zu besuchen, sondern auch
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