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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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längst wieder vertrieben.«
    Nachdenklich faltete Alexios die Hände und starrte nach vorne, als schaue er in eine dunkle, schreckliche Zukunft.
    »Diese Männer - diese Heerführer - wissen nichts von dem, was sie erwartet«, erklärte der Drungarios. »Sie kennen das Land nicht; sie haben keinerlei Vorstellung von den Entfernungen oder der Art des Geländes. Es mangelt ihnen an jeglichem Verständnis für die Sarazenen. Keiner von ihnen hat je auch nur einen Seldschuken gesehen, geschweige denn gegen eine Armee von ihnen gekämpft. Zu behaupten, daß sie Jerusalem niemals erreichen werden, ist mehr als nur eine vage Vermutung. Da es ihnen nicht nur an Wissen, sondern auch an Ausrüstung und Nachschub mangelt, wage ich zu behaupten, daß die meisten von ihnen noch nicht einmal Antiochia sehen werden.«
    »Ja«, stimmte ihm Alexios zu, »und das ist eine Schande. Ich bemitleide die einfachen Soldaten. Wie immer werden sie es sein, die für die Dummheit ihrer Führer bezahlen müssen, und der Preis wird in der Tat schrecklich sein.« Er hielt kurz inne, als hätte er Mühe, sich das ganze Ausmaß der bevorstehenden Katastrophe vorzustellen. »Und doch«, fuhr er einen Augenblick später fort, drehte sich wieder um und blickte zu Dalassenos. »Und doch besitzen sie trotz all ihrer Unzulänglichkeiten einen unberechenbaren Vorteil.«
    »Und der wäre, Basileus?«
    »Glauben«, antwortete der Kaiser. »Sie glauben, von Gott auserwählt worden zu sein, das Heilige Land und Jerusalem von den Ungläubigen zu befreien.«
    »Ein Glaube, der in Unwissenheit wurzelt«, bemerkte der Drun-garios. »Solche Art von Glauben ist nichts weiter als Dummheit.«
    »Du vergißt, Dalassenos«, tadelte ihn der Kaiser, »daß Gott niemals auf die Weisheit der Menschen baut. Diese unwissenden und überheblichen Männer sind zutiefst davon überzeugt, erreichen zu können, wozu sie aufgebrochen sind. Ich frage dich, Vetter: Welche Weisheit vermag gegen solch erhabene Dummheit standzuhalten?«
    Dalassenos nickte zustimmend. »Unglücklicherweise ist es weder Weisheit noch Torheit, der sie sich auf dem Schlachtfeld entgegenstellen müssen - es ist die versammelte Macht von Sultan Arslan und den Seldschuken-Emiren. Gott stehe ihnen bei.«
    »Amen«, erwiderte Alexios. »Er ist der einzige, der ihnen jetzt noch helfen kann.«

    Son Reißzahn sprach oft über das Wetter. Alle zwei, drei Wochen bezeichnete er es sogar als Wunder. Es sei, so erklärte er, das beste Segelwetter, das er seit sieben Jahren erlebt habe - nein, seit zweimal sieben Jahren. Die Tage waren schön und lang und der Wind frisch und angenehm. »Das ist ein gutes Omen«, pflegte der große Nordmann häufig zu bemerken. »Wir werden ein Vermögen in Jerusalem machen.«
    Dieses >Vermögen< war ein weiterer Punkt, auf den Jon immer wieder zu sprechen kam. Zuerst nahm Murdo diese Bemerkungen als Zeichen, daß sie sich ihrem Ziel allmählich näherten. Jeden Tag wartete er darauf, daß einer der Seeleute lauthals verkündete, Jerusalem sei in Sicht, und jeder Tag endete damit, daß Murdo seine Augen an einem weiteren namenlosen Ufer an einer fremden Küste schloß. Doch obwohl er täglich enttäuscht wurde, erwachte Murdo jeden Morgen in der Hoffnung, heute sei der Tag, an dem das Heilige Land am Horizont erscheinen würde. Es konnte doch nicht mehr allzu weit entfernt sein, oder?
    Aber als aus Tagen Wochen und aus Wochen Monate wurden und Jerusalem noch immer nicht am Horizont auftauchte, begann Mur-do allmählich zu glauben, daß die Reise tatsächlich länger dauern würde, als er erwartet hatte. Gleichzeitig hielten alle an Bord Ausschau nach König Magnus' Flotte.
    Die Schiffe des Königs tauchten jedoch ebensowenig auf wie Jerusalem. Zwar erschien von Zeit zu Zeit das ein oder andere Segel am Horizont, doch von der Flotte keine Spur. »Es sind fünfzehn Schiffe«, erklärte Jon. »Fünfzehn Schiffe können nicht so schnell
    segeln wie ein einzelnes. Wir werden sie schon finden.«
    Die ganze Zeit über wurden das Wetter und das Wasser immer wärmer. Die graugrüne See des Nordens wich den grünblauen Wassern des Südens, und aus Frühling wurde Sommer und schließlich Herbst, während die Skidbladnir an fremden Küsten entlangfuhr. Sie passierten die Normandie und das Frankenland und dann Orte, von denen Murdo noch nie etwas gehört hatte: Navarra, León und Kastilien, Portugal - und so ging es immer weiter Richtung Süden.
    Im Laufe der Reise entwickelte sich das tägliche

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