Der Sohn des Kreuzfahrers
Heiligen Landes hat gerade erst begonnen«, belehrte Bohemund seine Gefährten. »In den kommenden Tagen werden wir jeden Kämpfer brauchen. Um die Stadt zu sichern, müßten wir eine beachtliche Truppe abstellen, und ich will auf keinen einzigen Mann verzichten.«
»Fürst Bohemund hat recht«, erklärte Hugo von Vermandois. »Unsere Kräfte bereits jetzt aufzuteilen, wo wir noch so weit von Jerusalem entfernt sind, wäre äußerst dumm.« Die Herren von Flandern und der Normandie stimmten dem ebenfalls zu, gemeinsam mit einigen anderen Edelleuten.
Dabei blieb es dann; eine richtige Entscheidung wurde nicht getroffen. Zwar war offensichtlich, daß irgendeine Form von Garnison in der Stadt eingerichtet werden mußte, wollten die Kreuzfahrer sie in ihrem Besitz behalten, doch ebenso offensichtlich wollte niemand zu diesem Zeitpunkt gute Kämpfer entbehren, wo das eigentliche Ziel der Pilgerfahrt noch so weit entfernt war. Auch war niemand bereit, zurückzubleiben und den anderen den Ruhm und die Beute zu überlassen, die es in den kommenden Schlachten zu gewinnen galt.
Dieses Patt dauerte einen Tag und eine Nacht lang an - bis Graf Stephan vorschlug, daß man einen Kurier nach Konstantinopel entsenden solle, um den Kaiser darüber zu unterrichten, daß Nikaia zurückerobert und dem Eid gemäß an das Reich übergeben worden sei.
»Es könnte sein«, erklärte Stephan, »daß die Byzantiner Truppen entbehren können, um die Stadt zu sichern. Wenn sie sich bereit erklären würden, sie zu besetzen, könnten wir unseren Weg fortsetzen.«
Der Vorschlag wurde sofort von allen akzeptiert, und noch bevor die Tinte auf dem Pergament getrocknet war, eilten Kuriere nach Konstantinopel. Anschließend richteten sich die lateinischen Fürsten in der Stadt ein. Da man zum Zweck der Belagerung bereits große Lager errichtet hatte, blieb der Großteil des Heeres vor den Mauern. Die Fürsten jedoch verlangten nach besseren Unterkünften für sich und ihre Familien, und so beschlagnahmten sie die besten Häuser der Stadt.
Der Kaiser wartete allerdings nicht auf die Ankunft der Kuriere. Er hatte sich bereits auf den Weg nach Nikaia gemacht, nachdem ihm seine Spione berichtet hatten, die Stadt stünde kurz vor der Kapitulation. Alexios landete einige Meilen südlich der Stadt in einer kleinen Bucht an der kleinasiatischen Küste und ritt mit zwei Abteilungen aus Opsikion und Anatolien im Gefolge die kurze Strek-ke landeinwärts, um die Übergabe Nikaias persönlich zu überwachen. Zur Überraschung der Kreuzfahrer traf der Kaiser just in dem Augenblick ein, da die Pilger eifrig darüber diskutierten, welchen der Paläste in der Stadt sie als ersten plündern sollten.
Während die lateinischen Fürsten sich darüber stritten, wie man sich am besten Nikaias Reichtum aneignen konnte, führte Tatikios seine Abteilung Unsterblicher in die verlassene Garnison und besetzte sie. Anschließend sicherte er das Tor und hieß die Leibgarde des Kaisers willkommen. Die Soldaten bezogen entlang der Hauptstraße Stellung, um dem Kaiser einen würdigen Empfang zu bereiten, während die Kreuzfahrer nichts weiter tun konnten, als verwundert zuzuschauen, wie Alexios als Triumphator durch die Tore der Stadt ritt.
Anschließend rief der Kaiser die Pilger zu sich, um sie zu ihrem Sieg zu beglückwünschen. »Das habt ihr gut gemacht, meine Freunde«, lobte er in freundlichem Tonfall. »Mit der Eroberung Nikai-as habt ihr einen wertvollen Besitz für das Reich zurückgewonnen und Sultan Kilidsch Arslan seiner Hauptstadt beraubt. Seit langem schon plagt der Seldschuken-Fürst Konstantinopel, indem er unablässig gegen die Tore des Reiches anrennt. Doch nun ist alles anders. Der Sultan nennt nicht länger ein Haus sein Heim; ihm ist nichts weiter geblieben als sein Zelt, und mit Gottes Hilfe wird ihm eines Tages auch das abgenommen werden.«
Damit keine Unklarheit über seine Absichten herrschte, fügte Ale-xios hinzu: »Wir wollen, daß jeder hier anwesende Edelmann Unsere Dankbarkeit dafür bezeugt, daß diese Stadt wieder in den Schoß des Reiches zurückgeführt worden ist. Damit ihr euren Weg so rasch wie möglich fortsetzen könnt, werden Wir die Verwaltung Nikaias übernehmen, um euch von dieser Last zu befreien.«
Anschließend gewährte er der Sultanin, ihren Dienern und Kindern sicheres Geleit nach Konstantinopel, wo sie sich aufhalten könne, bis man sich mit Sultan Kilidsch Arslan darüber verständigt habe, wann und wo er seine Gattin
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