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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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sie zu verteidigen - statt dessen habe ich den Umhang eines toten Mannes gestohlen, um fliehen zu können.«
    »Ich glaube, ich beginne langsam zu verstehen«, erklärte Emlyn. »Vielleicht hättest du die Frau und ihr Kind wirklich retten können, wie du behauptest. Wenn schon nichts anderes, so glaubst du, hättest du zumindest auf das Mittel der Täuschung verzichten müssen. Du hättest nicht zulassen dürfen, daß all das Böse und die Missetaten dich überwältigen, deren Zeuge du geworden bist, Richtig?«
    »Das stimmt«, bestätigte Murdo, der sich von Augenblick zu Augenblick schlechter fühlte.
    »Du bist ein Mann von großer Redlichkeit, mein Freund«, bemerkte Emlyn. »Du verlangst von dir selbst dasselbe wie von anderen.« Als Murdo ihn daraufhin unsicher anblickte, fuhr er fort: »Auch das ist die Wahrheit, das weiß ich. Sonst würdest du nicht so empfinden. Du glaubst, du hättest der Wahrheit treu bleiben müssen, die du in deinem Herzen trägst, anstatt deine Ehre der großen Lüge um dich herum zu opfern. Es sind die Dinge, die du nicht getan hast, wofür du verdammt bist - zumindest in deinem eigenen Herzen.«
    Murdo stimmte dem Urteil des Priesters voll und ganz zu, und er spürte erneut die ganze Last seines Versagens. Seine Kehle war wie zugeschnürt, und ihm versagte die Stimme.
    »Hör mir jetzt gut zu, Murdo. Ich bin ein Priester, und ich bin dein Freund«, erklärte Emlyn, »und ich werde tun, was jeder Freund tun würde: Ich werde dich aus der Grube holen, in die du gestürzt bist. Und ich werde tun, was nur ein Priester tun kann: Ich werde dich von deiner Schuld erlösen und dich wieder auf den Wahren Weg und zum Heiligen Licht führen.«
    »Bitte«, flehte Murdo, und Hoffnung keimte in ihm auf. Vor nur einem Augenblick hatte er sich vollkommen verloren und aller Tugend beraubt gefühlt, und es war ihm unmöglich erschienen, jemals von seiner Schuld erlöst zu werden. »Sag mir, was ich tun muß. Nimm mir die Beichte ab, Emlyn.«
    »Wie du willst«, stimmte der Mönch zu. Er blieb stehen, ergriff Murdos Arm und drehte ihn herum. »Knie nieder, und senke den Kopf.«
    Die Straße war vollkommen menschenleer; niemand war zu sehen. Murdo tat, wie ihm geheißen, senkte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Emlyn legte ihm die Hand auf die Schulter und betete in Murdos Namen um Vergebung. Dann fragte er: »Murdo, widersagst du dem Bösem?«
    »Ich widersage dem Bösen«, antwortete Murdo aus tiefster Überzeugung.
    »Glaubst du an unseren Herrn Jesus Christus?« »Ich glaube an unseren Herrn Jesus Christus.«
    »Bereust du deine Sünden?«
    »Ich bereue meine Sünden.« In diesem Augenblick wünschte sich Murdo nichts sehnlicher, als all seine Schuld ein für allemal loszuwerden und einen neuen Anfang machen zu können.
    »Gott segne dich, Murdo«, sagte Emlyn. Dann legte er Murdo die Hand auf den Kopf und sprach den Segen.
    »Mögen der Große König und Jesus, sein Heiliger Sohn, Und der Geist aller Heilung
    Dich schützen und bewahren und bei dir sein alle Tage; Mögen sie dir den Weg bereiten und dich führen Auf der Höhe, im Tal, übers Feld,
    Bei jedem Schritt in der stürmischen Welt, den du gehst.«
    Schließlich klatschte der Priester in die Hände und sagte: »Steh auf, Murdo Ranulfson, und frohlocke! Deine Sünden sind dir vergeben, und niemand erinnert sich ihrer. Du kannst deinen Lebensweg mit reiner Seele fortsetzen.«
    Als Murdo sich wieder aufrichtete, hatte er das Gefühl, als falle ihm eine gewaltige Last von den Schultern. Er spürte eine Leichtigkeit in seinem Herzen, die er schon beinahe vergessen hatte; er empfand eine tiefe, innere Ruhe, und zum erstenmal seit sehr, sehr langer Zeit war er wieder in Frieden mit sich selbst.
    Voller Staunen betrachtete er den Mönch, der vor ihm stand. »Wie hast du das gemacht?« fragte Murdo, verwirrt von der Intensität seiner Gefühle.
    Emlyn sah ihn neugierig an. »Ich vermute, man hat dir noch nie richtig die Beichte abgenommen. Oh, es ist ein wunderbares Gefühl, habe ich nicht recht?«
    Murdo stimmte dem aus tiefstem Herzen zu. Noch nie hatte ein anderer Priester etwas mit ihm gemacht, was eine solch nachhaltige und tiefgreifende Wirkung gezeigt hatte. Murdo kam der Gedanke, daß er gerade zum erstenmal in seinem Leben vielleicht etwas wahrhaft Heiliges berührt hatte - egal wie flüchtig diese Berührung auch gewesen sein mochte -, und das Ergebnis war geradezu unglaublich. Sein Geist sprudelte über vor Freude und

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