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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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vertragen.«
    »Ja! Ja, natürlich«, stimmte ihm Torf zu. »Hier entlang. Dort drüben ist ein Baum. Skuli, besorg uns einen Krug und einen Becher.« An Murdo und den Priester gewandt erklärte er: »Es ist allerdings nur Wein. Bier gibt es in dieser Gegend nicht, aber inzwischen haben wir uns daran gewöhnt.«
    »Auch ich habe mittlerweile Geschmack an Wein gefunden«, bemerkte der fette Mönch. »Er ist immerhin flüssig und läuft gut die Kehle hinab.«
    Torf lachte lauthals auf und führte sie zu einem knorrigen Olivenbaum ein paar Schritte weit entfernt. Von hier aus konnte man über das Tal hinweg in die Stadt blicken: Sie wirkte im Mondlicht bleich wie Knochen und war still wie ein Grab. Der Anblick rief Murdo wieder den Zweck seines Hierseins ins Gedächtnis zurück.
    Sie setzten sich unter die Äste. Emlyn lehnte sich gegen den Stamm, und Torf ließ sich auf einem Stück Gras zwischen den Wurzeln nieder, während Murdo sich mit gekreuzten Beinen seinem Bruder gegenüber setzte. Er war plötzlich ungewöhnlich still geworden. All die Dinge, die er zu sagen hatte, drängten gleichzeitig an die Oberfläche; doch wo sollte er anfangen? Wovon sollte er seinen Brüdern als erstes berichten? Es gab soviel zu sagen, daß er kein Wort herausbrachte. Statt dessen starrte er seinen Bruder an und wünschte sich, Torf würde auch ohne Worte verstehen, welch große Not ihn über das Meer hierhergeführt hatte.
    »Wie gefällt dir Jerusalem?« fragte Torf nach einer Weile. »Man sagt, es sei eine großartige Schlacht gewesen. Wo warst du, als die Stadt gefallen ist?«
    »Wir waren hier«, antwortete Murdo. Da er sich nicht an diesen Tag erinnern wollte, wechselte er rasch das Thema. »Ist es weit bis
    Edessa?«
    »O ja, weit genug«, erwiderte Torf-Einar. »Bis hierher haben wir zehn Tage gebraucht. Hätte die Belagerung länger gedauert, hätten wir vielleicht noch in die Schlacht eingreifen können. Vor vier Tagen haben wir erfahren, daß die Stadt gefallen ist.«
    »Man sagt, es gäbe dort jede Menge Beute«, bemerkte Skuli, als er sich wieder zu ihnen gesellte. Er füllte den Becher, den er mitgebracht hatte, und reichte ihn dem Priester.
    » Slainte!« sagte Emlyn und hob den Becher. Er trank einen kräftigen Schluck und reichte das Gefäß Murdo, der ebenfalls daraus trank und es dann an Torf weitergab; dieser leerte ihn und gab den Becher an Skuli zurück, damit er ihn wieder auffüllen konnte.
    »Murdo«, sagte Skuli und schüttelte ungläubig den Kopf, »du bist der letzte Mensch, den ich hier erwartet hätte. Wie kommt unsere Frau Mutter mit dem Hof zurecht? Muß sie sich jetzt etwa ganz allein darum kümmern?«
    Murdo wollte die gute Stimmung nicht mit schlechten Nachrichten verderben; dennoch beschloß er, nicht länger zu warten. »Das ist der Grund, warum ich hierhergekommen bin«, erklärte er. »Hrafnbü ist verloren.«
    »Verloren?« fragte Skuli über den Rand des Bechers hinweg. »Hrafnbü ist nicht mehr? Murdo, wie konntest du zulassen.?«
    Torf hob die Hand, um seinem Bruder Schweigen zu gebieten.
    »Das ist erst die Hälfte«, fuhr Murdo fort. »Vater ist tot. Er ist vor zwei Tagen gestorben. Ich war bei ihm.«
    Dieser letzten Erklärung folgte ein langes Schweigen. Schließlich forderte Torf:»Sag uns, was geschehen ist.«
    »Er war verwundet. Emlyn hier und die anderen Mönche - sie haben ihn in einem Zelt gefunden«, sagte Murdo und berichtete, wie Herr Ranulf gestorben war und wie sie ihn im Tal vor den Mauern der Heiligen Stadt begraben hatten. Torf und Skuli hörten schweigend zu; mal runzelten sie die Stirn, dann wieder schüttelten sie die Köpfe. Schließlich erzählte Murdo, daß er nach Jerusalem gekommen sei, um ihren Vater nach Hause zu holen, damit er das Gut
    wieder zurückfordern konnte.
    »Du bist jetzt der Herr von Hrafnbü«, schloß Murdo und nickte Torf-Einar zu. »Nun ist es an dir, nach Orkneyjar zurückzukehren, und unseren Anspruch geltend zu machen.«
    Torf rieb sich nachdenklich das Kinn. »Es tut mir leid, daß dir solches Unglück widerfahren ist«, sagte er schließlich, »aber ich kehre nicht zurück.«
    »In Jaffa können wir ein Schiff bekommen«, erklärte Murdo. »Ich weiß, daß viele Edelleute sich bereits wieder auf den Weg zurück in die Heimat machen; einer von ihnen wird uns sicherlich mitnehmen. Wir können sofort aufbrechen, und.«
    »Murdo!« unterbrach ihn Torf mit lauter Stimme. »Ich habe gesagt, ich gehe nicht zurück nach Orkneyjar. Skuli und ich haben

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