Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
Jerusalem: »Daß in der Stadt des Königs der Könige ein Sterblicher einen solchen Titel trägt, ist unangemessen. Daher bitte ich Euch: Verleiht mir keinen Rang, den anzunehmen kein Sterblicher wagen darf. Wenn ich hier herrschen soll«, er richtete seinen frommen Blick auf den Altar, »dann laßt mich herrschen als Advoca-tus Sancti Sepulchri!«
    Von allen Dingen, die er hätte sagen können, war dies das Beste, und die Versammlung brachte ihm nur um so größere Bewunderung entgegen. Im Handstreich hatte Gottfried den verbliebenen Widerstand hinweggefegt und das Feld gesäubert. »Heil Gottfried, Verteidiger des Heiligen Grabes!« riefen sie, und die Kirche erbebte erneut unter ihrem Jubel.
    Da jedermann damit beschäftigt war, Gottfried hochleben zu lassen, bemerkte niemand die Ankunft einer kleinen Gruppe von Kriegern in voller Rüstung: Arm- und Beinschienen waren mit Mustern verziert; lange weiße Roßschweife schmückten die Helme; schimmernde Schuppenpanzer schützten ihre Körper, und allesamt trugen sie lange, zweischneidige Stoßlanzen. Sie wurden von einem Mann geführt, der ähnlich gerüstet war; nur der Helm fehlte, und sein Harnisch war mit Gold beschlagen, und er trug einen purpurnen Umhang.
    Das plötzliche Erscheinen der fremden Krieger ließ die Herren des Westens verstummen. Wie ein Mann drehten sie sich um und blickten erstaunt auf die Erscheinung in ihrer Mitte. Einige zogen die Schwerter und bereiteten sich darauf vor zu kämpfen; andere wiederum mahnten ihre Gefährten zur Ruhe. Lediglich ein oder zwei der Pilgerfürsten erkannten die Gestalt an der Spitze der Eindringlinge. Gottfried war einer von ihnen.
    »Friede und Willkommen!« rief er und streckte dem jungen Offizier des Kaisers und seinen Warägern die Hand entgegen. »Ich grüße Euch, Drungarios Dalassenos. Euer Erscheinen kommt etwas unerwartet.«
    Der Drungarios verneigte sich steif - zuerst vor dem Altar, dann vor den Frankenfürsten. »Im Namen von Alexios, Nachfolger der Apostel, Stellvertreter Gottes auf Erden und Herrscher des Heiligen Römischen Reiches, überbringe ich Euch Grüße und Glückwünsche zu Eurem überwältigenden Sieg.« Das schwache Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, als er ohne Umschweife auf den Grund seines Hierseins zu sprechen kam. »Der Kaiser hat mich gesandt, um Euch für Euren Erfolg zu loben und um die Rückführung der Heiligen Stadt in den Reichsverbund vorzubereiten.«
    Jerusalems neuer Herrscher starrte den Eindringling verblüfft an. Die Stadt an den Kaiser übergeben? Gottfried sah, wie ihm die gerade erst verliehene Würde wieder entrissen wurde. Er hatte sein Amt noch nicht einmal angetreten, und schon wurde er vom Kaiser abgesetzt.
    Dalassenos nutzte den Überraschungsvorteil und fuhr fort: »Selbstverständlich wird der Kaiser Euch und Eure Truppen angemessen entlohnen für die Schätze, die Ihr zurückerobert habt. Als Zeichen seiner Dankbarkeit und seines guten Willens hat er ein Dekret erlassen, daß alle Ausgaben seiner Vasallen, die zur Rückeroberung der Heiligen Stadt notwendig waren, aus der kaiserlichen Schatzkammer gedeckt werden sollen. Mehr noch: Kaiser Alexios hat mir freie Hand gegeben, was die Belohnung betrifft, die jene erwartet, welche ihn bei der Wiedererrichtung der kaiserlichen Herrschaft unterstützen.«
    Nachdem der Drungarios geendet hatte, ging ein Geräusch um den Tisch herum, das dem wütenden Knurren eines Hundes ähnelte. Eine unheimliche Spannung lag über dem Raum, während die versammelten Fürsten Luft holten, um den unverschämten Eindringling niederzuschreien. Doch bevor es dazu kommen konnte, erhob sich Graf Raimund, der sich besser als alle anderen an den Eid erinnerte, den sie dem Kaiser geschworen hatten. »Wenn Ihr gestattet, Herzog Gottfried, würde ich gerne darauf antworten.«
    »Ich bitte Euch: Sprecht, Herr«, erwiderte Gottfried froh um jede Hilfe.
    »Mein Herr Drungarios«, begann Raimund in kaltem Tonfall, »es ist nur recht und billig, daß Ihr uns die Achtung des Kaisers übermittelt. Nun, da der Kreuzzug ein glückliches Ende gefunden hat, ist es ebenfalls recht, daß wir uns unserer Verpflichtungen erinnern und der Hilfe, die uns der Kaiser gewährt hat.« Der großgewachsene fränkische Fürst breitete die Arme aus und fuhr fort: »Ich weiß, ich spreche für jeden in diesem Raum, wenn ich sage, daß wir dem Kaiser für seine Hilfe auf ewig dankbar sind. Wahrlich: Ohne seine Rücksichtnahme und Unterstützung hätten wir den

Weitere Kostenlose Bücher