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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Kreuzzug niemals beenden können.«
    »Hört! Hört!« knurrten einige der anderen Edelleute.
    »Dennoch«, fuhr Raimund fort, »erkläre ich vor dieser Versammlung, daß wir Euer Ansinnen leider ablehnen müssen. Wir, die wir die Stadt gewonnen haben, werden in ihr herrschen und ihren Schutz übernehmen.« Der Graf richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Um es kurz zu machen, Herr: Die Stadt wird nicht an das Reich übergeben.«
    Dalassenos versteifte sich. Der Augenblick war gekommen, den er mehr als alles andere gefürchtet hatte. »Ich werde Euch das nur ein einziges Mal fragen: Weigert Ihr Euch, Euren Eid zu erfüllen?«
    Die Fürsten am Tisch bereiteten sich auf den unvermeidlichen Zusammenstoß vor. Treueid hin oder her, sie hatten weder die Absicht, Jerusalem aufzugeben, noch Antiochia, Edessa oder irgendeine der anderen Städte, die sie den Seldschuken, Sarazenen oder Arabern abgerungen hatten; einige trauerten sogar noch immer Nikaia nach, das an Alexios übergeben worden war. Sie hatten die Heilige Stadt gewonnen - der Kaiser hatte damit gar nichts zu tun -, und sie wollten verflucht sein, wenn sie sie ihm ohne Kampf überlassen würden.
    Doch Raimund war gerissen. »Wie viele hier werden bestätigen können, wäre ich der erste, der den Eid erfüllt, den wir vor dem kaiserlichen Thron in Konstantinopel geschworen haben«, sagte er; »doch ich fürchte, ich muß Euch um Verzeihung bitten, Drunga-rios, denn ich fühle mich verpflichtet, Euch daraufhinzuweisen, daß
    Jerusalem dem Kaiser niemals gehört hat.«
    Ein Schatten huschte über Dalassenos' Gesicht. »Wollt Ihr Eure verabscheuungswürdige Habgier etwa hinter einem solch durchsichtigen Schleier verbergen? Die Oberhoheit über die Heilige Stadt fiel schon seit jeher in den Aufgabenbereich der Kirche, und daher ist der Kaiser als Oberhaupt dieser Kirche auch der rechtmäßige Herrscher von Jerusalem. Jeder Versuch, dem Reich die Kontrolle über die Heilige Stadt vorzuenthalten, wird als kriegerischer Akt gegen die Kirche betrachtet werden.«
    Gottfried nahm Raimunds Argument wie ein Banner auf und stürzte sich ins Gefecht. »Wir alle sind dem Kaiser äußerst dankbar für die großzügige Unterstützung, die er unserer Sache gewährt hat. Wie alle meine Brüder hier, so erinnere auch ich mich sehr wohl daran, daß wir geschworen haben, sämtliche Städte und Güter an Konstantinopel zu übergeben, die einst ein Teil des Reiches waren. Doch Raimund hat recht: Jerusalem fiel niemals unter die Jurisdiktion des Reiches - außer zu Zeiten des alten römischen Reiches, da Rom und Konstantinopel eins waren -; daher dürft Ihr nicht erwarten, daß wir Euch etwas zurückgeben, das Ihr niemals verloren habt.«
    Dalassenos wußte, daß die Kreuzfahrer niemals freiwillig ihren Preis aufgeben würden; in Antiochia und Edessa hatten sie bereits bewiesen, daß sie nichts hergeben würden außer unter Anwendung von Gewalt. Als Drungarios tön poimön konnte Dalassenos den lateinischen Fürsten jederzeit den Krieg erklären, doch dadurch würde er das Reich in die unmögliche Situation zwingen, gegen die Heilige Stadt ziehen zu müssen. Wie sollte der Kaiser der gesamten Christenheit es rechtfertigen, daß er gegen die Verteidiger seiner eigenen Kirche kämpfte? So wünschenswert ein solcher Krieg auch sein mochte, er war unmöglich, und Dalassenos wußte das.
    Nachdem er sich eingestanden hatte, daß er das Feld würde räumen müssen, verschoß er den letzten Pfeil, der ihm in seinem Köcher geblieben war. »Ich werde den Kaiser von Eurer Entscheidung in Kenntnis setzen«, erklärte Dalassenos in der schwachen Hoffnung, die verhaltene Drohung würde die Kreuzfahrer in ihrem Entschluß wanken lassen. »Ohne Zweifel wird er sich freuen zu hören, daß Ihr die Buchstaben unserer Abmachung anerkennt, wenn auch nicht ihren Geist. Und da Ihr offenbar soviel Wert auf Genauigkeit legt, nehme ich an, daß Ihr bereits Maßnahmen in die Wege geleitet habt, um einen bestimmten wertvollen Gegenstand wieder in den Besitz des Reiches zu überführen.«
    Die Fürsten blickten einander schuldbewußt an. Es war an Gottfried als neuem Herrscher Jerusalems herauszufinden, von welchem Gegenstand der Abgesandte des Kaisers sprach. »Falls wir irgend etwas genommen haben sollten, das uns nicht gehört«, erwiderte er großmütig, »dann versichere ich Euch, werden wir es sofort zurückgeben.« Balduin funkelte ihn zornig an, doch Gottfried fuhr unbeeindruckt fort: »Sagt uns nur,

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