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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Bucht unmittelbar unter Cnoc Carrach auf der Westseite von Hrolfsey an. Das Haus lag auf der südöstlichen Seite des Hügels, so daß man es vom Meer aus nicht sehen konnte; aber Murdo wußte, wo es war, und sein Herz schlug mit jeder Minute schneller, nun da Ragna ihm so nahe war. Zu seinem Entsetzen bemerkte er, daß seine Hand am Steuer zitterte, während Peder und Hin Anker und Leinen vorbereiteten, um an Herrn Brusis Mole festzumachen.
    Niemandem schien Murdos Aufregung jedoch aufzufallen, und er überspielte sie geschickt, indem er half, das Boot zu entladen. Sie waren noch immer damit beschäftigt, als zwei Diener mit einem Ochsenkarren den gewundenen Pfad herunterkamen, der in die kleine Bucht führte. »Wir haben euer Boot in der Meerenge gesehen«, erklärte der ältere der beiden Diener. »Frau Ragnhild hat uns geschickt, um euch zur Hand zu gehen.« An Frau Niamh gewandt fügte er hinzu: »Wenn es Euch beliebt, edle Frau, dann könnt Ihr schon vorgehen zum Haus. Wir werden uns um Euer Gepäck kümmern.«
    Murdos Mutter dankte den Dienern, lehnte jedoch mit den Worten ab: »Es besteht kein Grund zur Eile. Wir werden bleiben und Euch helfen.« Dann befahl sie Murdo, den Dienern zur Hand zu gehen, während Peder und Hin das Boot sicherten. Aufgrund der steilen Klippen konnte der Ochsenkarren nicht bis ans Boot herangeführt werden, und so mußten die Männer Kisten und Körbe ein Stück den Hügel hinauftragen, bevor sie verladen werden konnten. Die einfache Arbeit schien eine Ewigkeit zu dauern, und die Sonne verschwand bereits hinter den Hügeln, als der Karren endlich beladen war und die Ochsen sich langsam in Bewegung setzten.
    Die Besucher kletterten den Hügel hinauf, und als sie endlich den Hof erreichten, war Murdo vor lauter Vorfreude schwindelig geworden. Sein Herz klopfte laut in seiner Brust, und sein Blick verschwamm. Er hatte das Gefühl, vorwärts zu fallen und nicht zu gehen.
    Ah, aber seine Erwartung wurde nicht enttäuscht. Der Karren hatte kaum angehalten, als die Tür des großen Hauses geöffnet wurde und Ragna heraustrat. Auf einem Holztablett trug sie einen goldenen Becher. Sie schritt über den Hof, und nur an einem leichten Wanken und dem Klirren des Bechers konnte man ihr Hinken bemerken. Für Murdo schien sie jedoch nicht zu gehen, sondern ein Stück über dem Boden zu schweben.
    Ragna trug ein einfaches weißes Gewand mit leuchtendblauem Bund und einem blauen Gürtel um ihre schlanke Hüfte. Sie wirkte größer, als Murdo in Erinnerung hatte, und noch viel schöner. Sie ist immer wieder neu, dachte Murdo, und immer wieder schöner. Tatsächlich leuchteten ihre feinen Gesichtszüge im Licht der untergehenden Sonne, und ihr Haar glitzerte rotgold in der Dämmerung - eine leuchtende, anmutige Sagengestalt. Murdo sog ihren Anblick förmlich in sich auf und schwor bei seinem Leben, daß er noch nie etwas derart Schönes und Perfektes gesehen hatte.
    Ragna wagte jedoch nicht, ihn anzublicken, sondern ging auf seine Mutter zu. »Willkommen, Frau Niamh«, sagte sie sittsam. »Voller Freude haben wir Eure Ankunft erwartet. Bitte«, sie hob das Tablett, »erfrischt Euch ein wenig nach der langen Reise.«
    Frau Niamh neigte königlich den Kopf, nahm den angebotenen Becher entgegen und hob ihn an die Lippen. Elegant nippte sie an dem Getränk und dankte Ragna für ihre Freundlichkeit. Erst dann wandte sich die junge Frau Murdo zu. »Seid willkommen, Herr Murdo«, sagte sie und bot auch ihm den Becher an. »Die Freiheit unseres Herds ist die Eure, solange Ihr bei uns bleiben wollt.«
    »Ich danke Euch, Jungfer Ragna«, erwiderte Murdo und verneigte sich, als er den Becher entgegennahm. Er trank einen kräftigen Schluck des süßen Mets und stellte das goldene Gefäß wieder auf das Tablett zurück, woraufhin Ragna sich mit freudig zuckenden Lippen wieder seiner Mutter zuwandte.
    »Frau Ragnhild ist bereit, Euch zu empfangen«, sagte sie. Und auf den älteren Diener neben dem Karren deutend, fügte sie hinzu: »Roli wird dafür sorgen, daß Eure Bediensteten im Gesindehaus gut untergebracht werden. Würdet Ihr mir jetzt bitte folgen? Ich werde Euch zur Herrin bringen.« Dann führte sie die Gäste ins Haus.
    Sie betraten einen langen, mit Holz verkleideten Vorraum, von dem zwei große Türen ausgingen. Ragna wählte die Tür zur Linken und führte sie in den Raum, wo Frau Ragnhild von Cnoc Carrach ihre Gäste erwartete. Die Kammer wirkte heimelig: Die Wände waren mit Kalk geweißt, den man

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