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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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werden dich niemals finden.«
    »In dem Grabhügel?«
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, beruhigte ihn Murdo und erinnerte sich an die Jagdspiele, die er und seine Brüder über Jahre hinweg gespielt hatten. »Ich bin da schon oft gewesen.« Er klopfte Hin auf die Schulter, um ihm Mut zu machen. »Geh jetzt. Nimm Jötun mit, und warte auf mich. Ich werde mich dort mit dir treffen.«
    »Mit mir treffen?« fragte Hin besorgt. »Aber wo geht Ihr hin?«
    »Ich muß sie auf eine falsche Fährte führen, sonst werden sie sofort zur Bucht laufen«, erklärte Murdo. »Jetzt geh endlich. Ich werde dich am Hügelgrab abholen; dann können wir über die Klippen zur Bucht zurückkehren. Beeil dich, bevor sie dich sehen!«
    Zitternd vor Furcht gab Hin dem Hund einen Befehl; dann packte er Jötuns Halsband, und gemeinsam rannten sie über das Feld hinter dem Haus. Murdo wartete, bis sie weit genug weg waren, bevor er ums Haus herumschlich und vorsichtig um die Ecke spähte. Der Hof war leer, und so lief er darüber hinweg, als beabsichtige er, über den breiten Weg zu fliehen, der unmittelbar zum Haus führte.
    Als er den Hofausgang erreichte, vernahm er hinter sich Björns Stimme. Ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen, lief Murdo weiter und lächelte.
    Die Jagd war eröffnet.

    (1 ^ as alte Hügelgrab war von den ersten Einwohnern von Dyr-ness angelegt worden, zu Zeiten, an die sich niemand mehr erinnerte. Das Grab bestand aus einer einzigen langen Kammer und war gesäumt und überdacht von großen Steinblöcken, die mit Erde bedeckt worden waren. Der kleine Eingang wies aufs Meer hinaus, und aus der Ferne betrachtet wirkte das niedrige Grab wie ein einfacher grasbewachsener Hügel.
    Es gab eine alte Geschichte, daß das Ottervolk das Grab als letzte Ruhestätte ihrer hochgestellten Toten angelegt hatte. Soweit Mur-do wußte, konnte diese Geschichte tatsächlich der Wahrheit entsprechen, denn in einer ähnlichen Kammer nahe Orphir hatte man Schädel, Beinknochen, Schmuck und bearbeitete Steine gefunden; aber wie auch immer: Er selbst hatte nie mehr als ein paar Muscheln und Otterzähne entdeckt, und er war viele Male im Innern des Grabes gewesen.
    Als Murdo nun den Tumulus erreichte, war er außer Atem. Er hatte die Eindringlinge auf eine wilde Jagd geführt, sich ihnen immer wieder gezeigt, um sie weiter und weiter von der Küste fortzulocken, bevor er sie schließlich im hohen Farn des Tals verloren hatte. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß man ihn nicht mehr verfolgte, machte er kehrt und marschierte zum Hügelgrab zurück.
    »Hin«, rief er leise und beugte sich zu dem niedrigen Eingang hinunter. »Jötun.«
    Er wartete einen Augenblick lang. Als er keine Antwort erhielt, rief er erneut. Wieder antwortete niemand; also kniete Murdo sich nieder, verfluchte Hins Dummheit und zwängte sich in die Grabkammer. Im Innern des Grabes war es so kalt und still wie in jeder Höhle. Noch bevor er zum letztenmal rief, wußte Murdo, daß Hin nicht hier war.
    Er kroch wieder hinaus, kletterte auf den Grabhügel, legte sich auf den Bauch und suchte das Gelände von den Klippen bis zum Haus ab. Nirgends war eine Spur von Hin zu sehen, ebensowenig wie von Herrn Orins Männern.
    Der Teufel soll ihn holen, dachte Murdo wütend, als er wieder hinunterrutschte. Nun blieb ihm keine andere Wahl, als zur Bucht zu gehen und zu hoffen, daß Hin nur des Wartens überdrüssig geworden war, seine Befehle ignoriert hatte und wieder zum Boot gegangen war.
    Murdo wanderte den Küstenweg entlang. Er bewegte sich in leicht gebückter Haltung, was zwar unbequem war, ihn aber vor Blicken aus Richtung des Hauses schützte. Als er kurz darauf die Bucht erreichte, blickte er auf den Strand hinab, sah das Boot und daneben Peder und seine Mutter, doch von Hin und Jötun war nirgends eine Spur zu sehen.
    Murdo kletterte den steilen Pfad hinunter. »Wo ist Hin?« rief er, als seine Füße den Sand berührten.
    »Er ist mit dir gegangen und noch nicht wieder zurückgekehrt«, antwortete seine Mutter und eilte ihm entgegen. »Warum? Was ist geschehen, Murdo?«
    »Eindringlinge haben das Haus übernommen«, berichtete er. »Sie haben Fossi getötet.«
    »Nein!«
    »Leider doch. Sie haben ihn mit dem Schwert erschlagen. Die Eindringlinge haben uns gejagt, aber wir sind ihnen entkommen«, erklärte Murdo. »Ich habe Hin gesagt, er solle auf mich am Hügelgrab warten. Ich war gerade dort, konnte ihn aber nicht finden.«
    »Warum sollte jemand Fossi töten?«

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