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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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Gesinnung einen Schlag ins Gesicht zu bekommen, und noch dazu aufgrund solch einer lächerlichen Kleinigkeit! Erwartete der Kaiser tatsächlich, daß sie dieses verabscheuungswürdige Dokument unterzeichneten?
    »Kaiser Alexios«, sagte Gottfried schließlich ein wenig unsicher, »wir können Eurer Aufforderung unmöglich nachkommen.«
    »Weigert Ihr Euch etwa?« fragte der Kaiser.
    »Nein, nein«, beeilte sich Gottfried zu antworten, »aber es ist uns einfach nicht möglich, dieses Dokument zu unterzeichnen.«
    Nun fand auch Balduin seine Stimme wieder und fügte hinzu: »Unser Wort ist unsere Ehre, mein Herr und Kaiser, und dieses Wort ist gut genug für jeden Mann.«
    Alexios sträubten sich die Nackenhaare. »Ehre? Wir werden nicht zulassen, daß dieses große Wort in Unserer Gegenwart in den Schmutz gezogen wird. Wir haben genug von Eurer Ehre gesehen, um zu wissen, daß Euer Wort, welches Ihr nur allzu leicht gebt, ebenso leicht wieder gebrochen wird, wenn es Euch paßt. Um es kurz zu machen: Wir glauben, daß es nichts gibt, was Ihr, sofern es nicht beschworen wurde, nicht sofort wieder vergessen würdet, wenn die Waagschale des Schicksals sich in eine andere Richtung neigt.«
    Der Kaiser funkelte die beiden verwirrten Edelleute vor ihm wütend an und erklärte: »Wahrlich, Wir sagen Euch, Wir werden Eure Unterschriften auf diesem Pergament bekommen, oder Ihr werdet Jerusalem nie erreichen.«
    Die beiden Brüder blickten einander hoffnungslos an, doch sie gaben nicht nach. Alexios beschloß, ihnen Zeit zu geben, die Entscheidung zu überdenken. »Geht jetzt«, sagte er müde. »Kehrt in Euer Lager zurück, und beratet Euch mit Euren Getreuen. Wir erwarten in zwei Tagen eine Antwort von Euch.«
    Nach diesen Worten wurden die Herren Gottfried und Balduin aus dem Thronsaal geführt. Sie bewegten sich wie Verdammte, denn mit einem Mal schienen all die Reichtümer unendlich weit entfernt, von denen sie geträumt hatten. Niedergeschlagen und verwirrt wurden sie alsbald aus dem Palast geworfen und fanden sich in dem stinkenden Lager wieder, wo sie verzweifelt über den unerklärlichen Verrat der verschlagenen Griechen sinnierten.
    So begann ein Krieg der Willenskraft, der über mehrere Wochen andauern sollte. Nachdem es die Pilger wiederholt abgelehnt hatten, den Treueid zu unterzeichnen, stellte der Kaiser schließlich die Nahrungsmittellieferungen ein. Von Zeit zu Zeit sandte der Kaiser Hugo von Vermandois als seinen persönlichen Abgesandten ins Lager der Kreuzfahrer, um die Herren des Westens davon zu überzeugen, das Dokument zu unterzeichnen, auf daß ihre Truppen endlich das Brot und den Wein genießen könnten, die in der Stadt auf sie warteten. Jedesmal lehnten sie den Eid ab, während sie verbittert beobachteten, wie ihre eigenen Vorräte nach und nach dahinschwanden.
    Das erste Warnsignal, daß es an der Zeit war, die sturen Fürsten zur Aufgabe zu zwingen, erhielt Alexios, als eine Warägertruppe zurückkehrte, deren Aufgabe es gewesen war, verstreute Pilger zusammenzusuchen und vor die Hauptstadt zu bringen. Der Kommandant der Einheit suchte sofort den Drungarios auf und übergab ihm einen Brief vom Neffen des Kaisers, Johannes, dem Exarchen von Dyrrhachion. Dalassenos dankte dem Mann und eilte zum Kaiser, den er mit seiner Familie ins Gebet vertieft in der Palastkapelle fand.
    Leise betrat Dalassenos die Kapelle, ging zum Altar, kniete sich hinter seine Verwandten und wartete auf das Ende der Messe. Nachdem der Erzbischof die Liturgie beendet hatte, erhob sich die kaiserliche Familie und drehte sich um, um zu sehen, wer sich da zu ihnen gesellt hatte. »Dalassenos!« rief die Kaiserin. Irene, eine große und elegante Frau, lächelte gnädig und streckte ihrem Lieblingshöfling die Hand entgegen. »In den vergangenen Tagen haben wir dich nur selten gesehen. Ich hoffe, du wirst mit uns die Ostermesse feiern - und natürlich auch am anschließenden Festmahl teilnehmen.«
    »Es wäre mir eine Freude, Basilissa«, erklärte Dalassenos und küßte die ihm angebotene Hand.
    »Wenn du uns jetzt bitte entschuldigen würdest«, sagte Alexios. »Ich glaube, Dalassenos ist aus gutem Grund hierhergekommen.«
    »All diese endlosen Besprechungen«, schimpfte Irene. »Wird das jemals enden? Kommt, Kinder«, sagte sie und sammelte ihren Nachwuchs ein, »eure Lehrer warten auf euch.«
    Alexios verabschiedete sich von seiner Frau und seinen Kindern und wandte sich dann an Dalassenos. »Die Waräger sind zurückgekehrt.

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