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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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nahm seinen Karren auf und machte sich wieder auf den Weg. »Theo-tikis ist mit denen fertig! Sollen sie sich meiner nur erinnern, wenn sie verhungern! Argh!«
    Andere Händler brachten ähnliche Beschwerden vor: Die Römer besaßen Gold genug, doch sie weigerten sich, es auszugeben. Sie schienen zu glauben, daß ihnen außer dem Getreide und dem Wasser, mit dem der Kaiser sie versorgte, auch alles andere kostenlos zustand. Für die Kaufleute war das schon schlimm genug, doch noch schlimmer war die unerklärliche Verachtung der Römer gegenüber den Griechen. Die Beschimpfungen aus den Mündern der Gäste machten den Kaiser zunächst verlegen, dann verwunderten sie ihn. Bis zum letzten Mann schienen die lateinischen Ritter für ihre byzantinischen Brüder nichts als Verachtung übrig zu haben; sie schmähten und verfluchten sie im selben Atemzug, da sie nach ihren Waren verlangten.
    »He, Schweinchen! Hier rüber!« riefen sie und grunzten. »Hierher, Schweinchen! Nennst du das etwa Brot, du Schwein! Dafür gebe ich dir noch nicht mal einen Scheißhaufen.«
    Oder: »Was denn? Glaubst du etwa, ich rühre den Stoff noch an, nachdem du ihn mit deinen dreckigen Händen betatscht hast? Weg damit, du scheißefressender Köter!«
    Diese Litanei von Beschimpfungen wurde stets wiederholt, wann immer mehrere Händler beisammen standen. Und wenn dieses Verhalten den Kaufleuten schon Sorgen bereitete, so empfand Alexios es sogar als ausgesprochen alarmierend. Vor ihm hatte eine riesige Armee ihr Lager aufgeschlagen, deren Kämpfer den gemeinsamen Glauben mit den Bürgern des Reiches nicht anerkannten und die sich zudem als ihren östlichen Brüdern überlegen betrachteten, so daß sie es nicht einmal für nötig hielten, die simplen Regeln des Anstands zu beachten.
    Was der Obstverkäufer gesagt hatte, entsprach der Wahrheit: Diese Römer waren schlimmer als die Barbaren. Einen unwissenden Barbaren gelüstete es nur nach so viel, wie er mit eigenen Händen fortschleppen konnte. Diese Männer jedoch wollten die Welt - und wie es den Anschein hatte, glaubten sie bereits, sie zu besitzen. Alexios beschloß, daß ihnen diese Vorstellung so bald wie möglich ausgetrieben werden mußte. Ja, aber er mußte sie still und heimlich besiegen, ohne es zu offenen Auseinandersetzungen kommen zu lassen.
    Alexios schlenderte am Rand des Lagers entlang und beobachtete die Ritter und Fußsoldaten. Beinahe ohne Ausnahme handelte es sich um ungewöhnlich große Männer: Sie besaßen breite Schultern, mächtige Bäuche und Hüften und starke Hände und Muskeln. Ihre Bewegungen waren kraftvoll und entschlossen, wenn auch ein wenig schwerfällig und nicht geschmeidig, wie man es von guten Kämpfern erwartet hätte. Ihre Haut war blaß, beinahe ohne jegliche Farbe, und besaß die Textur und Farbe von rohem Teig. Alexios gefiel die Vorstellung, daß selbst die leichteste Berührung dauerhafte Spuren in dem weichen Fleisch hinterlassen würde.
    Die Gesichter der Römer waren breit mit dicken Lippen und großen Nasen; die Augen standen weit auseinander und wirkten unnatürlich klein unter den dichten Augenbrauen. Alexios konnte sich nicht vorstellen, wie irgendeine Frau einen solchen pferdegesichti-gen Mann anziehend finden konnte. Doch am Schlimmsten von allem war ihr Haar: Sie trugen es lang! Wie Frauen! Und wie das Haar junger Frauen, so fiel auch den Römern das offene Haar in Locken bis weit über die Schultern; seltsamerweise waren sie aber bis auf den einen oder anderen Schnurrbart glattrasiert. Die Kombination aus langem Haar und glattem Kinn wirkte merkwürdig auf das byzantinische Auge; Alexios erschien die Mischung sogar ein wenig obszön - als hätten die Fremden verrückterweise darauf bestanden, das zu bedecken, was enthüllt werden mußte, und umgekehrt.
    Die Kleidung der Kreuzfahrer war grob und schwer und dunkel gefärbt. Die meisten trugen einen Umhang über einer knielangen Tunika, die an der Hüfte von einem breiten Ledergürtel gehalten wurde, in den sie ihre Messer steckten. Alexios bemerkte allerdings, daß einige wenige auch Umhänge aus teureren Stoffen besaßen, auf die Vierecke und Streifen in unterschiedlichen Farben gestickt waren - Rot und Grün, Gelb und Blau, Schwarz und Weiß. Aber egal ob Umhang, Tunika oder Hose, sämtliche Kleidungsstücke der Fremden waren für ein weit wechselhafteres Klima bestimmt als das, wohin sie ihre Reise geführt hatte - ganz zu schweigen von dem, das in den Ländern herrschte, die sie mit

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