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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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stand. Um es kurz zu machen: Beide stellten sich unabhängig voneinander vor, wie sie selbst in marmornen Palästen auf goldenen Thronen sitzend Hof hielten und sieben Fuß große Krieger in die Schlacht führten, deren Rüstungen allesamt mit kostbaren Edelsteinen verziert waren. Dies alles erschien ihnen dermaßen verlockend und angemessen für Männer von ihrem Rang, daß die Brüder keinen Grund sahen, warum sie einen solch erhabenen Status nicht eher früher als später erlangen sollten. Auch wenn sie jetzt vielleicht nur Besucher in einem Land von unermeßlichem Reichtum waren, so waren sie doch von königlichem Geblüt, und somit stand ihnen das gleiche zu wie allen Königen. Sie brauchten es sich nur zu nehmen.
    Der Magister führte die Gruppe zum Thron, wo er dreimal den Stab auf den Boden stieß und verkündete: »Ich bringe vor Eure Majestät Eure ergebenen Diener Gottfried von Bouillon und Balduin von Boulogne und ihre Vasallen.«
    Dann warf er sich zu Boden und bedeutete den verwirrten Edelleuten, sie sollten es ihm gleichtun. Alexios ließ sie einen langen Augenblick lang auf dem Boden liegen, bevor er die Hand hob und erklärte: »Ihr dürft Euch erheben.«
    Die Fürsten gehorchten und blickten in kluge dunkle Augen in einem kühlen, berechnenden Gesicht. Gottfried, der ältere der beiden Brüder, sprach als erster. »Mein Herr und Kaiser«, sagte er in seinem besten Latein, »wir grüßen Euch im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Möge er Euch segnen. Wir überbringen Euch auch die Grüße Seiner Heiligkeit, Papst Urban, der Euch bittet, Eure Brüder in Christi mit Wohlwollen aufzunehmen.«
    »Wir nehmen Euren Gruß entgegen«, erwiderte Alexios, »und Wir sind bereit, Euch und allen unter Eurem Befehl Unsere Freundschaft anzubieten. Sicherlich habt Ihr bereits die Geschenke erhalten, die Wir Euch als Zeichen Unserer Freundschaft haben zukommen lassen, und jene, die Unserem Thron die Treue schwören, erwarten noch mehr.«
    »Wir haben sie in der Tat erhalten, mein Herr und Kaiser«, antwortete Gottfried. »Unser Dank ist so grenzenlos wie Eure Großzügigkeit.«
    Alexios neigte königlich den Kopf zur Seite. »Wir nehmen ebenfalls an, daß Ihr auch den Proviant erhalten habt, den Wir Euch
    für Eure Truppen geschickt haben.«
    »Wir stehen in Eurer Schuld, mein Herr und Kaiser«, erwiderte der Herzog.
    »Diese Schuld läßt sich leicht begleichen«, erklärte ihm der Kaiser. »Wir erwarten nur eines als Gegenleistung.«
    »Mein Herr und Kaiser braucht uns nur seinen Wunsch zu nennen«, sagte Gottfried, »und wir werden ihn so schnell wie möglich in die Tat umsetzen.«
    »Das freut Uns zu hören.« Der Kaiser hob die Hand, und ein schwarzgewandeter Beamter trat vor. Der Mann trug eine rote Haube so flach wie eine Maurerkelle und stellte sich neben den Thron. Nachdem er sich tief verbeugt hatte, reichte der Logothet dem Kaiser ein Pergament. Der Kaiser nahm das Dokument entgegen, entfaltete es und begann zu lesen.
    Die beiden edlen Brüder hörten zu und wurden zunehmend nervös, denn das Dokument enthielt Verhaltensregeln, an die sie sich halten sollten, solange sie Gäste des Reiches waren. Als Alexios zu dem Treueid kam, den sie zu schwören hätten und durch den sie die Oberherrschaft des Kaisers über alle Herren des Westens anerkennen sollten, waren sie entsetzt.
    »Mein Herr und Kaiser«, flehte Gottfried. »Es ist uns sehr unangenehm; aber wir haben bereits Kaiser Heinrich IV. den Treueid geleistet. Wir können unmöglich zwei Herren die Treue schwören. Daher muß ich Euch leider bitten, uns die Erfüllung dieser Bedingung zu erlassen.«
    »Aber Wir werden sie Euch nicht erlassen, Gottfried von Bouillon«, erwiderte Alexios in ruhigem, doch mißbilligendem Tonfall. »So wie es nur einen Gott gibt, so gibt es auch nur ein Heiliges Römisches Reich, und Konstantinopel ist seine Hauptstadt. Es gibt nur einen höchsten Herrscher, jenen Herrscher, den Ihr vor Euch auf dem Thron seht; es gibt keinen zweiten. Es kümmert Uns nicht, was die Herren des Westens in ihren eigenen Ländern tun und lassen, aber wenn sie in die Hauptstadt des Reiches kommen, dann werden sie dem Herrn die Treue schwören, der sie mit Speis und
    Trank versorgt.«
    Den Römern verschlug es die Sprache. Keiner von ihnen hatte ein solch ungebührliches Willkommen erwartet. Unter unsäglichen Strapazen waren sie neun Monate lang marschiert, um dem angeschlagenen Reich zur Hilfe zu eilen - und das nur, um als Dank für ihre edle

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