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Der Sohn des Kreuzfahrers

Titel: Der Sohn des Kreuzfahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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hinten nichts entgegensetzen konnten und erkennen mußten, daß ihnen die Flucht unmöglich war. Die wenigen Glücklichen am äußeren Rand des Mobs sprangen von der Brücke in den Graben, um den kaiserlichen Lanzen zu entkommen. Der Rest wurde niedergeritten, als die Reiter mit voller Wucht in die ungeordnete Masse der Kreuzfahrer hineinstießen.
    Verwirrt und verzweifelt flohen die Pilger in Scharen vor dem kaiserlichen Angriff. Obwohl der Kaiser befohlen hatte, daß seine Truppen den Kampf nicht suchen sollten, konnten sie nicht anders, als die Flüchtenden niederzuhauen; denn die Pilger rannten in wilder Flucht hierhin und dorthin. Dennoch starben weit mehr unter den Füßen ihrer in Panik geratenen Kameraden als unter den Hufen und durch die Lanzen der kaiserlichen Reiterei.
    Die Reiter schlugen eine breite Schneise durch die sich in alle Himmelsrichtungen verteilenden Kreuzfahrer und rückten rasch auf den Fluß vor und damit auf die offene Flanke des Kreuzfahrerheeres, das am Ufer entlangmarschierte. Als sie näher kamen, stellte sich ihnen eine geschlossene Gruppe von Verteidigern entgegen - vielleicht hundert eilig zusammengerufene Ritter und mehrere hundert Fußsoldaten -, die sich zu einer groben Schlachtreihe zwischen den kaiserlichen Truppen und den eigenen Leuten formierten. Zwar waren sie bereit zum Kampf, doch wirkten sie unentschlossen und unsicher, denn sie warteten darauf, was die Byzantiner als nächstes tun würden.
    »Halt!« rief Alexios und zog die Zügel an. Sein Pferd stieg und blieb augenblicklich stehen, nur ungefähr ein Dutzend Schritt von der vordersten Reihe der Ritter entfernt. Augenblicklich eilte die Leibwache an Alexios' Seite, während die Unsterblichen sich zu Doppelreihen an den Flanken formierten, um sich den zögernden Rittern als unüberwindbare Mauer entgegenzustellen.
    Alexios blickte am Schaft seiner Lanze entlang und legte dem vordersten Ritter die Spitze an die Kehle. »Ich bin Alexios, Herrscher des Heiligen Römischen Reiches. Verstehst du, was ich sage?« fragte er in einfachem Latein, so daß sein Gegenüber ihn selbst bei beschränkter Bildung nicht mißverstehen konnte.
    »Ich verstehe«, erwiderte der aufsässige Ritter. Das Alter des Mannes und die Narbe in seinem Gesicht wiesen ihn als Veteran vieler Schlachten aus. Klugerweise machte er keinerlei Anstalten, nach dem Schwert zu greifen.
    »Wer sind deine Herren?« verlangte Alexios zu wissen.
    Der Pilger nickte zur Seite und deutete damit an, daß er den Kaiser zu den betreffenden Männern führen wolle. »Geh, und hol sie«, befahl der Kaiser. »Ich werde hier auf sie warten.«
    Als er sah, daß die Griechen offenbar nicht an einem Kampf interessiert waren, nickte der Ritter einem seiner Nachbarn zu. Der zweite Ritter gab seinem Pferd die Sporen und ritt eilig davon. Es folgte ein langes, angespanntes Schweigen, während die einander gegenüberstehenden Truppen auf die Ankunft der Kreuzfahrerfürsten warteten und sich gegenseitig zornige Blicke zuwarfen.
    Plötzlich entstand Unruhe in den hinteren Reihen der Ritter. Eine Gasse bildete sich zwischen ihnen, und Alexios sah eine Gruppe von Reitern, die sich ihm rasch näherte. Er wartete, bis sie in Reichweite seiner Stimme gekommen waren, dann sagte er: »So! Und jetzt sagt mir, wie die furchteinflößenden Händler sich gegen eure mächtigen Schwerter geschlagen haben. Haben ihre Kinder und Mütter eurem Angriff massiven Widerstand entgegengesetzt? Der Sieg ist euer! Oh, wie der Glanz des Ruhms auf eure edlen Schultern strahlt!«
    Herzog Gottfried wirkte ehrlich verwirrt. Dennoch wollte er etwas darauf erwidern, doch Alexios fuhr fort: »Warum vergeltet ihr die Großmütigkeit des Reiches mit Verrat? Noch nicht einmal wilde Hunde beißen die Hand, die sie füttert.«
    Alexios funkelte die versammelten Ritter an, die nervös auf ihren Sätteln hin und her rutschten und zu ihren Führern blickten, in der Erwartung, diese würden ihre Ehre gegen den unerklärlichen Zorn des Kaisers verteidigen. »Schande!« brüllte Alexios. »Das Blut der Unschuldigen schreit nach Gerechtigkeit. Wir verlangen von euch, daß ihr aus euren eigenen Taschen den Familien der Erschlagenen eine Entschädigung zahlt.«
    »Mein Herr und Kaiser«, verteidigte sich Gottfried, »ich schwöre vor Gott und allen, die hier versammelt sind, das ich nicht weiß,
    wovon ihr sprecht.«
    »Ignoranz steht Euch gut, mein Herr«, erwiderte Alexios in scharfem Tonfall. »Nun denn, ich will Euch

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