Der Sohn des Kreuzfahrers
Hund von Kaiser den Treueid leiste.«
Gottfried funkelte Bohemund an, als wäre er es, der den Treueid verlangen würde, und nicht der Kaiser. Bohemund erwiderte den Blick.
»Es ist so heiß, und dabei haben wir erst April«, beschwerte sich Tankred und leerte seinen Becher. Dann streckte er die Hand mit dem Becher aus und befahl dem Mundschenk, ihn wieder zu füllen und dafür zu sorgen, daß der Krug nicht leer wurde. »Zumindest«, sagte er und hob den Becher an die Lippen, »ist der Wein des Kaisers besser als sein Ruf.«
Balduin und einige der Edelleute lachten und vertrieben so die Spannung, die in der Luft gelegen hatte.
»Die Falschheit der Griechen ist natürlich weithin bekannt«, schnaufte Gottfried gereizt. »Aber da wir höchstens noch ein, zwei Tage in Konstantinopel bleiben werden, sehe ich keinen Sinn darin, den Eid nicht zu unterzeichnen. Immerhin ist er der Kaiser.«
»Wir sind gerade erst angekommen«, erklärte Bohemund in herrischem Tonfall. »Ich habe nicht die Absicht, so bald wieder loszuziehen. Die Männer sind erschöpft, und die Pferde müssen sich ausruhen. Seit Avlona sind wir ohne Unterlaß marschiert. Es wird länger als nur ein, zwei Tage dauern, bis wir Weiterreisen können.«
»Der Kaiser entwirft in eben diesem Augenblick einen Plan, wie er uns helfen kann, die Armeen über den Bosporus zu bringen. Auf der anderen Seite, bei Pelekanon, richtet man bereits ein Lager für uns ein«, informierte Gottfried die Neuankömmlinge und freute sich, als Bohemund unwillkürlich zusammenzuckte. »Unserer beider Armeen warten nun schon seit Wochen, und unsere Männer sind mehr als bereit, sich ins Heilige Land aufzumachen.«
»Vielleicht«, schlug Balduin vor, »könntet ihr den Kaiser dazu überreden, euch bleiben zu lassen, bis Graf Raimund und Herzog Robert angekommen sind.«
»Ich wundere mich, daß sie nicht schon längst hier sind«, bemerkte Tankred. »Was zum Teufel kann sie aufgehalten haben?«
»Ah«, antwortete Gottfried, »wie ich gehört habe, haben sie auf Bitte des Papstes eine Weile in Rom verbracht. Offenbar verbietet sein Gesundheitszustand Urban, die Pilgerfahrt selbst zu unternehmen, obwohl er sie uns mit so glühenden Worten gepredigt hat. Also hat er einen Legaten ernannt, der den Kreuzzug an seiner Statt führen soll.«
Bohemund versteifte sich. »Kennen wir diesen Legaten?« fragte er mit leicht angespannt klingender Stimme.
»Nein«, gestand Gottfried. »Aber es heißt, er sei ein Kirchenmann -ein Bischof, glaube ich -, ehrenvoll und von allerbestem Ruf.«
»Nun«, erklärte Bohemund und entspannte sich wieder ein wenig, »solange er seine ehrenvolle Nase nicht in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen, habe ich nichts dagegen.« Er hob den Becher und rief: »Gott möge uns Erfolg bescheren, meine Herren!«
»Gott möge uns Erfolg bescheren!« erwiderten die versammelten Edelleute.
Dann tranken alle, und das Fest nahm fröhlich seinen Lauf - so fröhlich sogar, daß niemand etwas dagegen einzuwenden hatte, als ein Bote erschien und das sofortige Erscheinen Bohemunds vor dem Kaiser verlangte. Der Fürst gestattete, daß man ihn nur mit Tankred und acht seiner engsten Vertrauten an der Seite in den Bla-chernenpalast brachte.
Alexios empfing den Sohn seines ehemaligen Feindes im Salomonsaal des Blachernenpalastes, aus dem er vorher alle beweglichen Schätze und Möbelstücke hatte entfernen lassen. Was in der Eile nicht rausgeschafft werden konnte, war hinter den geschmackvollen, doch nicht übertrieben verzierten Wandteppichen aus Damast verborgen worden. Alexios wünschte, daß der Raum imposant, doch auch ein wenig asketisch wirkte, um die berüchtigte Gier seines Besuchers nicht zu wecken.
Für den Empfang legte der Kaiser sein prächtigstes Staatsgewand an, doch fügte er dem kaiserlichen Purpur noch Brustharnisch, Schwert, Dolch und Panzerhandschuhe hinzu: nicht die polierte Prunkrüstung, die er bei Feierlichkeiten trug, sondern die zerbeulte Kampfrüstung, mit der er in die Schlacht zu reiten pflegte. Ale-xios erinnerte sich und fürchtete Bohemunds außergewöhnliche Körpergröße, und er beabsichtigte, diesen Nachteil dadurch auszugleichen, daß er sich als Mann der Tat präsentierte. Aus demselben Grund befahl er auch, daß eine volle Abteilung Exkubiten in Kampfrüstungen anwesend sein sollte, die sie auf früheren Feldzügen getragen hatten. Auf diese Art und Weise wollte er den Gast daran erinnern, daß er als Kaiser auch
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