Der Sohn des Kreuzfahrers
leicht auf die Knie zu zwingen. »Bis dahin bitte ich dich, die Schüssel anzunehmen, als Symbol für all die Schätze, die jene erwarten, die fest im Glauben sind«, dann fügte er betont hinzu: »und in ihrer Treue!«
Murdo blickte den weißhaarigen Mönch vor sich finster an. Warum mußten es ausgerechnet Priester sein, fragte er sich, und noch dazu so neugierige? »Ich hatte gehofft, mit König Magnus nach Jerusalem ziehen zu können«, murmelte er undeutlich, »aber ich habe sein Schiff nicht rechtzeitig gefunden.« Der Gedanke, das Schiff mit Kirchenmännern teilen zu müssen, ließ ihn verzweifeln - und das den ganzen Weg bis nach Jerusalem!
»Wie außerordentlich!« bemerkte der größte der drei Mönche. Ein wenig älter als die anderen, schien er der Anführer der kleinen Gruppe zu sein. Sein lockiges weißes Haar war dicht und kurzgeschnitten, was den Eindruck erweckte, als trüge er ein Vlies auf dem Kopf.
»Außerordentlich!« stimmten die beiden anderen zu und musterten Murdo mit wohlwollendem Interesse, so daß er eine Gänsehaut bekam.
»Uns ist genau dasselbe widerfahren«, berichtete der große Mönch. »Es hat länger gedauert, Inbhir Ness zu erreichen, als wir geglaubt haben. Wir sind zu spät abgereist und haben die Flotte des Königs nicht mehr rechtzeitig erreicht.« Die drei fuhren fort, sich darüber zu streiten, wie knapp sie das Boot versäumt hatten - waren es ein, zwei, drei oder mehr Tage gewesen? Sie konnten sich nicht einigen; doch andererseits schienen sie auch nicht im geringsten an einer Einigung interessiert zu sein.
Ohne Zweifel, dachte Murdo mißvergnügt, waren dies die ungewöhnlichsten Kirchenmänner, die er jemals gesehen hatte: Sie trugen lange Gewänder aus ungefärbter Wolle mit zerrissenen, ver-dreckten Säumen; die über den Rücken herabhängenden Kapuzen reichten fast bis auf den Boden, und die Ärmel der Gewänder waren seltsam weit. Die drei Mönche liefen barfuß, ihre Finger waren schmutzig, und sie stanken so stark nach Lammfett, daß Murdo es selbst auf größere Entfernung riechen konnte.
An der Seite trugen sie große, abgewetzte Lederranzen, und obwohl sie sich bereits seit geraumer Zeit auf hoher See befanden, hielt jeder von ihnen noch immer einen langen Wanderstab aus jungem
Ebereschenholz in der Hand. Die Stirn der Mönche war von Ohr zu Ohr kahlrasiert mit Ausnahme eines schmalen Streifens unmittelbar über den Augenbrauen, was den Eindruck vermittelte, die Männer trügen eine Krone.
Trotz seiner Abneigung gegen Kirchenmänner konnte Murdo den Blick nicht von ihnen abwenden. Während er sie betrachtete, kam ihm der Gedanke, daß sie ihn an die alten Druiden erinnerten -an jene geheimnisvollen Gestalten, welche die Geschichten seiner Großmutter bevölkert hatten. »Die Druiden sind weise und mächtige Seher, Murdo, mein Junge«, hatte sie stets zu sagen gepflegt. »Sie wissen alles, was es zu wissen gibt, denn sie können durch den Schleier der Zeit hindurchsehen. Sie kennen die geheimen Wege, die über die Grenzen dieser Welt hinausfuhren, und so wie wir jederzeit nach Kirkjuvagr ziehen können, vermögen sie in der Anderswelt umherzustreifen.«
Sind das hier vielleicht Druiden, fragte sich Murdo. Aber dann bemerkte er die großen Holzkreuze, die sie an Lederbändern um den Hals trugen, und sagte sich, daß es sich bei den Männern womöglich doch um Priester handelte - allerdings von einer Art, die Murdo unbekannt war. Der erste Mönch war groß und langglied-rig; der zweite besaß ein auffallend schmales Gesicht und runde Schultern, und der dritte zeichnete sich durch geringe Körpergröße, gepaart mit einem beachtlichen Leibesumfang, aus. Aufgrund dieser Merkmale in Verbindung mit den schmutzigen, zerlumpten Kleidern, den unförmigen Holzkreuzen und den lächerlichen Wanderstäben wirkten sie auf Murdo - wenn das denn möglich war -noch widerwärtiger als die gewöhnlichen Kleriker, die er kannte und verachtete. Wäre ein Misthaufen in der Nähe gewesen, so hätte Mur-do sie frohen Herzens dort hineingestoßen.
Es war kurz nach Sonnenaufgang, und die Mannschaft schlief noch immer, mit Ausnahme des Steuermanns, eines dürren, grauhaarigen Kerls, der auf den Namen Gorm Weitseher hörte. Murdo war gerade erst aufgewacht und hatte sich von seinem Schlafplatz am Bug erhoben, als die drei aus dem Zelt hinter dem Mast getreten waren, wo sie allem Anschein nach ihren Rausch nach dem Genuß von zuviel Inbhir-Ness-Bier ausgeschlafen hatten.
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