Der Sohn des Kreuzfahrers
wie es dauert, die Feder in die Tinte zu tauchen«, verkündete er und verneigte sich. Daraufhin entfaltete der Logothet das Pergament, legte es auf ein Schreibbrett mit Tinte und Feder und reichte das Ganze dem jungen Adeligen, der seine Unterschrift unter die Gottfrieds und Balduins setzte, während der Beamte das Brett festhielt.
»Eure Bereitwilligkeit beschämt mich, Tankred«, bemerkte Bo-hemund. »Aber ich werde meinen Namen so groß schreiben, daß mein Herr und Kaiser auf einen Blick sieht, wer es ist, der ihn in Freundschaft an seine Brust drückt.« Er griff nach der Feder, tauchte sie ins Tintenfaß und schrieb mit elegantem Schwung seinen Namen doppelt so groß wie die der anderen auf das Pergament. Dann steckte er die Feder wieder in ihre Halterung zurück und verneigte sich unterwürfig und noch immer lächelnd.
Der Kaiser, der nicht glauben konnte, wie leicht es gewesen war, Bohemund zur Unterschrift zu bewegen, sagte: »Komm, Niketas, überreiche Unseren verehrten Gästen die Geschenke.«
Tankred griff gierig nach der angebotenen Schüssel; das war die Reise nach Konstantinopel wirklich wert gewesen. Bohemund jedoch hob nicht einen Finger, sondern faltete die Hände vor der Brust und lächelte noch immer so wie seit dem Augenblick, da er vor den Thron getreten war. »Glaubt bitte nicht, daß ich Euer Geschenk nicht zu schätzen wüßte, mein Herr und Kaiser«, sagte er. »Wenn ich es ablehne, dann nicht aus Verachtung, sondern mehr aus Bescheidenheit.«
Alexios starrte den hochmütigen Fürsten an und versuchte sich vorzustellen, daß Bohemund sich tatsächlich einer Tugend verschrieben hatte - und dieser im besonderen. Sicherlich besaß er doch die gleichen unersättlichen Leidenschaften wie sein Vater, und der alte Robert Guiscard hatte in seinem ganzen Leben nie etwas abgelehnt.
»Hast du vielleicht ein anderes Geschenk im Sinn?« fragte der Kaiser schließlich.
»Ah, ins Schwarze getroffen, mein Herr und Kaiser«, erwiderte Bo-hemund. »Wie es das Schicksal will, wird auf dieser Pilgerfahrt leider auch die Kunst des Kriegers zum Tragen kommen. Mehr als Gold wünsche ich mir den kaiserlichen Segen für den glücklichen Verlauf unseres Unterfangens.«
»Unseren Segen«, echote Alexios, der eine Falle roch, doch nicht wußte, welcher Art sie war. »Natürlich, Fürst Bohemund, Wir werden zu Gott beten, euch bei eurem Unternehmen beizustehen - euch hier und all jenen, die Gottes Willen erfüllen. An welche Form des Segens hast du gedacht?«
Bohemunds Lächeln wurde breiter, und er entblößte eine Reihe strahlend weißer Zähne. »An einfache Worte«, antwortete der Fürst. »Einen Titel nur.«
»Und welchen Titel hast du im Sinn?« fragte der Kaiser, der immer mißtrauischer wurde.
»Wenn Ihr schon so fragt, dann würde ich gerne Oberster Feldherr der kaiserlichen Armeen unter dem Kreuz werden.« Bohemund sprach in demütigem Tonfall, als wäre das, was er gefordert hatte, vollkommen ohne Bedeutung und ihm soeben erst in den Sinn gekommen.
Der Kaiser jedoch wußte sofort, worauf der Mann hinauswollte. »Du bist ein kühner Intrigant, Bohemund. Jeder Mann, der das bezweifelt, wird es sicherlich bereuen.«
Vorsichtig musterte der verschlagene Fürst den Kaiser. »Verweigert Ihr mir meinen Wunsch?«
»Das tun Wir nicht«, antwortete Alexios und wählte seine Worte mit Bedacht. Er wußte genau, wie gefährlich es war, sich Bohemund in diesem Augenblick zu verweigern; gleichzeitig konnte er dem Mann jedoch auch nicht den Oberbefehl über das Kreuzfahrerheer anvertrauen. »Im Gegenteil, mein kühner Fürst, es erscheint Uns sogar ein durchaus angemessener Rang zu sein. Tatsächlich können Wir uns keinen fähigeren Führer für die Pilgerschar vorstellen. Doch es tut Uns leid, daß wir deinem Wunsch im Augenblick nicht entsprechen können. Du wirst verstehen, daß es Uns unmöglich ist, einen Edelmann dem anderen vorzuziehen, bevor nicht alle eingetroffen sind. Trotzdem sind Wir glücklich, dir versichern zu können, daß Wir dir den gewünschten Titel sofort verleihen werden, wenn die Zeit gekommen ist.«
Sehr zur Erleichterung des Kaisers akzeptierte Bohemund diese Antwort. »Ich überlasse Euch diese Entscheidung, mein Herr und Kaiser. Wenn die Zeit reif ist, werdet Ihr mich bereit finden, die Verantwortung zu übernehmen.«
»Wir können diesen Tag kaum erwarten«, erklärte der Kaiser und hätte sich am liebsten selbst umarmt, weil es ihm gelungen war, den schwierigen Bohemund so
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