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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sie wieder!«, rief er und sprang vom Pferd. Awin folgte seinem Beispiel. Mit fahrigen Händen löste er die Seile vom Sattel. Gemeinsam schleppten sie die beiden Brüder in die Felsspalte. Das ist alles andere als ein würdiges Begräbnis, dachte Awin, als sie den zweiten verhüllten Leichnam neben den ersten schoben. Aber dann blickte er nach oben. Die beiden Felsen ließen weit entfernt einen schmalen Spalt Licht erkennen. Vielleicht ist das den Toten lieber als die Finsternis, die sie umgibt, wenn sie in der Erde vergraben werden, dachte er.
    »Träum nicht, Seher, oder willst du, dass die Akkesch dich wecken?«, schrie Eri und preschte schon davon. Er hatte den Bogen eines seiner Brüder in der Hand, ließ aber das Zugpferd - es war das von Marwi - zurück. Awin fluchte. Es gefiel ihm gar nicht, die Pferde im Stich zu lassen. Also nahm er sie beide am Zügel und jagte dem Yamanssohn hinterher. Er verlor ihn schnell aus den Augen, denn Nyet blies immer noch Staub und Sand über die Ebene. Awin war froh, als er die Eisenstraße wieder erreicht hatte, denn die Naqadh war gerade hier voller Unebenheiten und anderer Stolperfallen. Sein Schecke keuchte, aber er hetzte weiter. Er lehnte sich weit vornüber, um das Tier zu entlasten, und flüsterte: »Nur, bis wir die anderen einholen, nur, bis wir die anderen einholen.«

    Plötzlich, viel früher, als er gedacht hätte, tauchten Umrisse vor ihm im Staub auf. Es war sein Sger. Er hatte offenbar angehalten. Awin flog an seinen Sgerbrüdern vorbei zur Spitze des Zuges, dann zügelte er sein Pferd hart. Vor ihnen war etwas, eine dunkle Linie in den Staubschleiern, die auf sie zu warten schien, nur einen Pfeilschuss weit entfernt. Der Schecke kam zum Stehen. Nyet holte Luft, und für die Länge dieses Atemzuges erlaubte er Awin einen Blick auf jenes rätselhafte Hindernis. Es war eine lange Reihe von Reitern. Sie trugen schwarze Umhänge, also waren es Hakul. Es sah aus, als würden sie warten. Awin sah in diesem kurzen Augenblick der Windstille wenigstens fünf Sgerlanzen dort drüben aufragen. Dann hatte Nyet wieder genug Atem, um sie erneut zu quälen, und blies eine dichte Wolke aus Staub über die dunkle Reihe. Aber Awin hatte genug gesehen, er wusste jetzt, wessen Reiter dort im Sturm auf sie warteten. Heredhan Horket hatte sie gefunden.

Hammer und Amboss
    »ES SIND WENIGSTENS achtzig, wenn nicht mehr«, sagte Mewe, als sie sich um ihren Yaman versammelt hatten. Nyet zerrte an ihren Mänteln.
    Aryak nickte. »Ich wäre enttäuscht gewesen, hätte Horket weniger geschickt.«
    »Aber was hat das zu bedeuten?«, fragte Harbod, »Was will der Heredhan hier? Und vor allem, was will er von uns?«
    Awin hatte fast vergessen, dass sie den Fuchs-Kriegern nichts über das unglückselige Ereignis an jenem Bach erzählt hatten. Sie wussten, dass ihr Sger dem Heredhan Sühne schuldete, aber sie kannten den Grund nicht. Sie hatten auch nicht gefragt, denn Aryak hatte ihnen versprochen, dass sie dieser Zwist nicht betreffen würde. Der Yaman sah Harbod jetzt nachdenklich an und erwiderte: »Einer seiner Männer hatte dem Feind frische Pferde verkauft. Wir haben ihn bestraft.«
    Harbod brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, dann rief er: »Ihr habt einen seiner Krieger getötet?«
    »Drei, um genau zu sein«, erklärte Aryak ruhig, »aber ich kann dich beruhigen, Harbod, dies geht deinen Klan nichts an, und wir erwarten keine Hilfe von euch bei dem, was nun vor uns liegt. Wie ich es gesagt habe.«
    »Ihr werdet sie auch nicht erhalten«, entgegnete Harbod düster.
    »Ich denke, Horket wird Sühne verlangen. Es muss nicht zum Kampf kommen«, warf Curru ein.
    »Ich kenne den Heredhan«, erwiderte Harbod, »und ich
weiß, dass er immer mehr verlangt, als ihm zusteht. Er wird etwas fordern, das du ihm nicht geben kannst.«
    »Und für lange Verhandlungen haben wir keine Zeit«, brummte Curru mit einem Blick über die Schulter. Irgendwo dort, im dichten Staub, den der Sturm aus der Slahan mitbrachte und unentwegt über die karge Ebene wehte, kamen die Streitwagen der Akkesch heran.
    »Da drüben tut sich etwas«, rief Tuwin.
    Tatsächlich hatte sich eine Gruppe von drei Männern aus der schwarzen Reihe der Reiter gelöst und in Bewegung gesetzt. Auf halber Strecke hielten sie an.
    Der Yaman nickte grimmig. »Curru, Harbod, Awin, begleitet mich«, rief er. Dann setzte er seinen Rappen in Bewegung. Der alte Seher richtete die Sgerlanze auf, und dann folgten sie ihrem Yaman. Awins

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