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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Bissen im Hals stecken bleibt«, murrte Bale.
    »Sollen sie doch ihre Speerträger schicken«, meinte Harbod. »Wir schicken ihnen Grüße mit unseren Pfeilen und verschwinden im Wind.«
    »Und Ebu und Ech?«, fragte Tuwin düster.
    Der Yaman hatte teilnahmslos in die Flammen gestarrt. Seit sie aufgebrochen waren, hatte er kaum getan, was nötig war, um den Sger zu führen, und wenn seine Führung nicht gebraucht wurde, schien er regelrecht in sich zusammenzufallen. Nun blickte er auf: »Sie werden einen Leichenzug nicht verfolgen«, sagte er ruhig.
    Keiner der Yamanoi fand den Mut, ihm zu widersprechen. Auch Awin brachte es nicht übers Herz, dabei wusste er, dass Tuwin Recht hatte. Die beiden Toten hielten sie auf. Da war es nichts mit dem Kampf nach Hakul-Art, den Harbod so großspurig für den Fall der Fälle angekündigt hatte, es sei denn, sie ließen Ebu und Ech doch zurück. Und es sah nicht so aus, als würde der Yaman das zulassen. Sie konnten nur hoffen, dass sie Srorlendh erreichten, bevor die Akkesch sie einholten. Und dann? Sie mussten durch Horkets Weideland, und das war für sie noch gefährlicher als das Reich der Akkesch. Ob der Heredhan inzwischen wusste, was seinen Hirten an jenem Bach widerfahren war und wer sie getötet hatte? Awin dachte an die Frauen und Kinder, die sie fast schutzlos zurückgelassen hatten, an seine Schwester Gunwa und Wela, die Tochter des Schmiedes. Er verließ den Stall, denn er ertrug diese Enge plötzlich nicht mehr. Die Pferde hatten sich, nachdem sie getränkt worden waren, im Schutz des Tores zusammengedrängt. Awin sah Merege bei ihnen und ging hinüber.

    »Ich … ich soll dich von deiner Ahnmutter grüßen«, begann er.
    Merege blickte überrascht auf. »Wann hast du sie gesehen?«
    »Vergangene Nacht. Ich weiß nicht, ob es nur ein Traum oder wieder eine Reise war.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie sagte, es käme mehr als ein Sturm auf uns zu und ich solle auf dich aufpassen.«
    »Du auf mich? Das hat sie gesagt?«, fragte Merege, und sie wirkte belustigt.
    »Genau genommen sagte sie so etwas wie, dass wir aufeinander Acht geben sollten, aber ich nehme doch an, sie meinte, dass ich dich beschützen soll.«
    »Das nimmst du also an, junger Seher«, erwiderte die Kariwa, der ein leichtes Lächeln um die Lippen spielte.
    »Sag, wie macht sie das? Wie erscheint Senis in meinen Träumen?«, platzte es aus Awin heraus.
    Merege sah ihn nachdenklich an. »Das kann ich dir nicht sagen, Awin. Ich fürchte, das musst du sie selbst fragen.«
    »Aber sie ist doch deine Ahnmutter.«
    »Sie ist die Ahnmutter von vielen, junger Seher«, lautete die Antwort, aber auch als Awin weiterbohrte, sagte sie nicht mehr darüber.
    Obwohl es schon dunkelte und der Sturm nicht nachließ, hatte Mewe den Yaman überreden können, die Siedlung zu verlassen, kaum dass sie gegessen hatten. So zogen sie wieder aus, die Pferde am Zügel. Nur Kawi, dessen Knöchel geschwollen war, durfte reiten. Er klammerte sich an den Hals seines Pferdes, und einer seiner Klanbrüder führte es für ihn durch den Sturm. Sie kämpften noch volle zwei Stunden gegen Nyet, bis sie unter einem vorspringenden Felsen eine halbwegs geschützte Stelle fanden, weit abseits der Eisenstraße, wo sie die kurze Nacht
über lagerten. Dort fühlten sie sich vor unliebsamen Überraschungen sicherer als in den beengenden Mauern des Dorfes. In dieser Nacht schlief Awin ohne Träume, und er erwachte nur einmal, weil er unweit des Lagers einen Löwen brüllen hörte. Der Sturm muss nachgelassen haben, dachte er, bevor er wieder einschlief.
     
    Im Morgengrauen brachen sie wieder auf. Die Luft war immer noch voller Staub, der in Augen, Nase und Mund brannte, aber Nyet hatte an Kraft eingebüßt. Es schien, als würde bald Isparra die Oberhand gewinnen. Sie konnten ihre Pferde besteigen und kamen nun, solange sie sich nahe bei den Felsen hielten, schneller voran. Yaman Aryak war immer noch schweigsam. Vor dem Aufbruch hatte er lange an den Bahren seiner beiden Söhne gestanden. Awin fragte sich, ob er überhaupt geschlafen hatte.
    Sie zogen weiter, schweigend, denn wer redete, schluckte selbst mit dem Sandschal vor dem Gesicht viel Staub, so dass er schnell wieder die Lust daran verlor. Nyet gab noch nicht ganz auf. Den ganzen Morgen quälte er sie, und auch am Mittag war noch keine richtige Besserung zu erkennen. Sie alle hofften, er würde sich weiter abschwächen, endlich seiner Schwester Isparra weichen, aber er tat ihnen diesen

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