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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Bogen? Er musste ihn irgendwann verloren haben. Die Felsen waren immer noch entsetzlich weit entfernt.
    Da stand ein Pferd, regungslos, inmitten von Sturm und Kampf. Die schmächtige Gestalt eines Jungkriegers lag regungslos daneben, eine Hand noch im Zügel verstrickt. Awins Schecke spitzte plötzlich die Ohren und bog nach rechts ab. Awin hörte einen lang gezogenen Pfiff, dann noch einen. Der Schecke schien diesen Pfiffen zu folgen und ließ sich durch Awin nicht beirren. Er wandte sich im Sattel um. Der Streitwagen war näher gekommen. Plötzlich sprang der Wagen in die Luft, und einer der Bogenschützen wurde aus dem Wagen geschleudert. Sie mussten einen Stein erwischt haben. Die Felsen! Dort
war der Boden uneben und tückisch, gefährlich für Pferde, noch weit gefährlicher aber für diesen Streitwagen. Der Schecke jagte mit rasselndem Atem über die Ebene. Er konnte diese Geschwindigkeit nicht mehr lange halten. Wieder hörte Awin den Pfiff. War das Merege? Der Streitwagen schien aufzuholen. Awin hörte die vier Pferde keuchen und stöhnen. Er wandte sich um. Drei Männer waren im Wagen, und einer hatte einen Pfeil auf der Sehne. Aus dieser Entfernung würde der Akkesch ihn kaum verfehlen. Awin riss hart an den Zügeln. Sein Pferd stöhnte, sprang zur Seite und strauchelte. Awin sah den Pfeil kommen. Er flog durch den Sturm, durchschnitt Staub und Wind und hätte Awin sicher durchbohrt - wenn der Schecke nicht gestürzt wäre. Awin flog aus dem Sattel, landete hart auf dem Rücken, überschlug sich und blieb auf dem Bauch liegen. Der harte Aufprall hatte ihm den Atem geraubt. Sein Pferd war neben ihm zu Fall gekommen, schlug wild um sich, sprang auf und stürmte davon.
    Awin kam zitternd auf die Knie und rang nach Luft. Der Sichelstreitwagen war weitergerast, doch jetzt blickte sein Lenker zurück und zog hart an den Zügeln. Er wendete. Awin kam auf die Beine. Ein Pfeil flog heran und wurde im letzten Augenblick von Isparra zur Seite gelenkt. Awin griff mit fahriger Bewegung nach seinem kurzen Sichelschwert. Der Wagenlenker schrie heiser auf, und dann stürmten seine Pferde auf ihn los, Schulter an Schulter. Die Rappen! Das war das Bild, das er auf seiner Reise gesehen hatte: die Pferde, die auf ihn losstürmten. Awin erstarrte. Mit donnernden Hufen hielten die Rappen auf ihn zu. Schweiß troff von ihren Flanken. Der Bogenschütze senkte seine Waffe. Natürlich, sie wollten ihn einfach überrollen! Das war sein Ende. Plötzlich wurde Awin ganz ruhig und kalt. Alle Gedanken, die ihm eben noch durch den Kopf gerast waren, verstummten. Er war völlig leer. Dann rannte er los.
Noch nie in seinem Leben war er so schnell gelaufen. Er rannte vor dem Wagen davon, vor Pferden, die doppelt so schnell liefen wie er. Die Felsen, er musste zu den Felsen! Aber die waren noch weit, viel zu weit entfernt. Er rannte noch schneller.
    Dann sah er den Stein. Es war ein einzelner großer Brocken, der hüfthoch aus dem harten Boden ragte, hier, mitten in der Ebene. Awin flog daran vorbei, schon konnte er das Keuchen der vier Rappen hören. Er warf sich im letzten Augenblick zur Seite und rollte sich hinter dem Stein zusammen. Die Pferde rasten an ihm vorüber. Dann traf die lange Sichel mit einem hässlichen Geräusch auf den Felsen, Awin hörte die lange Klinge brechen und sah sie im Wind davonwirbeln. Er sah ihr nach und bemerkte erst gar nicht, dass der Aufprall den ganzen Wagen erschüttert hatte. Die Deichsel brach, das Rad sprang von der Nabe. Awin sah es wegfliegen. Die Männer brüllten, als ihr Gefährt in die Luft sprang, und der Wagen zerbarst, als er ohne das Rad wieder aufsetzte. Die Krieger wurden herausgeschleudert, und das führerlose Gespann raste nun ohne Wagen weiter über die Ebene.
    Awin kam zitternd wieder hoch. Sein Herz schlug bis zum Hals, und seine Lungen schmerzten. Er sah weiter hinten den dicken Bale über die Ebene taumeln, zu Fuß, ohne Helm, das Schwert in der Hand, ein halbes Dutzend Pfeile steckten in seinem Körper. Drei Streitwagen umkreisten den Verwundeten, die Bogenschützen ließen ihre Pfeile von der Sehne schnellen. Awin wandte sich ab. Streitwagen, überall schossen Streitwagen hin und her, und jeder von ihnen trug Feinde. Er würde es nie bis zu den Felsen schaffen. Plötzlich hörte er seinen Namen. Eine helle Stimme rief nach ihm. Er drehte sich um. Das war Merege, die auf ihn zugeritten kam. Hatte sie vor, hier mit ihm zu sterben? Etwas anderes konnte sie nicht erwarten. Jemand

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