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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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deshalb ziehen sich seine Hügel noch ein wenig nach links und rechts. Allzu weit ging er auf unserer Seite nicht, denn er fürchtete, die Sterbliche aus den Augen zu verlieren. So blieb er liegen und wartet auf den Tag, da der Dhanis versiegen wird. Siehst du, wie die Straße hier ein wenig nach links schwenkt? Sie kürzt den Bogen ab, den der Glutrücken beschreibt. Dort, hinter diesen Hügeln, liegt unser Ziel.«
    »Warst du denn schon einmal in dieser Stadt, Meister Mewe?«
    »Als ich sehr jung war, jünger noch als du, zogen wir einst in diese Gegend, um Beute zu machen, denn die Stadt ist reich und liegt in einer fruchtbaren Ebene. Die Rote Festung, die du vor drei Tagen gesehen hast, war damals noch stark besetzt. Deshalb nahmen wir den langen Weg durch die Slahan und den Dhanis hinab. Wir überraschten sie, denn von dort hatten sie uns nicht erwartet. Trotzdem gelang es uns nicht, die Mauern der Stadt zu überwinden, denn sie sind hoch und wurden gut verteidigt. Viele von uns haben den Versuch mit dem Leben bezahlt. Also hielten wir uns schadlos an den umliegenden Dörfern und Gehöften. Die Beute war reich, aber der Preis hoch. Damals habe ich mir meinen Blutdolch verdient. Aber um deine Frage zu beantworten - nein, ich habe ihre Straßen nie betreten, habe nur ihre Mauern und Türme gesehen.«
    »Und, wie ist sie, diese Stadt?«, fragte Merege, die zugehört hatte.
    »Warte es ab, junge Kariwa, du wirst sie bald sehen, denn schon morgen Mittag sind wir in Serkesch.«

Serkesch
    SIE RASTETEN NOCH einmal am Rande der Eisenstraße, aber die steilen Hügel, die zwischen ihnen und Serkesch lagen, waren schon fast zum Greifen nah. Awin war zur Wache eingeteilt worden, und er konnte den Blick nicht von diesen Hügeln wenden. Würden sie auf der anderen Seite endlich den Feind stellen und den Lichtstein wiedergewinnen? In einiger Entfernung vom Lager sah er den Yaman mit Curru und Mewe. Auch Harbod war dabei. Sie schienen sich zu streiten. Ob sie über ihn sprachen? Er war dieses Mal nicht zu dieser Beratung gerufen worden. Wollten sie Curru jetzt schon überreden, ihn in die letzten Geheimnisse einzuweihen? Es gab ein paar Dinge, die ein Seher erst bei der Weihe erfuhr, Geheimnisse, die in keinem der heiligen Sehersprüche festgehalten waren, sondern nur von einem Seher zum anderen weitergegeben wurden. Jemand trat von hinten an Awin heran.
    »Glaubst du, sie werden euch hineinlassen?«, fragte Mereges kühle Stimme.
    »Was? Wo hinein?«, fragte Awin verwirrt.
    »In die Stadt. Die älteren Krieger sprechen von ihr, als sei sie eine Feindin. Glaubst du, diese Feindin wird euch willkommen heißen?«
    Sie fragte das ganz ruhig, aber Awin schwieg betroffen. Seit Tagen hetzten sie durch Steppe und Wüste, immer mit Serkesch als Ziel vor Augen. Wie kam es, dass er sich diese Frage nicht schon selbst gestellt hatte? »Ich nehme es an, sonst wären wir doch nicht hierhergeritten«, antwortete er schließlich.

    Merege schüttelte den Kopf. »Ihr seid hierhergeritten in der Hoffnung, den Feind vor der Stadt zu stellen. Doch die Gesichte deines Meisters haben euch auf den falschen Weg geführt.«
    Sie hatte Recht. Awin wusste, wenn sie durch Uos Mund geritten wären, dann wäre ihre Jagd vielleicht schon zu Ende. Und nun jagten drei Sgers nach Osten, Süden und nach Serkesch - und keiner von ihnen würde den Verfluchten zu fassen bekommen. Weil sie auf Curru gehört haben und weil du nichts gesagt hast, als du etwas hättest sagen sollen , fügte eine leise innere Stimme hinzu. Awin versuchte, sie zu überhören.
    »Ich glaube, dein Yaman weiß nicht, was er jetzt machen soll«, fuhr Merege ungerührt fort.
    »Yaman Aryak weiß immer, was zu tun ist«, entgegnete Awin.
    »Eure Männer sind nicht sehr vorsichtig.«
    »Was meinst du?«, fragte Awin. Worauf wollte sie denn jetzt hinaus?
    »Sie reden, wenn sie reiten. Unter anderem von etwas, das sie Heolin nennen. Ist es nicht so?«
    Awin schwieg. Sie hatten weder Senis noch Merege vom Lichtstein erzählt. Aber ja, die Männer redeten, wenn sie ritten. Erst gestern noch hatte der dicke Bale behauptet, der Heolin hätte die Stadt in Brand gesetzt. Sie waren leichtsinnig geworden. »Bist du deshalb hier? Wegen des Heolins?«, fragte er.
    »Ich bin hier, weil meine Ahnmutter es für richtig hält. Ich weiß auch nicht, was der Heolin ist, doch scheint er Macht zu besitzen und wertvoll zu sein. Wenn der Fremde ihn inzwischen in diese Stadt gebracht hat, sage mir, warum eure alte

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