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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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es kam rasch näher. Awin erkannte es, es war Deges Falbe.
    »Ich sagte doch, er würde sich in diesen engen Mauern nicht wohl fühlen«, erklärte Merege, und es war das erste Mal, dass Awin sie lächeln sah.
    Der Falbe stürmte heran und wurde erst langsamer, als er in
Mereges Nähe kam. Die Männer warfen einander vielsagende Blicke zu. Yaman Aryak hatte seinen Rappen gewendet und kam an das Ende des Zuges.
    »Ich habe dieses Pferd eingetauscht«, erklärte er streng. »Es war ein Handel, in den alle eingewilligt haben, auch du, junge Kariwa.«
    Merege gab dem Tier Wasser aus ihrem Trinkschlauch. »Ihr habt wohl vergessen, das Pferd zu fragen«, erklärte sie trocken. »Außerdem haben sie euch betrogen. Ihre Kräuter waren nutzlos.«
    »Da hat sie Recht«, warf der dicke Bale ein.
    Auch von anderen Männern hörte Awin zustimmendes Gemurmel, und Ech meinte: »Wir können es als Packpferd nutzen, so wie das von Marwi auch. Das wird unsere Pferde entlasten.«
    »Ein kluger Vorschlag«, lobte Mewe schnell, bevor der Yaman etwas sagen konnte.
    »Aber es geht nicht mit rechten Dingen zu«, mischte sich Curru jetzt ein. »Dieses Tier ist ein Bote des Unglücks, ein schlechtes Zeichen. Denkt daran, was mit Dege geschehen ist!«
    Und Ebu rief: »Sie hat den Falben behext. Das vermag sie, aber unseren Waffenbruder, den wollte sie nicht retten.«
    »Sie hat nie behauptet, dass sie eine Heilerin ist«, widersprach Harbod. »Aber was sagt der junge Seher zu diesem Zeichen?«
    »Noch bin ich hier der Seher, Harbod, Harmins Sohn«, polterte Curru wütend.
    »Deine Meinung habe ich gehört«, gab der Krieger ruhig zurück.
    Awin war überrumpelt. Er wollte in diesen Streit nicht hineingezogen werden. Er fing einen finsteren Blick seines
Meisters auf, und ihm war klar, dass Curru nicht erfreut sein würde, wenn er eine andere Meinung vertrat als die seine. Aber auch Mewe warf ihm einen warnenden Blick zu und erinnerte Awin damit an ihr Gespräch am ausgetrockneten Flussbett. Awin seufzte, dann sagte er vorsichtig: »Ich kann hier nur Gutes sehen - einen Betrug, der auf den Betrüger zurückfällt, ein Packpferd, das kommt, wenn wir es brauchen. Und es bringt den leichten Wind mit, der Dauwe vertreibt.«
    »Er sieht nicht - er denkt!«, rief Curru verächtlich.
    »Aber seine Gedanken sind gut, alter Freund. Er hat viel von dir gelernt, wie mir scheint«, meinte der Yaman. »Wir werden den Falben und Marwis Pferd mit unseren Vorräten beladen. Doch macht schnell, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
    »Dein Yaman ist ein weiser Mann«, sagte Merege, nachdem sich der Zug wieder in Bewegung gesetzt hatte. Die beiden Packpferde liefen vor ihnen. Offenbar waren die Krieger immer noch darauf bedacht, Abstand zu der Kariwa zu halten.
    »Wie meinst du das?«, fragte Awin.
    »Er hat den alten Seher besänftigt. Er ist zwar blind, aber dennoch wäre es schlecht, ihn weiter zu verärgern.«
    »Curru ist ein sehr erfahrener Seher«, verteidigte ihn Awin.
    »Ich glaube, mein Pferd ist hellsichtiger als der Mann, der sich dein Meister nennt«, lautete die schlichte Antwort.
     
    Sie ritten wieder, bis der letzte Sonnenstrahl verblasste. In der Nacht hörte Awin die Wachen streiten, denn im Süden war ein ungewöhnlich starker Lichtschein zu sehen, etwa da, wo sie am Tag die Wolke erblickt hatten. Über die Ursache der beiden Erscheinungen wurden allerlei Vermutungen angestellt, ohne dass man sich einig wurde. Eri behauptete, Serkesch würde brennen, und auch einige der anderen Jungkrieger waren bereit,
das zu glauben. Tuwin widersprach: »Diese Stadt besteht aus Stein, Lehm und noch mehr Stein. Was soll dort brennen?«
    Aber damit konnte er längst nicht alle überzeugen. Als sie im Morgengrauen aufbrachen, sahen sie in der Ferne immer noch die schmale, dunkle Wolke am Horizont. Irgendetwas brannte dort, das war sicher, und es musste groß sein. Der Yaman befragte Curru und dann auch Awin, aber sie konnten beide nichts über dieses Zeichen sagen. Der dicke Bale war es schließlich, der behauptete, der Heolin habe die Stadt in Brand gesetzt. Das war eine Vorstellung, die vielen der jüngeren Krieger gefiel. Ebu meinte, das sei ein Beweis, dass Curru Recht gehabt habe und der Feind nach Serkesch gegangen sei. Aber Mewe widersprach: »Diese Rauchsäule steht hoch und ruhig, doch ist sie unten sehr schmal. Würde die Stadt brennen, müsste die Wolke viel breiter sein.«
    »Dann ist es vielleicht ein Dorf oder eines dieser großen Gehöfte,

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