Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger
einmal danach gefragt. Jetzt leuchteten schon bei der Erwähnung der Oasen ihre Augen.
»Ohne Wasser ist dieser Weg schwierig, Yaman«, entgegnete Awin jetzt. Er spürte, dass Gerwi in Erwägung zog, ihnen seine Hilfe anzubieten, aber noch darüber nachdenken wollte. »Du hast einen zweiten Weg erwähnt, Yaman«, sagte er bedächtig.
Der Yaman zögerte, aber endlich antwortete er: »Es gibt einen anderen Weg, weiter nördlich, um die Innere Dhaud herum. Ihr bräuchtet jedoch einen Führer, der die Wasserstellen kennt.«
»Ein solcher Führer könnte viel Ruhm erwerben«, warf Awin ein.
»Ruhm?«, fragte Gerwi.
»Natürlich, wer hätte je von einer solchen Geschichte gehört? Eine Schar tapferer Hakul zieht aus, gegen eine Göttin zu kämpfen. Noch die Enkel unserer Enkel werden mit Stolz davon berichten«, behauptete Awin.
»Die Enkel unserer Enkel, ja?«, sagte Gerwi mit einem belustigten Seitenblick. »Nun, das ist eine bedeutende Sache. Ich werde mit meinen Männern reden. Vielleicht findet sich einer unter ihnen, der bereit ist, euch durch das Land zu bringen.«
»Unsere Dankbarkeit wäre ihm gewiss, Yaman Gerwi«, sagte Awin höflich.
»Das wäre auch das Wenigste«, antwortete Gerwi.
Dann schieden sie voneinander.
»Glaubst du, er wird jemanden finden, der sich darauf einlässt, uns Abtrünnige durch diese Wüste zu führen, Awin Sehersohn?«, fragte Wela zweifelnd, als sie zurück zum Sger ritten.
»Nein, Wela Schmiedetochter. Ich gehe eigentlich davon aus, dass er das selbst übernehmen wird«, antwortete Awin lächelnd.
»Einer von denen als Führer durch die Wüste?«, fragte Harmin ungläubig, als sie ihrem Sger Bericht erstattet hatten. »Ich fürchte, es war leichtsinnig von dir, sie darum zu bitten, Awin. Es sind Eiserne Hakul. Man kann ihnen nicht trauen.«
»Es war meine Entscheidung, Harmin. Ich hoffe sehr, du trägst sie mit«, antwortete Awin ruhig.
»Wir werden sehen«, gab Harmin zur Antwort.
Awin nahm es hin, ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren, aber er machte sich seine Gedanken. Er würde den Schmied im Auge behalten müssen.
»Sie kommen«, rief Mabak.
Tatsächlich zeigten sich nun Gerwis Reiter dicht unter einem der Hügel. Awin zählte fünf. In den Schatten waren es jedoch noch einige mehr gewesen. Wo waren die anderen? Gerwi löste sich vom Sger und näherte sich ihnen, begleitet von einem breitschultrigen Mann, der stolz die Sgerlanze trug, an der unter einer übergroßen Speerspitze zwei weiße Rossschweife und ein großes, rundes Klanzeichen leuchteten.
»Eisen, überall Eisen«, murmelte Wela beeindruckt.
»Sie werden es sich irgendwo zusammengeraubt haben«, brummte Harmin missmutig.
Awin ritt Gerwi ein Stück entgegen, und dieses Mal ließ es sich der Schmied des Fuchs-Klans nicht nehmen, ihn und Wela zu begleiten.
»Bist du mit deinen Männern zu einer Entscheidung gekommen, Yaman Gerwi?«, fragte Awin.
Gerwi lächelte. »Ich biete dir an, dass wir fünf euch führen.«
»Ihr fünf?«, fragte Harmin misstrauisch.
Awin wusste auch nicht recht, was er davon halten sollte. Er wandte sich wieder an den Yaman. »Mir war, als hätte ich in den Hügeln einige Reiter mehr gezählt.«
»Nun, ich habe sie fortgeschickt. Sie sollen in Tiugar, der verborgenen Stadt, berichten, was wir von dir erfahren haben, Yaman Awin. Der Tiudhan wird das Ross-Orakel befragen. Bitten wir Tengwil darum, dass ihm die heiligen Stuten enthüllen, was er zu tun hat.«
Awin zögerte. Das war eine gute Erklärung, aber er blieb misstrauisch. »Das ist ein großzügiges Angebot, Yaman. Erfolgt es im Namen der Hüter?«, fragte er. Und als Gerwi knapp nickte, erklärte Awin: »Dann nehme ich es im Namen der Hüter an.«
Sie besiegelten ihren Bund mit einem Opfer für Dhaud, die
Göttin dieser Wüste, und einem weiteren für die Hüter, auf dass sie dieses Bündnis segneten und schützten. Dann brachen sie auf.
Die Reiter des neu gebildeten Sgers beäugten einander misstrauisch, aber Awin war vorerst zufrieden. Er erwartete keine Freundschaft zwischen diesen Kriegern, denn sie gehörten zu Stämmen, die schon aus schierer Gewohnheit miteinander verfeindet waren. Es genügte ihm vorerst, dass sie sich nicht gegenseitig an die Kehle gingen, und dafür würden hoffentlich die Eide auf die Hüter sorgen. Ihm aber gingen die Reiter, die der Yaman fortgeschickt hatte, nicht aus dem Sinn. Er hätte es verstanden, wenn Gerwi ein oder zwei Männer fortgeschickt hätte, aber so
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