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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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neben Dares Falben angebunden. Da war er sich ganz sicher. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Das Laub - hatte es sich eben nicht bewegt? Er verlangsamte seine Schritte und griff nach seinem Dolch. Plötzlich schoss eine schwarze Gestalt aus
dem Laub hervor und sprang mit einem Kriegsschrei auf ihn los. Awin duckte sich und riss seine Waffe aus dem Gürtel. Der Angreifer rannte ihn einfach über den Haufen. Sie stürzten. Awin bekam den Messerarm des anderen zu fassen. Der Mann war stark, viel stärker als er selbst. Er sah den Blutdolch des Mannes, der sich unerbittlich seiner Kehle näherte, während sein eigener Messerarm von der Linken des Kriegers niedergehalten wurde. Plötzlich entrang sich dem Mann ein ersticktes Stöhnen, sein ganzer Körper verkrampfte sich, und Awin konnte ihn wegstoßen. Der Krieger fiel zur Seite. Zwei Pfeile steckten in seinem Leib. »Du solltest lernen, dich nicht schon vor der Schlacht umbringen zu lassen«, meinte Tuge schwer atmend. Awin konnte ihm seine Erleichterung ansehen. Mabak neben ihm strahlte. »Wir haben ihn erwischt. Wir haben ihn erwischt!«, rief er aufgeregt.
    Awin stand auf und strich mit einer fahrigen Bewegung das Laub aus seinem Mantel. »Bleibt nur noch die Frage, wer dieser Mann war«, sagte er mit trockenem Mund. Das war knapp gewesen, wirklich knapp, und kein Traum oder Zeichen hatte ihn vor diesem Anschlag gewarnt. Eine Traube von Hakul und Ussar sammelte sich um den Toten. Awin schlug seinen Staubschal zurück. »Kennt ihn einer von euch?«, fragte er.
    Die Männer schüttelten den Kopf. Awin durchsuchte die Taschen des Toten und fand ein Sgertan. Es trug das Zeichen der Schwarzen Dolche. »Einer von Skians Männern«, stellte Harmin nüchtern fest.
    »Hoffen wir, dass es der Einzige ist«, meinte Tuge.
    Awin nickte. »Weiter!«, rief er. »Wir haben eine Schlacht zu schlagen.«
    Sie führten ihre Pferde aus dem Wald und stiegen auf. Mabak kam als Letzter. Er hatte seinen Dolch in das Blut des Mannes getaucht, denn der Bogner hatte großmütig behauptet, dass
der Pfeil des Jungkriegers der tödliche gewesen war. Tuge blies sein Horn. Die Späher, die über die Ebene verteilt waren, ließen ihre Jagdhörner zur Antwort hören und entzündeten stark qualmende Feuer. Das war das Zeichen, das alle drei Heere zum gleichzeitigen Angriff aufforderte. Awin betete zu den Göttern, dass es ausreichen würde, Slahan zu täuschen, und dass der im Wald liegende Krieger der einzige unter seinen Stammesbrüdern war, der ihm nach dem Leben trachtete. Er atmete noch einmal tief durch und versuchte, das Zittern zu verbergen, das seinen Körper plötzlich erfasst hatte. Ihm war klar geworden, wie nahe Tengwil daran gewesen war, seinen Lebensfaden zu durchtrennen. Plötzlich spürte er eine warme Berührung am Arm. Es war Wela.
    »Erinnerst du dich daran, was ich gesagt habe, als ich den Dolch für dich fertigte?«, fragte sie leise.
    Awins Miene verfinsterte sich. »Du meinst, dass ich kein Krieger bin?«
    Ein Lächeln huschte über Welas Gesicht, dann sah sie ihm fest in die Augen. »Das meinte ich eigentlich nicht. Ich dachte an die Zeichen auf deiner Klinge. Du weißt, sie schützen dich nicht, wenn du dich nicht selbst vorsiehst. Also nimm dich bitte in Acht in der Schlacht, die jetzt vor uns und vor allem vor dir liegt.«
    Awin nickte stumm und sah Wela nach, als sie sich zu ihrem Onkel Tuge gesellte. Konnte er das? Vorsichtig sein, wenn er gegen eine Göttin kämpfte?
     
    Die Dämmerung senkte sich über die Ebene. Awin nickte Mahuk zu. Die Ussar liefen los. Awin spürte, wie das Kampffieber die Männer packte. Selbst die Pferde schienen sich von dieser Unruhe anstecken zu lassen und zerrten an den Zügeln. Der Tote im Wald war schon vergessen, nur auf Mabaks Gesicht
lag das Lächeln des Siegers. Awin wartete, bis er die Ussar im ungewissen Licht fast nicht mehr sehen konnte, dann gab er den Befehl zum Aufbruch. Es herrschte vollkommene Windstille. Awin sah in der Ferne Staub über die Ebene ziehen. Dort wurde gekämpft, aber kein Laut drang an seine Ohren. Er hörte nichts als den Atem und den gedämpften Hufschlag ihrer eigenen Pferde. Er fragte sich, ob das ein gutes Zeichen war, oder ob Dauwe der Täuscher sie in eine Falle lockte. Die Dämmerung des Wintertages war kurz. Awin ließ seine Schar in leichten Trab fallen. Da war die Festung. Sie schälte sich als unförmiger schwarzer Schatten aus der Nacht. Ihre Umrisse verschwammen in der staubgeschwängerten Luft,

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