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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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nachdenklich den schwarzen Bart.
    »Kein Rätsel«, sagte Merege.
    »Du weißt es jetzt?«, fragte Awin überrascht.
    »Ich habe es gleich verstanden. Jedenfalls denke ich das. Ich soll Kraft von der stärksten Quelle nehmen. Es geht um die Alte Kraft, von der Ahnmutter Senis und die Viramatai sprachen. Ich habe von ihr gehört. Sie ist den Göttern vorbehalten.«
    Awin brauchte einen Augenblick. Er räusperte sich. »Und wenn ein Mensch sie verwendet?«
    Merege sah ihn mit ihren blassblauen Augen ruhig an. »Senis sagte dir doch, es sei gefährlich, und das ist es auch.«
    »Aber wir haben doch den Heolin. Wird seine Kraft nicht für unseren Kampf reichen?«
    »Ich bezweifle es«, erwiderte Merege leise. »Meine Ahnmutter sprach von einem Freund, den ich rufen könne, und wenn ich den beschwören muss, den sie wohl meinte, brauche ich viel Kraft, denn er kommt nicht, wenn die Rufe leise und schwach sind. Deshalb muss ich zu dieser Quelle, mag die Göttin dort sein oder nicht.«
    »Und dann kannst du Slahan bannen?«, fragte Awin nach.
    Merege schloss die Augen. Sie schien noch blasser als sonst
zu sein. »Es gab auch im Land der Kariwa eine solche Quelle. Vor sehr langer Zeit, als selbst Senis noch jung war, haben zwei Wächter es gewagt, sie zu nutzen, um Hilfe herbeizurufen. Sie hatten Erfolg, doch die Quelle war danach versiegt.«
    »Und die Wächter?«, fragte Awin.
    Merege sah ihn mit einem seltsamen Lächeln an. »Man sagt, sie hätten es überlebt.«
    Mahuk räusperte sich und erklärte: »Yeku sagt, das ist der Weg des Todes. Er will nicht, dass wir dorthin gehen.«
    »Aber genau das werden wir tun«, verkündete Awin und erhob sich. Dann stockte er, sah in Mereges Gesicht, das nun noch bleicher war als zuvor, und ergänzte: »Das heißt, wenn du sagst, dass wir das tun, Merege.«
    Das Mädchen blickte auf den Boden. Sie wirkte auf einmal ungeheuer zerbrechlich. »Es ist der einzige Weg, den ich sehe, Awin. Weißt du einen anderen?«
    Wie verloren sie auf einmal wirkt , dachte Awin. Er begriff, dass sie sich in tödliche Gefahr begeben musste. Der Gedanke, dass ihr etwas zustoßen könnte, erschien ihm unerträglich. Sie war die Kariwa, eine Zauberin, mächtig und stärker als alle Hakul, doch jetzt forderte sie mit ihrer Kunst eine Göttin heraus. Die Wächter, die sie erwähnt hatte, waren zu zweit gewesen, und sie war allein. Er hätte gern mehr gewusst über diese Macht, die sie beschwören musste, aber er spürte, dass sie nicht darüber reden wollte. Offensichtlich hatte es etwas mit dem Totengott Uo zu tun. Aber beschwor sie ihn nicht stets bei ihren Zaubern? Irgendetwas musste es noch geben, was er nicht verstand. Ich werde nicht von ihrer Seite weichen, wie ich es Senis versprochen habe. Vielleicht schaffen wir es zu zweit. Und vielleicht finde ich auch noch einen besseren Weg, und dann werde ich ihn gehen, gleich, was es mich kostet. Aber das dachte er nur, er sagte es nicht.
    »Die Sonne berührt den Erdkreis«, rief Mahuk.

    Awin sah nach Westen. Die blasse Wintersonne verschwand hinter dünnen Wolkenschleiern.
    »Sie hat es gemerkt«, rief Limdin aufgeregt.
    Awin sah hinunter in die Ebene, und er verstand, was der Jungkrieger meinte: Die Wolke hatte die Eisernen Hakul verfolgt, aber nun teilte sie sich. Ein Teil verharrte dort, während zwei weitere Staubwolken den anderen Heeren entgegenzogen.
    »Wenn sie nicht mehr glaubt, dass der Lichtstein bei einem der drei Heere ist, dann wird sie sie gar nicht mehr verfolgen«, sagte Merege.
    »Es sind Winde«, sagte Mahuk. »Yeku sagt, sie können nicht warten. Sie müssen handeln.«
    Ein staubiger Kreis bildete sich rund um die Festung. Doch war er nicht vollständig. Im Südosten forderten die Viramatai den Sturm heraus, im Nordosten galoppierten die Eisernen Hakul der Wolke entgegen, und im Nordwesten sammelten sich die Reiter von Heredhan Eri zum nächsten Angriff. Nur im Südwesten war eine breite Schneise, in der kein Krieger sich zeigte. Der Staub hatte sich dort verzogen, und im letzten Licht des Tages sah Awin endlich schemenhaft die drei Türme der Festung Pursu in den Himmel ragen. Fahle Blitze zuckten durch den Staub.
    »Kommt!«, rief Awin. »Wir werden mit der Nacht in diese Festung eindringen.«
    Sie kletterten eilig die Felsen hinunter. Awin sprang die letzten Schritte hinab. »Tuge, gib das Signal. Wir brechen auf.«
    Er rannte durch das kniehohe Laub zu seinem Braunen, der etwas abseits stand. Das war merkwürdig. Er hatte ihn doch

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