Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
sich nach ihr um. Sie stand im Windschutz eines Zeltes und hörte der Erzählung ohne sichtbare Regung zu. Die Hakul hielten Abstand zu ihr. Curru hatte sich bemüht, ihren Beitrag gering zu reden, doch kam er nicht umhin zuzugeben, dass sie Zauberkräfte besaß, und das erfüllte die Hakul mit Furcht, aber auch Achtung.
    »Ich bin sicher, dass diese Geschichte sich keinesfalls so zugetragen hat, wie es der Alte gerade erzählt«, raunte jemand hinter Awin. Es war Harmin. Awin zog es aber vor, nicht auf diese Feststellung einzugehen.
    Curru schilderte zum Abschluss seiner Erzählung, wie er sein Leben im Kampf gegen die Göttin aufs Spiel gesetzt hatte. »Wir waren bereit, unser Leben zu geben, doch es scheint, als hätten die Götter andere Pläne für uns. So konnten wir Slahan besiegen - doch nicht vernichten. Und glaubt mir, gerne wären wir gestorben, wenn sie mit uns vernichtet worden wäre.«

    »Den Lichtstein - können wir ihn sehen?«, rief ein Hakul.
    »Den Heolin, zeig ihn uns!«, forderten andere.
    »Ich habe ihn meinem Schüler anvertraut«, rief Curru und streckte die Hand aus. Es war offensichtlich, dass er erwartete, dass sein - ehemaliger - Schüler ihm den Stein übergeben würde. Aus dem Augenwinkel sah Awin, dass Merege sich straffte. Sie hatte ihn gewarnt: Nur ihm würde sie den Heolin überlassen, und das auch nur für eine begrenzte Zeit. Er ergriff, einer plötzlichen Eingebung folgend, die Hand seines Lehrers und kletterte hinauf. Curru konnte seine Überraschung nicht völlig verbergen. Awin wandte sich der Menge zu. Er hatte noch nie zu so vielen Menschen gesprochen und wusste auf einmal nicht mehr, was er überhaupt auf diesem Felsen zu suchen hatte. Seine Knie wurden weich. Dutzende Gesichter starrten ihn an.
    »Zeig ihnen den Stein, junger Narr«, knurrte ihm Curru ins Ohr.
    Mit zitternden Fingern griff Awin in sein Gewand, zog das längliche Lederbündel heraus. Seine Finger waren steif gefroren. Unten lachte jemand. Er riss sich zusammen, und schließlich gelang es ihm, den Knoten der Verschnürung zu lösen. Der Heolin wäre ihm dabei beinahe aus den Händen geglitten, aber am Ende hielt er den Stein hoch. Er erwartete eine Veränderung, eine Reaktion der Versammlung, doch die starrte ihn und den Stein ungläubig an. »Dies soll der Lichtstein sein? Er sieht aus wie ein großes, aber schlechtes Stück Bernstein«, meinte einer.
    »Was soll das? Wo ist das helle Licht, das in diesem Stein wohnt? Wo die Hitze, die Etys einst die Hand verbrannte?«, rief ein anderer.
    Awin wusste nicht, was er sagen sollte. Warum sprang ihm Curru nicht bei? Das Murren der Menge wurde lauter. Dann
war es Awin, als würde über dem Gemurmel eine leise, helle Stimme anschwellen und Worte in einer fremden Sprache sprechen. Der Stein in seiner immer noch hoch erhobenen Hand wurde warm. Er blickte verblüfft nach oben. Ein kleines Licht tanzte auf der Spitze, dann ein zweites, ein drittes. Und auch im Heolin selbst glomm ein sehr schwacher Funke auf.
    »Seht nur, das Licht!«, rief eine Frau.
    Ein Raunen lief durch die Menge, unterbrochen von den spitzen Schreien einiger Frauen, die wohl nicht fassen konnten, was sie da sahen. Awin stand auf Strydhs Felsen, und der längliche Stein in seiner Hand wurde von drei blassen Lichtern umschwirrt.
    »Er ist es, er ist es!«, riefen die Hakul. Awin hatte diese Lichter noch nie gesehen. Die Menge starrte den Stein an. Sie alle hatten die Geschichten über den Heolin gehört, jedes Hakul-Kind wuchs mit der Erzählung von Etys und dem Lichtstein auf. Doch es war noch einmal etwas ganz anderes, diesen Stein wirklich mit eigenen Augen zu erblicken. Ein kalter Windstoß packte Awins Hand. Die Lichter flackerten, wurden schwächer und verblassten plötzlich ganz. Schnell zog Awin die Hand zurück.
    »Was ist mit ihm? Warum leuchtet er nicht mehr?«, fragte ein besorgter Hakul.
    »Der Stein war lange unter der Erde eingeschlossen«, erklärte Awin und vergaß für den Augenblick seine Unsicherheit. Er fuhr fort: »Er stammt vom Sonnenwagen Edhils, und ich glaube, er braucht die Kraft der Sonne, um wieder selbst Kraft zu gewinnen.«
    »Du glaubst?«, fragte ein Hakul.
    »Ich, und auch die Kariwa, die in solchen Dingen bewandert ist«, sagte Awin schnell. Er sah Merege etwas abseits, weit hinten bei den Zelten. Warum hatte sie sich zurückgezogen?

    »Aber wenn er so schwach ist, wie soll er uns vor einem Angriff der Gefallenen Göttin schützen?«, fragte einer.
    »Wir sollten

Weitere Kostenlose Bücher