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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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einmal hart auf den Boden - der Heolin rührte sich nicht. Den Kriegern war nicht verborgen geblieben, was er tat. Als Awin den Stab eingehend geprüft hatte und ihn nun, einer plötzlichen Eingebung folgend, anhob, um die aufgehende Sonne zu begrüßen, brandete Jubel auf. »Heolin, Heolin!«, riefen die Männer immer wieder, als könnten sie gar nicht genug davon bekommen, und sie riefen es immer noch, als Awin den Stab längst gesenkt hatte.
    Als sie aufgesessen waren, lenkte der alte Blohetan, der Älteste vom Klan der Ranke, sein Pferd an Awins Seite. »Weißt du, an wen du mich erinnerst, junger Seher?«, fragte er.
    Awin schüttelte den Kopf.
    »Weißt du es wirklich nicht?«, fragte der Alte noch einmal und sah ihn lauernd an.
    »Nein, tut mir leid, ehrwürdiger Blohetan«, erwiderte Awin und fragte sich, warum der Älteste es ihm nicht einfach sagte.
    »An einen Maghai, wie es bei den Dhaniern früher viele gab
und heute nur noch wenige gibt«, erklärte Blohetan umständlich. »Ja, du erinnerst mich an einen der Zauberer dieser alten Geschichten, der mit seinem Stab durch die Lande wandert und seine Wunder vollbringt.«
    »Du bist einem begegnet?«, fragte Awin ehrfürchtig. Die Maghai waren berühmt für ihre geheimnisvolle Kunst. Hatten sie nicht die Dhanier jahrhundertelang erfolgreich vor allen Feinden - auch den Hakul - beschützt?
    »Begegnet? Nein, junger Seher, dieses Glück war mir nicht vergönnt. Doch habe ich viele Geschichten über sie gehört. Mächtig sind sie, das weiß jeder. Und ich hoffe, du bist es auch.«
    Als er davonritt, sah ihm Awin fassungslos hinterher. Er war doch kein Zauberer, nur ein Seher; noch dazu einer, der seit Wochen weder Träume noch Gesichte hatte. Aber es half nichts. Das Wort vom Maghai machte seine Runde. Und am Ende des Tages waren die meisten Krieger überzeugt, dass Awin mit seinem Stab sicher bald ebensolche Taten vollbringen könnte wie die mächtigen Zauberer der alten Sagen.
    »Du weckst falsche Hoffnungen, mein Junge, das solltest du lassen«, meinte Curru, der neben ihm ritt.
    Awin hatte sich gewundert, dass der Alte seine Gesellschaft suchte. Jetzt war ihm klar, dass er wohl nur darauf aus war, ihm den Tag zu verderben. Er zuckte mit den Achseln. »Nicht ich gebe ihnen Hoffnung, sondern der Heolin, und das kann nicht falsch sein. Sieh nur, Curru, der Stein ist schon heller geworden.«
    »Das ist nur die Sonne, die sich in ihm bricht«, knurrte der alte Seher und suchte sich einen anderen Nachbarn im Sger. Awin seufzte. Hinter ihm lachten die Jungkrieger, bei denen sich Wela eingereiht hatte. Er wäre gerne so wie früher mit ihnen geritten oder noch lieber mit der verschlossenen Merege, aber Tuge hatte ihm klargemacht, dass er als der Träger des Lichtsteins
gefälligst vorn bei den Yamanen zu reiten hatte. Und so hatte er nun Eri und Uredh vor sich, zwischen denen von Stunde zu Stunde der Hass größer zu werden schien. Es war keine Nachbarschaft, in der man sich wohl fühlen konnte, aber Awin sah ein, dass er dort vorn gebraucht wurde. Der Heolin wirkte wie eine ständige Ermahnung an die beiden Yamane, es mit ihren kleinlichen Streitereien nicht zu übertreiben.
     
    Am Nachmittag begegneten ihnen einige schwer beladene Wagen. Sie hatten sie schon lange vor dem Zusammentreffen gesehen und sie über die Ebene herankommen lassen. Es waren Hakul, die auf dem Weg zum Sichelsee waren. Ein graubärtiger Alter führte sie an. »Man hatte uns gewarnt, dass Slahan kommen würde. Wir wollten es nicht glauben, und als wir es endlich doch taten, war es schon zu spät. Die Göttin hat viele von uns geholt«, erklärte der Alte verbittert. Er lehnte rundweg ab, Krieger an ihren Sger abzugeben, als Eri ihn dazu aufforderte: »Es ist noch weit bis zum Sichelsee, und das Land ist voller Wölfe. Soll ich ihnen Frauen und Kinder zum Fraß vorwerfen? Nein. Dieser Klan hat genug Köpfe verloren.«
    »Es ist wohl besser, dass sie ihre Krieger mitnehmen«, meinte Eri verdrossen, als sie die Wagen hinter sich gelassen hatten. »Sie waren so voller Angst, dass sie uns kaum genutzt hätten.«
    Awin konnte in Uredhs Gesicht lesen, für wie töricht er Eri hielt. Aber der Yaman überging die Bemerkung und sagte: »Ich kenne den Ort, den der Alte als ihr Lager beschrieben hat. Er liegt nordöstlich, aber wenn Slahan dort vor fünf Tagen war, wie er sagte, dann kommen wir zu spät, um ihr den Weg abzuschneiden, dann ist sie schon irgendwo im Süden, vielleicht schon auf Horkets

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