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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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dass dem Bogner etwas auf der Seele lag, er ahnte auch, was es war. »Du glaubst, dass es nicht klug ist, ins Ahnental zu gehen?«
    Tuge schwieg, aber Awin bohrte weiter: »Es war aber der Entschluss unseres Yamans.«
    Der Bogner warf ihm unter seiner Kapuze einen düsteren Seitenblick zu. »Der zerbrochene Schild. Wir hätten ihn gleich fallen lassen sollen, dann wäre Eri gar nicht erst Yaman geworden.«
    Awin schwieg überrascht. Er hätte nie gedacht, dass der Bogner sich offen gegen Eri erklären würde. Aber Tuge hatte recht, Eri hatte das Erbe seines Vaters erst in dem Augenblick angetreten, als er das Feuer ganz umrundet hatte. So sagte es das Gesetz. Es kam vor, dass die Schildträger ungeschickt waren und der Anwärter bei der Umrundung des Sippenfeuers stürzte, dann musste das ganze Ritual wiederholt werden. Stürzte ein Anwärter gar zweimal, so waren die Ahnen gegen ihn, und er durfte nicht Yaman werden. Es gab jedoch kein Gesetz für den Fall, dass der Ehrenschild zerbrach, wenigstens keines, das Awin gekannt hätte.
    »Weißt du, was die beiden vorhaben?«, fragte Tuge, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander geritten waren.
    »Wer?«, fragte Awin, aus seinen Gedanken gerissen.
    »Eri und Curru. Sie wollen doch nicht aus Sehnsucht nach Horket ins Ahnental. Oder haben sie vergessen, dass es Heredhan Horket war, der unseren Sger am Glutrücken ins Verderben stürzte?«

    »Ich weiß es nicht genau, Tuge«, wich Awin aus, »aber es ist mir auch gleich. Ich werde den Heredhan auffordern, uns zu begleiten.«
    »Du willst ihn auffordern ?«, fragte Tuge verblüfft.
    »Natürlich. Ich werde ihn nicht bitten, denn dann würde er nur irgendeine Gegenleistung verlangen. Nein, er ist der Heredhan, der höchste Fürst der Schwarzen Hakul, er ist doch geradezu verpflichtet , uns zu helfen.«
    Tuge lachte leise. Dann schüttelte er den Kopf und erwiderte: »Irgendwie habe ich Zweifel, dass Horket das ebenso sieht. Ich freue mich, dass du einen Plan hast, aber ich denke, dass du nicht der Einzige bist.« Bei dieser Bemerkung warf der Bogner einen vielsagenden Blick zurück. Awin drehte sich um. Ganz am Ende des Zuges sah er Merege. Den Mann neben ihr erkannte er sofort, obwohl er sich unter einer Kapuze vor dem Regen duckte. Es war Curru auf seinem Schimmel. Es sah aus, als würde er mit der Kariwa reden. Awin nagte an seinen Lippen. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Er wollte sein Pferd wenden, doch Tuge fiel ihm in die Zügel. »Besser, du wartest bis zur nächsten Rast. Wir wollen doch den anderen Sippen nicht das Schauspiel eines offenen Streites zwischen unseren Sehern bieten, oder?«
     
    Gegen Abend stemmten sich die ersten kahlen Hügel aus der Ebene, ein Zeichen, dass sie sich ihrem Ziel näherten. Awin sah es mit gemischten Gefühlen. Es mochte sein, dass er hier geboren war, aber das Land empfing ihn mit kaltem Wind und einem strömenden Regen, in dem die Hakul fluchend ihre Zelte aufschlugen.
    »Der Frost war besser als das«, brummte Tuge, und Awin kam nicht umhin, ihm zuzustimmen. Schlamm und Wasser drückten sich durch die Decken, die sie zum Schlafen ausbreiteten,
und es war schwierig, ein Feuer zu entzünden. Bald zog beißender Rauch durchs Lager, denn die Hügel waren so niedrig, dass sie nicht einmal Schutz vor dem lästigen Wind boten. Awin fand Merege etwas abseits des Lagers auf einer der Anhöhen. Sie hatte ihr Gesicht zum Himmel erhoben, und ihre helle Haut glänzte vom Regen.
    »Du solltest dir etwas überziehen«, rief Awin.
    Merege lächelte. »Dieser Regen ist anders als bei uns. Bei uns ist er schwer und kalt, und du kannst das Meer schmecken. Dieser hier schmeckt nach Frühling.«
    »Frühling? Wir sind mitten im Frostmond, und ich kann mir schon gar nicht mehr vorstellen, dass es einmal wieder warm werden wird.«
    »Ja, mir ist aufgefallen, dass ihr Hakul Frost und Regen nicht mögt.«
    »Wer mag diese beiden schon? Der Regen kommt immer nur, wenn er nicht willkommen ist. Wir würden ihn feiern und verehren, wenn er einmal in den staubigen Sommermonden zu uns käme. Aber jetzt, im Winter? Niemand braucht ihn. Und er kommt viel zu früh, um den Frühling anzukündigen.«
    »Vielleicht nicht für diese Hügel, aber der Wind kommt aus dem Süden, und da ist das Ende des Winters schon zu ahnen.«
    »Das wird die im Süden sicher freuen«, murmelte Awin.
    Merege streckte die Hände aus. Ihr schwarzes Gewand war völlig durchnässt und klebte an ihrem schlanken Körper. »Bei

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