Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
den Grund für seine Eile und blieb stehen.
    Getwin genoss offensichtlich die Aufmerksamkeit, die er erregte. Er rief laut: »Dass ihr das einen Sieg nennt, wundert mich nicht, denn euer Klan ist arm an ruhmreichen Schlachten. Es erstaunt mich aber, dass der Heredhan euren ehrlosen Klan nicht schon längst aus der Gemeinschaft unseres Stammes ausgeschlossen hat. Ich jedenfalls spucke auf euch!« Und tatsächlich spuckte er auf den Boden.
    Ein junger Reiter sprang vom Pferd, lief auf den Mann zu
und zog seinen Dolch aus dem Gürtel. Getwin grinste immer noch breit. Wahrscheinlich fühlte er sich sicher unter dem Schutz des Fehdeverbots, und offenbar kam ihm der Gedanke, dass dieser Hakul sich nicht darum kümmerte, erst als es schon zu spät war. Eine schnelle Bewegung, ein erstickter Schrei, und Getwin brach tot zusammen. »Hakul!«, rief sein Mörder, und »Hakul!«, jubelten seine Sgerbrüder.
    »Was hast du getan?«, rief Awin entsetzt.
    »War der Mann von deiner Sippe?«, fragte der Krieger ruhig zurück.
    Awin schüttelte den Kopf.
    »Dann sollte es dich nicht kümmern.« Der Krieger kniete nieder und tauchte seinen Dolch noch einmal in das Blut des Toten. Dann schloss er die Augen und murmelte die Blutgebete, um die Kraft seines Feindes auf sich zu übertragen. So kniete er noch, als Isgi mit seinen Leuten heraneilte.
    »Das Fehdeverbot?«, rief der Yaman erstaunt, als ihm Isgi die Lage erklärte. »Ich hörte, es gilt erst, wenn man es bei den Göttern schwört.«
    »Ich weiß, dass der Klan der Dolche nicht den besten Ruf hat, Yaman Skian«, rief Isgi zornig aus, »aber selbst ihr solltet doch wohl wissen, dass im Ahnental bei der Großen Versammlung von alters her die Waffen ruhen.«
    »So war es früher, doch ich berufe mich auf das neue Gesetz des Heredhans«, entgegnete der Yaman wütend.
    »Das dem alten nicht widerspricht, Yaman!«, rief Isgi ungehalten und fuhr fort: »Dein Sgerbruder wird schon bald merken, wie sehr es noch gilt, denn er hat sein Leben verwirkt.« Isgis Männer hatten den Täter ergriffen. Dieser ließ es mit ungläubigem Staunen über sich ergehen.
    »Mit seinem Leben? Wer sagt das?«, rief der Yaman aufgebracht. Einige seiner Sgerbrüder zogen ihre Waffen.

    »Dies ist das Ahnental, Yaman Skian von den Schwarzen Dolchen. Hier ist das Wort des Heredhans Gesetz. Oder zweifelst du daran?«
    Viele weitere Hakul waren herangekommen. Skian sah Isgi finster an. »Du sagst selbst, dass der Heredhan das Gesetz ist, und er verlangt einen Eid für den Fehdefrieden. Mein Bruder Kenak hat demnach nichts Unrechtes getan. Das sollte der Heredhan wissen, wenn er es wagt, über ihn zu urteilen.«
    »Dieser Mann ist dein Bruder? Nun, ich werde es Heredhan Horket berichten, und er wird es berücksichtigen, wenn er bei Sonnenaufgang sein Urteil fällt.«
    »Bei Sonnenaufgang? Ich werde dort sein und für Kenak sprechen.«
    »Ich weiß nicht, ob der Heredhan Zeit hat, dich anzuhören, Yaman Skian.«
    »Das sollte er, wenn er uns nicht zu seinen Feinden zählen möchte«, entgegnete der Yaman düster. »Richte ihm dies von mir aus, Isgi.«
    Inzwischen waren noch mehr von Isgis Männern aufgetaucht und hielten Kenak fest, während seine Sgerbrüder weiterritten. Awin konnte im Gesicht des Mörders keine Spur von Reue oder Sorge sehen, nur Stolz.
     
    Awin hatte das Geschehen verfolgt. Irgendetwas sagte ihm, dass dies noch wichtig werden könnte. Aber jetzt hastete er weiter, denn er hatte schon genug Zeit mit diesem unseligen Zwischenfall verloren. Er musste Merege warnen. Er fand sie nicht an ihrem Lagerfeuer, an dem nur der junge Mabak saß und schläfrig Wache hielt, sie war auch nicht an dem Steinkegel, an dem er sie am Abend getroffen hatte. Er fragte die beiden Wächter nach der Fremden, aber sie hatten sie schon vor längerer Zeit aus den Augen verloren. Er ging zu den Pferden,
aber Wereks Krieger, die sie bewachten, hatten die Kariwa nicht gesehen. Er fand sie auch nicht in dem Zelt, das sie mit Wela teilte. Die Schmiedin lag allein dort, und ihr ruhiger Atem verriet ihm, dass sie schlief. Er dachte daran, sie zu wecken und sie für das, was er gesagt hatte, um Verzeihung zu bitten, aber dann verschob er das auf den nächsten Morgen.
    Plötzlich, und er hätte nicht sagen können, woher, kam ihm der Gedanke, dass Merege vielleicht am heiligen Kreis sein könnte. Es war Fremden verboten, zwischen Marekets heilige Steine zu treten, doch sie hatte die Säulen schon am Tag mit einem seltsam

Weitere Kostenlose Bücher