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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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rannte er weiter. Er rief ihren Namen. Sie blickte kaum auf, sondern schien ganz in die Betrachtung des Wassers vertieft.
    »Merege, schnell«, keuchte Awin. Lärm schallte über die Hügel. Ein lautes »Hakul!« aus hunderten Kehlen verriet ihm, dass der Kampf nun begonnen hatte. Merege gab ihm keine Antwort. »Wenn wir Eri nicht helfen, wird Horket ihn töten«, rief er, immer noch nach Luft ringend.
    »Und du glaubst, das kümmert mich?«, fragte Merege gelassen. »Vergiss nicht, dieser Knabe hat versucht, mich umzubringen. Das ist noch nicht sehr lange her.«
    »Ich weiß«, keuchte Awin, »aber wenn Horket ihn erledigt hat, bin ich vermutlich der Nächste. Der Heredhan weiß, dass ich Kawets Sohn bin.«
    »Woher weiß er das? Hat Curru ihm das verraten?«, fragte die Kariwa beiläufig. Sie streckte ihre Hand ins kalte Wasser und sah zu, wie es ihre schlanken Finger umspülte.
    »Ich habe es ihm gesagt!«, rief Awin ungeduldig. »Nun komm, sonst bringt Horket den Lichtstein an sich.«
    »Er wird ihn nicht behalten können, wenn ich es nicht will, Awin«, lautete die ruhige Antwort.
    »Ich bin sicher, Isgi weiß das, und ich bin noch sicherer, dass Isgi auch für dich etwas vorbereitet hat. Vermutlich für alle, die mit mir ritten«, drängte Awin.
    »Und nun willst du, dass ich Horket töte? Das kannst du nicht von mir verlangen.«
    Laute Rufe wurden über den Hügel geweht. Offenbar hatte einer der Kämpfer einen guten Schlag gelandet. Awin schüttelte den Kopf. »Nein, niemand verlangt das, nur ein wenig Kraft sollst du ihm nehmen. Damit Eri gewinnen kann.«
    »Das ist nicht viel besser als Mord«, erwiderte Merege
unwillig. Sie war immer noch in die Betrachtung ihrer Hand vertieft.
    »Das weiß ich, Merege. Aber wenn das da unten schiefgeht, wirst du weit mehr als einen Menschen töten müssen, um noch einmal an den Lichtstein heranzukommen.«
    Jetzt blickte sie auf. Ihre blassblauen Augen verengten sich, dann nickte sie und sprang auf. »Du hast recht, Seher, aber ich denke, wir werden auf jeden Fall kämpfen müssen, um den Heolin wiederzuerlangen, gleich, wer jetzt da unten siegt. Denk an meine Worte.«
    Wieder wurden aufgeregte Rufe, Johlen und Brüllen über die Hügelkette geweht. Der Kampf musste in vollem Gange sein. Merege sprang über den kleinen Bach, und dann eilten sie gemeinsam den Hügel hinauf. Oben blieben sie beide stehen. Die Nebel schienen dünner zu werden. Sie sahen die Steinsäulen aus dem Dunst ragen.
    »Kannst du von hier …?«, fragte Awin.
    »Nicht, wenn ich nichts sehe.«
    »Dann schnell!«, rief Awin. Sie rannten ins Lager hinab. Die Menge schrie auf.
    »Wie nah musst du heran?«, fragte Awin.
    »Je näher, desto besser«, antwortete Merege.
    »Besser wofür?«, fragte eine schrille Stimme. Ihr Lauf endete plötzlich, denn Isgi versperrte ihnen den Weg, und er war nicht allein. Zwei seiner Krieger waren bei ihm. Einen erkannte Awin als den Jäger wieder, der ihn in der Nacht zu Isgi gebracht hatte.
    »Nicht beim Kampf, Isgi?«, fragte Awin, der versuchte, die Lage abzuschätzen. Waren noch mehr Männer im Nebel versteckt?
    Schreie vom Steinkreis zeigten, dass dort wieder etwas geschah, doch da sie so schnell verebbten, wie sie aufgestiegen waren, hoffte Awin, dass es noch nicht entschieden war.

    »Horket spielt mit deinem Yaman, Seher - oder sollte ich sagen, deinem ehemaligen Yaman? Der Knabe ist bereits tot, er weiß es nur noch nicht.«
    »Eri ist zäh«, entgegnete Awin vorsichtig. Isgi hatte nur zwei Männer mitgebracht. Entweder hatte er eine Überraschung für sie, oder er wusste nicht, wie stark Merege war. Die beiden Krieger legten die Hände an ihre Schwerter. Awin hatte nicht einmal einen Dolch. Aber neben ihm stand Merege.
    »Ich habe dich gesehen, Awin«, sagte Isgi lächelnd. »Ich war erst nicht sicher, doch als ich sah, dass der Knabe den Trunk ausschlug, den ich ihm vorbereitet hatte, da wusste ich, dass dein Geist in mein Zelt eingedrungen ist.«
    »Ich bin ein Seher, Isgi, und du bist ein Giftmischer«, entgegnete Awin ruhig.
    »Ich verstehe mich auf Kräuter, aber auch auf Menschen, mein Junge. Ich wusste, du würdest eine unsinnige Entscheidung fällen. Und nun willst du diese Zauberin an den Steinkreis bringen? Ein erneuter Frevel.«
    Die Menge johlte und brüllte. Awin kannte die Hakul. Sie hatten vermutlich vergessen, was auf dem Spiel stand. Für sie war es wohl nur noch ein spannender Kampf auf Leben und Tod.
    »Stimmt es, was man sagt, Kariwa? Dass dein

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