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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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und Merege schien sich ein wenig zu entspannen. Sie lächelte flüchtig und sagte: »Das Meer ist nicht immer hier, Awin von den Hakul. Eine Springflut hat sich weit ins Marschland ergossen und uns gezwungen, hier zu rasten. Die Ebbe hat jedoch schon wieder eingesetzt, und wir werden bald weiterziehen können.«
    »Springflut«, murmelte Awin und blickte auf das graue, unruhige Wasser, das den Hügel umspülte.
    »Du hast mir nicht gesagt, dass es so beeindruckend ist, Awin«, sagte Wela, die plötzlich neben ihm stand. Und als sie seinen verständnislos fragenden Blick sah, setzte sie fort: »Du hast mir einmal erzählt, wie du am Schlangenmeer warst, auf deiner Reise des Geistes. Aber du hast nie gesagt, wie … groß das Meer ist.«
    Awin runzelte die Stirn. In Welas Augen lag Trauer, und das weckte eine Erinnerung in ihm. »Ich … ich habe dich weinen hören auf meiner Reise, Wela, Tuwins Tochter.«
    Ihr Blick wurde noch trauriger. »Ach, Awin, ich wollte, ich hätte diese Stadt nie gesehen. Karak, Dare und so viele andere von uns sind dort geblieben.«
    Awin erbleichte. Seine Verwirrung schwand allmählich, aber
sie schuf Platz für schreckliche Gewissheiten. Es gab ihm einen Stich. »Ich war dort«, stieß er hervor. »Der Kampf, das Feuer. Ich war dort, aber ich konnte euch nicht helfen.«
    Mahuk Raschtar räusperte sich und sagte: »Yeku hat dich gesehen. Er sagt, du willst, dass wir im Tempel bleiben. Aber Yaman Jeswin hört nicht auf uns.«
    »Jeswin!«, rief Awin. Wieder trat ihm ein Bild vor die Augen: Der leblose Reiter, den sein Pferd über die blendend helle Ebene davontrug.
    »Er ist gefallen, Yaman Awin«, sagte Mabak leise. »Ebenso wie Dare und Karak. Auch viele vom Roten Wasser haben es nicht geschafft. Ich weiß nicht, ob sie alle gefallen oder nur verwundet oder verschollen sind, aber nicht viele von uns sind über den Fluss gekommen.«
    »Karak«, flüsterte Awin. Er drehte sich um. Zwei Feuer brannten in der Hütte. Am ersten saß Tuge, der jetzt aufblickte und sagte: »Gefallen, Awin, gefallen. Wir haben Schlimmes erlitten in dieser verfluchten Stadt, und mein eigener Sohn Karak …« Der Bogner verstummte, rang um Fassung, stand plötzlich auf und verschwand durch eine Pforte. Die hölzerne Tür lag verbrannt auf dem Boden. Sie zerbrach unter dem Schritt des Bogners. Awin schluckte. »Am besten, du erzählst mir, was geschehen ist, Mabak«, sagte er leise.
    »Trink das, hilft«, meinte Mahuk, der ihm einen stark riechenden Kräutersud reichte.
    Awin nahm den Becher. Er fühlte sich immer noch schwach.
    Mabak räusperte sich. »Es gab einen fürchterlichen Kampf, Yaman Awin«, begann er. »Die Akradhai erhoben sich in der ganzen Stadt gegen die Hakul. Männer, Frauen und selbst Kinder griffen auch uns an, kaum dass wir den Tempel verlassen hatten. Sie hatten wenige Waffen, aber viel Mut, und unsere Stammesbrüder waren sorglos oder betrunken, oder
beides. Ich glaube nicht, dass außer uns noch viele aus Karno herauskamen. Und wir hätten es auch nicht geschafft, wenn Merege von den Kariwa uns nicht mit Donner und Blitz den Weg gebahnt hätte.« Die Erinnerung an ihren hellen Ruf durchzuckte Awin. Sie hatte den Namen des Totengottes angerufen. Jetzt stand sie dort draußen vor der Hütte, mit Norgis. Awin hätte gerne gehört, was diese beiden Frauen zu besprechen hatten.
    »Mahuk Raschtar schlug Yaman Jeswin vor, sich in den Tempel zurückzuziehen«, fuhr Mabak fort. »Ich weiß nicht, ob das ein guter oder ein schlechter Rat war. Die halbe Stadt brannte, und das Atmen war schwer in Rauch und Qualm. Aber der Tempel war aus Stein. Jetzt, da ich weiß, dass du dem Raschtar, oder vielmehr Yeku dazu geraten hast, und da ich weiß, wie unsere Flucht endete, denke ich, wir hätten deinem Rat folgen sollen. Aber Jeswin wollte davon nichts hören. Er führte uns hinunter zum Hafen, denn er wollte auf der Fähre über den Fluss. Nun, der Gedanke war gut, doch die Fähre war fort, und alle Boote brannten, und ich verstehe immer noch nicht, wie das Feuer, das nur in der Stadt wütete, sie erreichen konnte.«
    Awin wusste es. Suog, der eigentlich Curru war, hatte die Boote in Brand gesteckt - und die Stadt vermutlich auch, doch warum? Das war etwas, worüber er nachdenken musste. Zunächst aber lauschte er weiter Mabaks Erzählung.
    »Es war Merege, die uns riet, Pallwes Floß zu besteigen, doch das war leichter gesagt als getan. Jeswin hatte schon auf dem Marktplatz eine schwere Wunde erhalten, und auf

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