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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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sich durch das dichte Blattwerk. Mein Bruder, mein Bruder , rief eine Stimme, die Awin bekannt vorkam. Feuer umhüllte ihn. Die Bäume hatten sich in brennende Balken verwandelt. Hütten versanken in Qualm und Rauch. Jemand schrie in Todesqualen. Awin taumelte die Gasse entlang, zwischen Männern hindurch, die in tödliche Zweikämpfe verstrickt waren. Hierher, Tuge , rief jemand.

    Awin sah Reiter auf dem Platz. Wela war da, und Merege verteidigte einen leblosen Körper mit ihrem Schwert. Es war seiner. Die Kariwa hob ihn mit Mabak auf den Rücken eines Falben. Plötzlich war Karak dort und wehrte einen Schlag mit dem Schild ab, der sonst die Kariwa getroffen hätte. Awin sah Merege lächeln. Und er sah Karak, der das Lächeln erwiderte und plötzlich vornübertaumelte. Rauch nahm Awin für einen Augenblick die Sicht. Dann erschien plötzlich Merege, sie stand inmitten von Feuer und Qualm und hielt den leblosen Karak in den Armen. Beinahe zärtlich strich sie ihm das Haar aus dem Gesicht. Ein gequältes Stöhnen fuhr Awin durch Mark und Bein. Tuge stand plötzlich neben ihm, streckte eine Hand nach seinem gefallenen Sohn aus und schluchzte auf. Neben ihm wurde ein Hakul von einem großen Stein getroffen, und dann sprangen Männer von den Dächern auf die Reiter hinab, rissen sie von den Pferden und versuchten, sie zu töten. Ein gefiederter Schatten fiel auf sie.
    Awin wich zurück, plötzlich war er in einer Schlucht. Er kannte sie. Das war die Schlucht, in der Elwah der Träumer mit seinen Söhnen ermordet worden war, die Schlucht, aus der der Lichtstein geraubt worden war. Die Felsen warfen lange Schatten auf den Grund. Dahinter war blendende Helle. Und aus dem Licht trat Uqib hervor und streckte die Hand nach ihm aus. Awin drehte sich um und rannte - rannte, so schnell er konnte. Er versuchte zu denken. Ewig würde er dem Seelenverweser nicht entkommen können. Er musste sich etwas überlegen, aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Doch wenn sein Geist sich verwirrte, würde Uqib leichtes Spiel mit ihm haben. Die Schlucht endete, und Awin stolperte ins Licht hinaus.
    Ein Mann schrie, und Awin sah einen Hakul getroffen vom Pferd sinken. Es war so hell, als würde er in die Sonne blicken,
und er konnte kaum etwas erkennen. Da waren Umrisse, Schatten, kämpfende Krieger. Gleißende Klingen bahnten sich einen Weg durch eine Mauer aus Feinden. Mahuk Raschtar war da, der mit seinem Stock einen Mann zur Seite stieß und Awin etwas zurief. Aber nein, sein Ruf galt nicht Awin, sondern Jeswin, der sich die blutende Seite hielt und jetzt den Kopf schüttelte. Nicht in den Tempel , brüllte er, und: Raus aus der Stadt!
    »Jeswin, nein!«, rief Awin, aber sein Ruf blieb ungehört, und als er die Hand nach dem Yaman ausstreckte, verschwand die Stadt, und Awin fand sich auf einer weiten Ebene wieder. Er konnte kaum etwas sehen, so hell brannte das Licht in seinen Augen. Er spürte eine leichte Erschütterung des Bodens und drehte sich um. Ein Reiter. Sein Pferd keuchte und stöhnte in vollem Galopp. Awin erstarrte, schon flog das Pferd dicht an ihm vorüber. Der Reiter. Seine Arme hingen schlaff herab, er saß kraftlos im Sattel, und seine toten Augen waren weit aufgerissen. Das Pferd stürmte davon, löste sich auf in der gleißenden Ebene. »Jeswin!«, rief Awin.
    Ein Pferd bäumte sich dicht vor ihm auf. Awin stolperte einige Schritte zurück und fand sich plötzlich wieder inmitten der Kämpfenden. Er sah Äxte, Dreschflegel, Schwerter, darunter schattenhafte Leiber. Er konnte den Blick nicht abwenden, obwohl ihn das grelle Licht blendete. Dann hörte Awin eine Stimme, die den Namen des Totengottes anrief. Uo Jega , rief sie, und Blitz und Donner folgten. Awin wandte sich halb erblindet ab. Merege hatte Uo gerufen, und wenn der Totengott erschien … Awin stolperte plötzlich durch einen Gang, beleuchtet von einem seltsamen Schimmer. Er war unter der Erde. Knochen ragten aus der Wand. Uos Mund , dachte Awin und rannte. Warum wurde es nicht dunkler? Er drehte sich nicht um. Er wusste den Seelenverweser dicht hinter sich, hörte das Rauschen seiner Rabenschwingen. Aber waren die Gänge
der versunkenen Stadt nicht zerstört worden, damals, als sie Slahan vertrieben hatten? Awin rannte schneller. Oder bin ich so tief unter der Erde, dass ich gleich Uos Reich betreten werde? Er musste zurück. Seine Gefährten! Er musste ihnen doch irgendwie helfen!
    Um ihn war Wasser. Awin trieb auf dem Rücken im Fluss. Der Strom trug

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