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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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verzweifelt nach seinem Bruder gerufen hatte, und jetzt wusste er, dass es Limdin gewesen war. Dieser saß mit düsterer Miene dort am Feuer und wandte sich nun Awin zu. Sein rechtes Auge war unter einem Verband verborgen und sein Gesicht von einer schlimmen Brandwunde gezeichnet.
    »Er kämpfte an meiner Seite, Yaman«, sagte der Krieger. »Du erinnerst dich, dass wir dir auf den Stufen des Tempels sagten, dass weder im Guten noch im Schlechten jemand zwischen uns treten könne? Ich habe es wirklich geglaubt, doch ich habe nicht an den Tod gedacht. Er trennte uns und nahm mir die Hälfte meines Lebens. Ich hoffe, ich werde Dare einst auf Marekets Weiden wiedersehen, doch nun habe ich ihn verloren. Es geschah in einer brennenden Hütte, in die es uns beim Kampf verschlagen hatte. Sie stürzte ein.« Der Krieger stockte, dann sagte er düster: »Ich entkam. Dare nicht.«
    Awin starrte ins Nichts. Wohin hatte er seinen Sger nur geführt? Der Tod hatte schon mehr als die Hälfte von ihnen geholt. Auch Karak und Dare. Er schloss die Augen.
    Mabak seufzte. »Jedenfalls hat Merege uns weiter geführt. Und es ist gut, dass sie dieses Land kennt, wenn ich das sagen
darf. Sonst würden wir vielleicht hier nicht sitzen, und du müsstest alleine durch dieses traurige Land ziehen, um Eri aufzuhalten.«
    »Die Springflut, Awin«, erklärte Wela. »Die Kariwa wusste, wie hoch das Wasser noch steigen würde, und sie hat uns genötigt, hier zu rasten, als wir anderen uns noch fragten, warum sie eine Handbreit Wasser unter den Hufen unserer Pferde so fürchtet. Nun wissen wir es.« Ihre Miene verdüsterte sich. »Ich weiß jedoch nicht, ob Eri ebenfalls über eine so kundige Führerin gebietet«, fuhr sie fort. »Also frage ich mich, ob unsere Brüder nun alle zugrunde gegangen sind.«
    Awin legte Wela die Hand auf den Arm. »Ihre Pferde sind schnell, und ich bin sicher, es ist ihnen nichts geschehen«, versicherte er, obwohl im gleichen Augenblick ein düsteres Bild vor seinem inneren Auge wieder auftauchte, ein Bild, das er auf seiner Reise und schon in seinen Träumen gesehen hatte: Pferde, die neben ihren Reitern tot im Wasser trieben. Wela rückte ein Stück von ihm weg, vielleicht spürte sie, dass er sie wider besseres Wissen zu trösten suchte. Ore Praane saß neben ihr, nahm nun ihre Hand und flüsterte ihr Trost zu. Vielleicht hätte Awin froh darüber sein sollen, dass der Ore Wela Mut zusprach, aus irgendeinem Grund war er es jedoch nicht.
    Tuge kehrte zurück und setzte sich ans Feuer. Er schien sich wieder gefangen zu haben. »Nun, Seher«, sagte er grimmig, »ich hoffe, du hast etwas gesehen, das unsere Opfer rechtfertigt.«
    Awin zögerte mit seiner Antwort. Dann sagte er: »Rechtfertigen? Ich weiß es nicht. Ich habe viel gesehen, und manches davon wird nützlich sein, aber vieles war auch eine Qual, Tuge.« Er suchte nach den richtigen Worten: »Ich sah euch kämpfen und konnte nicht helfen«, begann er. »Ich sah das Feuer und
diesen schrecklichen, sinnlosen Kampf. Ich sah auch, wer dieses Verhängnis über uns und die Stadt Karno gebracht hat.«
    Lamban schnaubte verdrossen. »Suog war es, wir haben sie diesen Namen immer wieder brüllen hören«, rief er.
    Awin nickte. »Suog. Unter diesem Namen hat er die Akradhai zum Kampf angestiftet. Aber dieser Suog hat sie ebenso verraten wie uns, denn er war es, der eigenhändig Feuer an die Boote und in die Hütten legte. Doch ist er kein Daimon oder böser Geist, wie die Ackerleute glauben. Es ist jemand, den wir kennen, denn er ritt einst an unserer Seite.« Awin wandte sich Tuge zu. Der Bogner hatte die Stirn in Falten gelegt. Vielleicht ahnte er schon, was Awin jetzt enthüllte: »Es ist Curru. Curru der Seher, der sich in Wolfsfelle gehüllt als Suog ausgibt. Curru, mein ehemaliger Lehrer, der zweimal versucht hat, mich zu töten, und der so verblendet ist, dass selbst Eri ihn nicht mehr an seiner Seite ertrug, sondern verstieß.«
    Awins Gefährten nahmen die Nachricht mit Bestürzung und Unglauben auf.
    »Ein Hakul aus deinem Klan ist für dieses Unglück verantwortlich, Yaman Awin?«, fragte Lamban bitter.
    Wela sprang auf: »Hast du nicht zugehört, Lamban von den Pferden? Es ist ein Verstoßener, und er war ein Reiter des Klans der Berge, und nie des Klans der Dornen!«
    »Curru?«, fragte Tuge mit gepresster Stimme. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, und in seinen Augen brannte Hass.
    Awin nickte. »Ich weiß nicht, warum er das getan hat, Tuge.

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