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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hast du das vergessen?«
    Awin lächelte flüchtig. Er hatte seinerzeit selbst lange gebraucht, um sich daran zu gewöhnen. Er blickte hinab. Bei den Yamanen war etwas in Bewegung geraten. Eine Gruppe löste sich aus der Versammlung und kam die Rampe herauf. Sie gingen zu Fuß, was Awin aus unerfindlichen Gründen für ein gutes Zeichen hielt. Er wandte sich an Merege: »Wie es aussieht, sind die Hakul uneins darüber, was nun geschehen soll.«
    »Die Kariwa ebenso«, entgegnete Merege ernst. »Die Wächter aus Kalve und Burnis sind mit ihren Kriegern endlich in Narwa eingetroffen. Ich habe ihnen Boten geschickt, damit sie dort bleiben und keine Kämpfe mit den Hakul beginnen, doch können wir den Frieden nicht halten, wenn die Hakul es nicht auch tun.«
    Awin nickte. »Ich werde wohl gleich mit ihnen reden. Tuge hat behauptet, dass sie neuerdings Wert auf meine Meinung legen.«
    Merege lächelte schwach. »Das will ich doch hoffen.« Ihr Blick schweifte zu den Scheiterhaufen, die Kariwa und Hakul gemeinsam aufschichteten. Awin sah die toten Krieger und
dazwischen junge Gesichter. Er erkannte das Mädchen, das ihn nach den Seeschlangen gefragt hatte, und erbleichte. »Die Anwärter?«, fragte er.
    »Nur eine Handvoll haben es überlebt«, antwortete Merege bekümmert. »Wir werden sie mit den Kriegern im Feuer bestatten. Norgis hat für heute und morgen einen Waffenstillstand mit den Hakul ausgehandelt. So können beide Seiten wenigstens ihre Toten verbrennen.«
    Awin nickte. Dann fragte er: »Norgis? Sie ist noch hier?«
    »Sie ist dort drüben irgendwo. Sie hat angeboten zu bleiben, bis die Hakul abziehen.«
    »Sie hat uns gerettet«, stellte er schlicht fest. »Es waren ihre Wölfe, Zauberwölfe, die die Xaima zerrissen haben.«
    »Sie hat auch Ragin getötet«, entgegnete Merege ernst.
    »Ich weiß«, sagte Awin. »Dieser Narr wollte sie festnehmen«, fügte er vorsichtig hinzu.
    »Ich hörte davon«, meinte Merege kühl. Dann fuhr sie nachdenklich fort: »Einer der Anwärter fragte mich, ob Norgis uns nun führen würde.«
    Der Gedanke erschien Awin naheliegend. »Was hast du geantwortet?«
    »Ihr Weg ist nicht der unsere, Awin, und er darf es nicht werden!« Für einen Augenblick war Zorn in ihren Augen aufgewallt, aber dann beruhigte sie sich und sagte: »Ragin war dem Amt nicht gewachsen, und es war ein Unglück, dass wir es auf diese Weise erfahren mussten. Aber nein, sie wird hier nicht bleiben können. Außerdem bezweifle ich, dass sie das überhaupt will.«
    Die Yamane waren unterdessen näher gekommen, würdevolle Männer mit ernsten Mienen, die gleichwohl verlegen schienen. Awin entdeckte zwei bekannte Gesichter. Da war Uredh von der Schwarzen Faust, den er seit dem Sichelsee
kannte. Der Sprecher der Yamane war jedoch der einarmige Dheryak, der schon Eris Vorgänger gedient hatte. Vor der Schlacht von Pursu hatte er die Verhandlungen für die Eisernen Hakul geführt. Er ersuchte höflich darum, mit Awin, dem berühmten Seher und Yaman, sprechen zu dürfen. Awin versuchte, sich ein Grinsen zu verkneifen. Es war zu verrückt. Gestern noch war er für die treuen Anhänger Eris der geächtete Abtrünnige gewesen, nun suchten sie seinen Rat. Aber natürlich musste er mit ihnen sprechen. Sie entfernten sich ein wenig von den anderen, dann stellte Dheryak seine Begleiter einzeln vor, bevor er umständlich und weitschweifig auf ihre Lage zu sprechen kam: »Wir sind fern der Heimat, und viele unserer Männer sind des Kämpfens müde, Yaman Awin. Aber wir sind auch wohl bewaffnet, und unser Heer hat sein Lager in einem reichen Land aufgeschlagen. So will nun ein Teil des Heeres nichts weiter als nach Hause, doch viele wollen nicht mit leeren Händen heimkehren, nicht, wenn doch lohnende Beute zum Greifen nahe liegt. Wir Yamane selbst können uns nicht einigen, und kein Tiudhan ist da, der uns sagt, was zu tun ist. Also hoffen wir, dass der Seher vielleicht ein Zeichen gesehen hat, das uns den weiteren Weg weisen möge.«
    Awin hörte sich Dheryaks Rede geduldig an. Dann fragte er: »Was sagen denn eure eigenen Seher, Yaman?«
    »Sie sind uneins wie wir, und sie verstehen die Zeichen dieses fremden Landes nicht«, lautete die verlegene Antwort.
    »Ich selbst habe viele Zeichen gesehen, Dheryak. Die meisten zeigten mir das Ende der Welt, herbeigeführt von beutegierigen Hakul. Deshalb lautet mein Rat an euch: Kehrt um. Nehmt eure Krieger und reitet heim, so schnell ihr es vermögt. Und wer von euren Männern nun

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