Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
Augen tanzte immer noch der weiße Schatten vor dem dunklen Abgrund und zuckte vor und zurück. Ich versuchte die Lider zu öffnen. Das Licht tat mehr weh als der Schlag der Tür gegen meine Hand.
    »Du hast das Eingangstor offen gelassen«, sagte ich. »Gott weiß wer hätte reinkommen können.«

    »Man kann sich auf niemanden mehr verlassen«, sagte Friedrich von Rechberg und warf Seitenblicke auf die Männer, die mit ihm gekommen waren. Sie starrten Löcher in die Luft und bemühtensich, sich nicht angesprochen zu fühlen. »Meine Güte … dann geht wieder an die Arbeit.«
    Er zuckte mit den Achseln und zupfte an meinem Wams, wo die haarige Pranke es zerknittert hatte. Ich sah den Kerlen nach, die sich zu den seitlich gelegenen Stallungen oder ins Haus verdrückten. Der Mann, der mich gepackt und ans Licht gezerrt hatte, schob sich an mir vorbei und murmelte etwas, das von einer Entschuldigung bis zu einer Beleidigung alles sein konnte und worauf zu reagieren ich nicht vorhatte.
    »Der Säcklergehilfe ist ein Bär«, sagte Friedrich. »Er dachte, du seist ein Dieb.«
    »Wenn man hier was rausgetragen hätte, hätte man nicht von Diebstahl sprechen können.« Ich glättete mein Wams, bevor Friedrich es mit seinem Gezupfe noch mehr ruinierte. »Wie konntest du denn alles ohne Bewachung zurücklassen?«
    Friedrich zuckte mit den Schultern. »Meine Leute sind allesamt Idioten«, brummte er. Er drehte sich zum Eingangstor um, wo die letzten beiden seiner Männer, die Rossknechte, jeder eines der schwerfälligen Karrenpferde hereinzerrten. Die Pferde hatten Truhen aufgeschnallt, die hin- und herwackelten, wenn sie sich gegenseitig stießen.
    »Schlecht gesichert«, sagte ich.
    »Ich habe ja gesagt, lauter Idioten.«
    »Wo hast du die Mannschaft her?«
    »Her? Die habe ich schon mitgebracht! Ich hätte hier aus jeder Gosse bessere Knechte ziehen können.«
    »Warum hast du’s nicht getan?«
    »Glaubst du etwa, das sind meine Knechte von zu Hause? Gott bewahre!«
    »Herzog Georg?«
    Er schüttelte den Kopf. »Münze«, sagte er mit gedämpfter Stimme. »Aber das ist so gut wie vom Herzog.«
    »Ein Mann unter ständiger Bewachung.«
    »Es geht ja auch um viel Geld.« Er seufzte und fuhr sich überdie Augen. »Komm rein, Peter. Mein Heim ist dein Heim.« Er zwinkerte mir zu. »Im Haus ist der Säcklergehilfe harmlos.«
    »Nein, ich hab’s eilig. Wo warst du überhaupt?«
    Friedrich machte eine Handbewegung in Richtung Norden. »Kleparz.«
    »Alle Welt will nach Kleparz.«
    »Alle Welt hat Sachen in Kleparz eingelagert.«
    »Sachen? Du meinst Karren und Kutschen und was man so braucht, um eine weite Reise zu machen.«
    Friedrich musterte mich lange. »So ist es.« Er nahm meinen Arm und zog mich beiseite, als die Rossknechte mit der ersten Truhe zwischen sich herüberschwankten und sich durch die Tür zwängten. Sie schienen zu wissen, wo Friedrich die Truhe haben wollte; sie fragten nicht nach, und er mischte sich nicht ein.
    »Ich bin nachschauen gegangen, ob noch alles da ist«, erklärte Friedrich schließlich. »Kleparz ist ja nicht gerade die sicherste Gegend. Und wie sich die Leute hier in den letzten Tagen benommen haben … jedenfalls, ich dachte, es kann nicht schaden, dem Wirt zu zeigen, dass ich auf meinen Besitz aufpasse.«
    »Alle Mann hoch?«, fragte ich und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen.
    »Äh … ja.«
    »Friedrich«, sagte ich und lächelte, »versuchst du dich um das Geständnis rumzudrücken, dass du verreisen wolltest?«
    Er zog mich erneut beiseite, als die Rossknechte das Haus verließen – ohne Truhe – und zu den Ställen hinübertrabten. Wir sahen ihnen schweigend zu, wie sie die zweite Truhe auf demselben Weg vertrugen. Friedrich nahm den Hut ab, kratzte sich am Kopf, setzte den Hut wieder auf, sah mich an, wich meinem Blick aus, verdrehte schließlich die Augen und nickte.
    »Deserteur«, sagte ich grinsend.
    »Ich sah keine Chance mehr. Um ehrlich zu sein, ich sah schon seit ein paar Tagen keine mehr, aber mit der Stimmung, die sich plötzlich gegen alles gewandt hat, was aus dem Reichkommt … der König hätte seinen Anteil an der Mitgift jetzt nicht mal mehr bezahlt, wenn er das Geld gehabt hätte – die Krakauer hätten wahrscheinlich einen Aufstand geprobt, wenn es rausgekommen wäre.«
    »Und was hat dich wieder zurückgebracht – samt unfähigen Knechten und deinen Reisetruhen?«
    Er überhörte meinen Spott. Er sah sich um wie einer, der inmitten einer Menschenmenge ein

Weitere Kostenlose Bücher