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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hingebungsvolles Weibchen behandelt, das er nach Belieben zur Seite schieben kann!“ „Das könnte schwierig werden.“ „Ich weiß.“ Kate beugte den Kopf und ließ die Schultern hängen.
„Na, na, nun werde mir mal nicht schwermütig hier. Was soll’s, wenn es nicht klappt, gibt es immer noch die Entsagenden!“ „Die Entsagenden“ Als Gisela Kate von diesen Frauen erzählt hatte, war sie völlig fasziniert gewesen. Aber die Vorstellung, selbst in einer ausschließlich weiblichen Gemeinschaft zu leben, kam ihr so absonderlich vor, dass sie lachen musste. „Was, soll ich mir vielleicht die Haare abschneiden?“ Gisela verdrehte drollig die Augen. „Da haben wir’s – es ist die pure Eitelkeit, die dich rettet.“
    Mikhail betrat den Wohnraum seiner Gemächer, wo Marguerida mit einem Stapel Papier auf dem Schoß in einem Sessel mit hoher Lehne saß. Plötzlich kam ihm zu Bewusstsein, dass er sie, von den Mahlzeiten einmal abgesehen, zum ersten Mal seit Tagen sitzen sah. Er betrachtete sie und bemerkte die leichte Rötung an der Nasenspitze und die etwas geschwollenen Augen – sie musste geweint haben. Und sie sah unendlich müde aus. Er hätte jeden töten können, der seine Gemahlin zum Weinen brachte. Der Gedanke würde ihr nicht gefallen, da sie es vorzog, auf sich selbst aufzupassen, aber er konnte seine Empörung nicht ganz unterdrücken. Doch schnell wurde ihm klar, dass es ihm nur um ein Ventil für seine eigenen Gefühle ging. Warum sollte sie nicht weinen, wenn ihr danach war?
    „Was gibt es, Caria?“ Marguerida blickte auf, als hätte sie nicht bemerkt, dass er ins Zimmer gekommen war. „Nichts, im Grunde. Oder vielleicht alles. Domenic hat mir einen Brief geschickt.“ „Wirklich? Darf ich ihn lesen, oder ist er zu privat?“ „Er wird dir möglicherweise nicht gefallen.“ „Mir gefällt vieles nicht, Liebste, aber das ändert nichts daran, dass ich es erfahre.“ Er versuchte, keine Schärfe in seinem Tonfall aufkommen zu lassen, und beinahe gelang es ihm auch.
    „Ich hatte keine Ahnung, dass er so furchtbar unglücklich war“, sagte sie, als sie ihrem Gemahl den Brief reichte.
    „Alle Jungen in seinem Alter sind unglücklich, würde ich annehmen. Ich war es und Dani ebenfalls. Fünfzehn ist ein scheußliches Alter. Wenigstens hat er keine Pickel mehr – ich hatte sie noch, und meine Stimme überschlug sich ständig, was mir unendlich peinlich war.“ Er schaute auf das Papier in seiner Hand, merkte, dass es die Rückseite war, und drehte es um. „Ich möchte wissen, wozu er dein Buch braucht“, begann er, als er die Notiz über der Anrede sah.
    „Keine Ahnung – ich hoffe, er langweilt sich und ist nicht in Gefahr.“ „Mhm.“ Mikhail war bereits in die erste Seite versunken und hörte ihre Bemerkung kaum. Er runzelte die Stirn und bewunderte die Sorgfalt, mit der die Worte gewählt waren. In dem Brief stand nichts, was ihn sonderlich überraschte, denn er hegte bereits geraume Zeit den Verdacht, dass Domenic mit sich selbst im Unreinen war. Er hatte angenommen, Alanna Alar sei der Grund dafür, und er war froh gewesen, wie gut der Junge den Seiltanz zwischen seiner Zuneigung für die Pflegeschwester und den Regeln des Anstands bewältigt hatte. Er drehte das Blatt wieder um und sah sich die Rückseite an.
    Ja, Domenic war tatsächlich wegen seiner Gefühle für seine Base in Aufruhr, aber das schien nicht das eigentliche Problem zu sein. Die Worte tanzten Mikhail vor den Augen, daher ließ er sich aufs Sofa sinken und las sie noch einmal. Als er fertig war, schüttelte er den Kopf. „Schade, dass wir ihn nicht zu jemandem in Pflege geben konnten.“ „Ich glaube nicht, dass es etwas genützt hätte, Mikhail. Hast du auch das Gefühl, dass wir schlechte Eltern waren? Ich habe es jedenfalls.“ „Ja. Wenn er doch nur nicht so ein komplizierter Junge wäre, so schwer zu … und du hast Recht. Wem hätten wir Domenic schon als Pflegekind anvertraut? Mein Bruder Gabriel hätte ihn vielleicht genommen, aber das hätte den Jungen in Javannes Nähe gebracht, und außerdem wäre Regis niemals einverstanden gewesen.“ Marguerida seufzte. „Dein Bruder ist ein achtbarer Mann, wenn er sich nicht gerade wie ein Volltrottel benimmt, aber ich glaube nicht, dass er einen besseren Erzieher abgegeben hätte als wir. Vielleicht müssen wir uns einfach mit der Tatsache abfinden, dass wir zwar unser Bestes getan haben, aber es hat eben nicht gereicht!“ „Marguerida, das ist doch nicht

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