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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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oben blickte, sah sie, dass große schwarze Wolken vor die Sonne zogen. Der Wind frischte auf, wirbelte in Böen um sie herum und entfachte die Flammen auf dem Hang neu. Etwas Dunkleres als Wolken tauchte am Himmel auf, eine ungleichmäßige, sich bewegende Masse. Unzählige Aaskrähen, von wer weiß woher angelockt durch den Geruch von Blut und Tod, stießen herab. Eine, die kühner als die übrigen war, hüpfte auf die Leiche des Mannes, den Domenic getötet hatte, und hackte blitzschnell den scharfen Schnabel ins weiche Fleisch der Wangen.
    Dann brach der Sturm los, und dicke Tropfen begannen über die Verwüstung auf der Straße und dem angrenzenden Hang zu peitschen. Der Wind trieb Marguerida den Regen ins Gesicht, und sie war fast augenblicklich völlig durchnässt.
    Doch der Wind schob das Unwetter rasch auf einer gleichmäßigen Bahn weiter, und der Guss war von gnädig kurzer Dauer, bevor er nachzulassen begann. Er prasselte auf die brennenden Bäume, die Lebenden und die Toten und spülte das Blut vom Boden, bevor er nach Osten abzog und nur noch den einen oder anderen Schauer zurückließ. Die Brände waren gelöscht, und das war gut so, denn die Überlebenden hätten nicht mehr die Kraft gehabt, einen wütenden Waldbrand zu bekämpfen.
    „Vater, oben auf dem Hügel sind immer noch ein paar Leute.“ Mikhail nickte, Regen tropfte vo n seinem Gesicht. Er drehte sich um, hinter ihm standen sein Bruder Rafael und Donal, durchnässt und stumm wie Schatten. „Rafael, kümmerst du dich bitte darum, dass die Überlebenden zusammengetrieben werden? Dein Terranisch müsste für die Aufgabe ausreiche n. Lass sie möglichst schnell aussortieren. Wir schicken sie mit den Verwundeten nach Thendara zurück.“ „Warum lassen wir sie nicht einfach an Lungenentzündung sterben?“ Rafael Lanart
    Hastur meinte es nur halb im Scherz.
„Nein, das wäre wohl zu barbarisch.“ „Da oben steht immer
noch ein Flieger, und falls sie wieder zur Besinnung kommen,
könnten sie fliehen“, sagte Domenic zu seinem Onkel, „Ich habe
einen Flieger starten sehen, unmittelbar bevor der Kampf
losging“, bemerkte Marguerida, und ihre Stimme klang fast so
rau wie das Krächzen der Aaskrähen, die an die Toten
heranzukommen versuchten.
„Das war Vancof, Mutter. Ich habe seine Gedanken
aufgefangen, als er abhob. Er hat Granfell getötet und ist zum
Hauptquartier nach Thendara geflogen.“ Domenic schauderte. „Was für ein grauenhafter Mensch.“ Rafael drehte sich um
und machte einigen Gardisten ein Zeichen, dann begann er den
verwüsteten Hügel hinaufzusteigen. Nach dem Erlöschen der
Brände waren nun Dutzende von Leichen sichtbar. Marguerida
betrachtete sie einen Augenblick, distanziert und gefühllos. Marguerida! Lew Altons abruptes Eindringen war wie eine
Ohrfeige. Ist alles in Ordnung mit dir?
Warum müssen mich das ständig alle fragen? Nein, aber ich
lebe, und Mikhail und Domenic auch.
Da bin ich aber erleichtert, mein Kind. Wenn etwas passiert
wäre …
Es ist sehr vieles passiert, Vater, aber im Augenblick bin ich
zu müde, um es dir zu erzählen. Sie versuchte ihre Gedanken
vernünftig zu ordnen. Später werden mehrere Kutschen mit
Gefangenen und Verwundeten nach Thendara kommen. Unter
ihnen ist Dom Francisco – der verdammte Narr hat versucht,
Mikhail zu töten!
Was?! Nein, sag es mir nicht. Das kann warten. Ich werde
mich hier um alles kümmern, mein Kind. Pass auf dich auf und
komm so bald wie möglich zu mir zurück.
Das werde ich, Vater. Falls dieser Albtraum jemals zu Ende
geht.
Marguerida fühlte, wie der Kontakt mit ihrem Vater endete. Sie drehte sich zu ihrem Mann um und schob ihre matrixlose
Hand unter seinen Arm. So standen sie Schulter an Schulter im
Nieselregen, schweigend und jeder für sich in Gedanken
versunken. Zuletzt sah Mikhail ihr ins Gesicht, und sie erblickte
ein besonderes Licht in seinen Augen, das früher nicht darin
gewesen war.
„Ich hatte keine Vorstellung, wie schrecklich eine Schlacht
sein kann“, begann er rau, fast als schämte er sich seiner
Gefühle. „Und ich werde der Föderation diesen feigen Angriff
nie verzeihen.“ Marguerida schüttelte den Kopf. „Das war nicht
die Föderation, Mik. Das waren einige wenige Männer mit mehr
Ehrgeiz als Verstand. Und wenn wir schon von feigen Angriffen
sprechen, sollten wir Dom Francisco nicht vergessen.“ Mikhail
stöhnte leise, und aus seinen Augenwinkeln begannen Tränen zu
fließen. „Ich kann es noch gar nicht ertragen,

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