Der Sohn des Verräters - 21
Fußmarsch lag Burg Comyn hinter ihm, und seine Furcht, entdeckt zu werden, verflüchtigte sich. Die Straße machte einige Kurven, führte dann zu einer größeren Durchfahrt und verlief weiter zu einem einen Platz. Dort waren an den Häuserwänden Fackeln angebracht, Und auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes erblickte Domenic einen Stand, der Essen feilbot.
Zwei stämmige Fuhrleute standen davor und warteten darauf, dass der alte Betreiber des Standes ihnen Taschen aus Fladenbrot servierte, die mit gebratenem Geflügel gefüllt waren. Es roch wunderbar. Domenic war froh, dass er nicht vorher gegessen hatte, denn es erschien ihm abenteuerlicher, sein Nachtmahl auf der Straße einzunehmen.
Im flackernden Licht der Fackeln sah er ganz gewöhnlich aus mit seiner abgetragenen und unscheinbaren Kleidung.
Niemand würde je vermuten, wer er war. Nachdem die Fuhrleute bedient worden waren, trat er hungrig schnuppernd vor.
Er lauschte dem Gespräch der Männer, die mit vollem Mund redeten. En fröhlichem Tonfall, der ihre Worte Lügen strafte, beschwerten sie sich über das armselige Trinkgeld, das sie für einen Umzug bekommen hatten. Domenic nahm an, dass ihnen das Murren über die Knickrigkeit ihrer Auftraggeber Spaß machte und dass es sich hierbei um ein verbreitetes Gesprächsthema handelte.
Er bat um eine Portion, und der alte Mann schob mehrere Stücke Fleisch von einem schlanken Spieß und ließ sie auf einen knusprigen Fladen Brot fallen, den er um die Füllung herumwickelte, damit das Ganze leichter zu essen war. Domenic holte seine kleinste Münze hervor und gab sie dem Mann.
Dann biss er herzhaft in das zusammengerollte Brot. Er schmeckte die Gewürze, in denen man das Geflügel mariniert hatte, und es war köstlich. Warum gab es in der Burg nicht auch so gute Sachen?
Noch immer kauend verließ er den Platz und ging rasch auf der Straße in Richtung Nordtor. Der Abendwind strich ihm kühl übers Gesicht und zersauste ihm das Haar, aber er bemerkte es kaum. Es machte ihm großen Spaß, einfach nur allein zu sein und den nächtlichen Geräuschen Thendaras zu lauschen. Er beendete sein Mahl, stellte fest, dass sein Gesicht ein wenig fettverschmiert war, und grinste, bevor er sich mit dem Ärmel über die Wangen wischte. Heute Abend einmal keine Servietten und Tücher! Und – noch besser – keine Javanne, die ihm den Appetit verdarb.
Nach einer halben Stunde Fußmarsch sah er Leute vor sich auf der Straße. Sie strebten dem Tor zu, und er verlangsamte seinen Schritt, um sie nicht einzuholen. Als sie unter einigen Fackeln hindurchliefen, bemerkte er, dass sie terranische Lederkluft trugen, und fragte sich, was sie außerhalb der Handelsstadt trieben. Es war Terranern in ihrer dienstfreien Zeit nicht verboten, sich ins eigentliche Thendara zu wagen, aber selbst Domenic wusste, dass sie es üblicherweise nicht taten.
Vielleicht langweilten sich die beiden und hatten gehört, dass das Fahrende Volk eine Vorstellung gab.
Aber ein bisschen seltsam war es schon. Domenic hatte in den letzten Tagen dies und jenes von seinem Vater oder von Großvater Lew aufgeschnappt und den Eindruck gewonnen, es existiere eine Art Befehl der Föderation, der es ihren Leuten verbot, das Hauptquartier zu verlassen. Aber vielleicht hatte er auch etwas falsch verstanden, oder die Terraner hatten es sich anders überlegt. Er wusste nur eines mit absoluter Sicherheit, nämlich dass man allen darkovanischen Angestellten befohlen hatte, sowohl den Raumhafen als auch den Komplex des Hauptquartiers zu verlassen. Er hatte Ethan MacDoevid, den Schützling seiner Mutter aus der Nähnadelstraße, in die Halle kommen sehen, als er zu seinem Wachdienst aufgebrochen war. Sicher war er erschienen, um Großvater Lew etwas Interessantes mitzuteilen.
Domenic kannte die Geschichte, wie Ethan und seine Mutter sich kennen gelernt hatten, sehr gut, denn Marguerida erzählte sie mit Vorliebe. Ethan und sein Vetter Geremy hatten Marguerida am Tag ihrer Rückkehr nach Darkover getroffen, als sie gerade den Raumhafen verließ. Die Jungen hatten sie zum Haus von Meister Everard in der Musikstraße geführt, und unterwegs hatten die drei sich angefreundet. Marguerida konnte ihre ersten Eindrucke sehr lebendig schildern. Ethan, der damals ein wenigjünger war als Domenic heute, hatte ihr seinen sehnsüchtigen Wunsch anvertraut, einen Raumkreuzer zu fliegen, und später half sie mit, ihm eine Ausbildung zum Raumfahrer zu ermöglichen. Er hatte alle
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