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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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in der Küche rum. Ihre Mutter und Monica: sind im Flur. Gabe: ist weit, weit weg auf der anderen Seite des Atlantiks.
    Michael betritt das Wohnzimmer, das inzwischen herrlich leer ist, weil die Gäste alle gleichzeitig gegangen sind. Offenbar gibt es auch hierfür ein ungeschriebenes Gesetz. Aoife sitzt zusammengesunken auf ihrem Sessel und wischt die Krümel auf dem Beistelltisch zu kleinen Haufen zusammen. Einen formt sie danach zu einer Linie. Michael Francis hört Gretta aus dem Flur kommen, der schlurfende Schritt auf dem Linoleum ist unverwechselbar.
    »Hi, Monica«, sagt er und merkt, wie gequetscht seine Stimme klingt.
    Monica lässt sich in ihrer Unterhaltung mit Gretta nicht stören, geht aber zu ihm, um ihm eine Wange anzubieten und an seiner Schulter zehn kleine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Die Gestalt im Sessel rührt sich nicht.
    Monica und Gretta reden über Busverbindungen und wie beschwerlich Monicas Reise war. Natürlich auch über den Stand der Dinge und ob es Anrufe gegeben habe und über die Wasserrationierung in Gloucestershire, die ja so schlimm sei wie nirgendwo sonst im Land. (Natürlich, denkt Michael Francis, was sonst?) Möchte Monica vielleicht einen Tee, Gretta ist erbötig, sofort frischen Tee zu machen, der andere ist vielleicht nicht mehr so gut. Das kann Monica natürlich nicht zulassen. Nein, sie macht Tee, und Gretta sagt, nein, sie. So geht es hin und her, bis Monica darauf besteht, dass Gretta ja »zu Tode erschöpft« ist und sich hinsetzen und erst einmal sagen soll, welchen Tee sie denn will. Michael Francis angelt sich einen Scone vom Tablett. Eine reine Übersprunghandlung, denn wenn sich die beiden nicht gleich einigen, wer den Tee machen darf, kriegt er noch einen Anfall. Außerdem geht ihm ihr elender Smalltalk auf die Nerven. Als gehörte es zum guten Ton, die wahren Probleme wie das Verschwinden ihres Vaters und die Eiszeit zwischen Aoife und Monica tunlichst auszuklammern. Wenn sich die Weiber nicht endlich zusammenraufen, schmeißt er ihnen das Tablett an den Kopf und überlässt sie ihrem Schicksal. Scheiß doch der Hund drauf.
    Aoife will vermeiden, dauernd auf die Versammlung der Füße auf dem Wohnzimmerteppich zu starren. Die von Michael Francis sind nackt, die Füße ihrer Mutter stecken in Schlappen, Monica trägt hochhackige burgunderrote Sandaletten mit aufgescheuerten Stellen unter den Riemchen. Stattdessen schaut sie auf ihre Hände, auf denen noch immer verschmierte Wörter in schwarzer Tinte zu sehen sind. Die Buchstaben haben aber keinen Halt, sondern fluten vor und zurück.
    Gabe hat sie zum Flughafen begleitet. An einem Stand in der Abflughalle aßen sie Waffeln, zumindest Gabe tat das. Aoife sah ihm zu, rauchte eine Zigarette und befühlte die angestoßenen Ecken an ihrem Reisepass.
    »Du wirst sehen, alles wird gut«, sagte er und nahm ihre Hand. »Ihr findet ihn schon. Menschen können nicht einfach so verschwinden.«
    Aoife klopfte die Asche ab und sah ihm in die Augen. »Meinst du?«, sagte sie. »Oder können sie doch?«
    Er wich ihrem Blick aus und wischte sich mit einer Papierserviette den Mund ab. Wie so oft schien er sich vergewissern zu wollen, dass sie nicht beobachtet wurden. »Das ist etwas anderes«, murmelte er.
    Sie räusperte sich und legte ihre Hand direkt auf seine. »Hör zu, Gabe …«
    »Ja?«
    »Kann ich dich um einen Gefallen bitten?«
    Pause. »Oh«, sagte er. »Klar. Worum geht’s?«
    Sie sah gleich, dass er etwas ganz anderes im Sinn hatte, die gemeinsame Wohnung zum Beispiel. Es wäre auch zu schön gewesen, so passend, so eine großherzige Geste, beim Ab schied am Flughafen, gewissermaßen als großes Versprechen, die Zukunft zu zweit zu planen. Einen Moment lang sah sie sogar diese gemeinsame Wohnung vor sich. Mit Blumentöpfen auf der Fensterbank und ihren Schnappschüssen an der Küchentür. Und essen würden sie auf Tellern in freundlichen Farben. Eigentlich gab es keinen besseren Moment als diesen, um endlich diesen Schritt zu wagen. Aber die Vorstellung zerstob vor ihren Augen, denn es gab Wichtigeres.
    »Da liegt etwas in Evelyns Büro …«, begann sie und überlegte fieberhaft, wie sie es ihm sagen sollte. Die Sache war nicht ungefährlich. Ringsum liefen Leute, schleppten Koffer, futterten Waffeln – und hatten keine Ahnung von ihrer Zwangslage. »Also in Evelyns Büro liegt eine blaue Aktenmappe mit ein paar Sachen, die ich längst hätte erledigen sollen, aber mir fehlte einfach die Zeit. Könntest du

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