Der Sommer, als ich schön wurde
wollte, dass die Jungs mich mit offenem Mund ansahen und bemerkten, dass ich groß geworden war, ein richtiges Mädchen, aber ein anderer, vernünftigerer Teil wusste, dass es ein Todeswunsch war. Steven würde mir ein Handtuch über den Kopf werfen, und ich würde mich eher wie zehn als wie dreizehn fühlen.
»Warum denn nicht?«
»Weil ich Bahnen schwimme, darum.« So war es auch.
Taylor zuckte mit den Achseln. »Okay, aber ich bin nicht schuld, wenn die Jungen nicht mit dir reden.«
Ich zuckte genauso mit den Achseln. »Das ist mir doch so egal, ob sie mit mir reden oder nicht. Ich seh sie nicht so.«
»Ach ja! Seit ich dich kenne, warst du doch ganz verrückt nach Conrad. Letztes Jahr wolltest du mit den Jungen in der Schule ja nicht mal reden .«
»Taylor, das ist nun wirklich ewig her. Die beiden sind wie Brüder für mich, nicht anders als Steven«, sagte ich und zog ein Paar Turnhosen an. »Aber red du nur mit ihnen, so viel du willst.«
In Wahrheit mochte ich beide auf unterschiedliche Weise, aber das musste Taylor nicht wissen, denn egal, welchen sie sich aussuchte, es würde sich anfühlen, als wäre der andere übrig geblieben. Und sie würde ihre Meinung sowieso nicht ändern. Sie hatte es auf Conrad abgesehen, so oder so. Jeden außer Conrad , hätte ich ihr am liebsten gesagt, aber das wäre auch nicht die Wahrheit gewesen, nicht die ganze jedenfalls. Auch wenn sie sich Jeremiah aussuchte, wäre ich eifersüchtig, denn er war mein Freund, nicht ihrer.
Taylor brauchte ewig, um die passende Sonnenbrille zu ihrem Bikini (sie hatte vier Stück dabei), zwei Zeitschriften und eine Flasche Sonnenöl zusammenzusuchen. Bis wir endlich draußen waren, waren die Jungen längst im Wasser.
Schnell zog ich T-Shirt und Shorts aus und wollte sofort in den Pool springen, aber Taylor, ihr Strandlaken fest um die Schultern, zögerte. Auf einmal fühlte sie sich doch unsicher in ihrem Winzlingsbikini, das freute mich. Ihre Angeberei ging mir langsam auf den Keks.
Die Jungen guckten nicht mal zu uns rüber. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass sie sich wegen Taylor auf einmal anders verhalten würden und nicht mehr die üblichen Sachen machten. Aber sie waren dabei, sich gegenseitig nach Kräften unterzutauchen.
Ich kickte meine Flip-Flops in die Ecke und sagte: »Komm, gehen wir ins Wasser.«
»Ich glaube, ich leg mich erst mal in die Sonne«, sagte Taylor. Sie ließ endlich ihr Handtuch fallen und breitete es über einen Liegestuhl. »Hast du nicht auch Lust?«
»Nee, mir ist heiß, ich will schwimmen. Außerdem bin ich schon braun.« Das stimmte. Langsam nahm ich die Farbe dunkler Karamellbonbons an. Im Sommer sah ich wie ein völlig anderer Mensch aus, was vielleicht das Beste überhaupt war.
Taylor hingegen war kreidebleich, wie Kuchenteig sah sie aus. Ich hatte allerdings die leise Ahnung, dass sie mich schnell einholen würde. Darin war sie immer schon gut.
Ich nahm die Sonnenbrille ab und legte sie auf meine Kleider. Dann ging ich ans tiefe Ende des Beckens und sprang sofort hinein. Das Wasser war im ersten Moment ein Schock, und das war immer wieder toll. Als ich auftauchte, um nach Luft zu schnappen, bewegte ich mich wassertretend zu den Jungs rüber. »Eine Runde Marco Polo , wie wär’s?«, fragte ich.
Steven, der gerade versuchte, Conrad unterzutauchen, schaute kurz auf und sagte: » Marco Polo ist langweilig.«
»Wie wär’s mit Reiterkampf ?«, schlug Jeremiah vor.
»Wie geht das?«, fragte ich.
»Man bildet zwei Gruppen, in denen einer den anderen auf die Schulter nimmt, und versucht, die Gegenseite abzuwerfen«, erklärte mein Bruder.
»Das macht Spaß, ehrlich«, versprach Jeremiah. Dann rief er zu Taylor hinüber: »Tyler, willst du mitspielen? Oder kneifst du?«
Taylor sah von ihrer Zeitschrift auf. Ich konnte ihre Augen nicht sehen, wegen der Sonnenbrille, aber ich wusste, sie war sauer. »Ich heiße Taylor, Jeremy, nicht Tyler. Und nein, ich will nicht mitspielen.«
Steven und Conrad warfen sich Blicke zu. Ich wusste, was sie dachten. »Komm schon, Taylor, das wird lustig«, sagte ich und verdrehte die Augen. »Sei nicht so ein Angsthase.«
Sie seufzte theatralisch, aber dann legte sie doch ihre Zeitschrift beiseite und stand auf. Sie zupfte ihren Bikini hinten zurecht und fragte: »Meine Sonnenbrille – muss ich die abnehmen?«
Jeremiah grinste sie an. »Nicht, wenn du in meinem Team bist. Dann fällst du nicht runter.«
Taylor nahm sie trotzdem ab. Erst jetzt merkte
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