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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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Ernst, das war mir klar.
    Ein Teil von mir war sauer, ein anderer erleichtert. Es war, als ob man ganz dringend ein gebratenes Sandwich mit Bananen und Erdnussbutter wollte und dann nach zwei Bissen merkte, dass man gar keine Lust darauf hatte.
    Ich riss ihm mein Sweatshirt aus der Hand und sagte: »Du brauchst mir keinen Gefallen zu tun, Cam.« Damit drehte ich mich um und ging so schnell ich konnte weg. Der Sand flog hinter mir auf. Ich dachte, vielleicht würde er hinter mir herkommen, aber das tat er nicht. Ich habe mich auch nicht noch einmal umgedreht, um zu sehen, was er machte. Vermutlich saß er im Sand und schrieb im Mondschein eins seiner albernen Gedichte.
    Sobald ich zurück war, stürmte ich in die Küche. Da brannte noch Licht. Conrad saß am Tisch und löffelte eine Wassermelone aus. »Wo ist Cam Cameron?«, fragte er trocken.
    Einen Moment lang war ich mir unsicher, ob er nett sein wollte oder sich über mich lustig machte. Seine Miene war völlig normal, ausdruckslos, also nahm ich an, dass ein bisschen von beidem in der Frage steckte. Wenn er so tun wollte, als hätte es unseren Krach nicht gegeben – meinetwegen.
    »Was weiß ich«, antwortete ich und kramte im Kühlschrank, bis ich einen Joghurt fand. »Ist auch völlig egal.«
    »Kleiner Krach unter Liebenden?«
    Jetzt guckte er so zufrieden drein, dass ich ihm am liebsten eine geknallt hätte. »Kümmer dich um deinen eigenen Kram«, sagte ich, während ich mich mit meinem Erdbeerjoghurt und einem Löffel neben ihn setzte. Es war einer von Susannahs fettfreien, die an der Oberfläche ziemlich wässrig waren und darunter sehr fest. Ich klappte den Aludeckel wieder zu und schob den Becher weg.
    Conrad schob mir die Wassermelone rüber. »Sei nicht so streng mit Leuten, Belly.« Dann stand er auf und sagte: »Und zieh deinen Pulli über.«
    Ich löffelte mir einen Bissen Wassermelone heraus und streckte Conrads Rücken die Zunge raus. Wieso gab er mir das Gefühl, immer noch dreizehn zu sein? In meinem Kopf hörte ich meine Mutter: »Niemand kann dich zu irgendwelchen Gefühlen zwingen, Belly. Nicht solange du selbst es nicht zulässt. Eleanor Roosevelt hat das gesagt. Fast hätte ich dich nach ihr benannt.« Blah blah blah. Aber irgendwie hatte sie ja recht. Ich würde nicht zulassen, dass ich mich seinetwegen schlecht fühlte. Jetzt nicht mehr. Ich wünschte bloß, meine Haare wären wenigstens nass gewesen oder meine Klamotten voller Sand, dann hätte er vielleicht gedacht, wir hätten irgendwas getrieben am Strand, auch wenn’s nicht so war.
    Ich blieb am Tisch sitzen und aß weiter die Wassermelone. Ich aß, bis ich das halbe Mittelstück weggegessen hatte, und wartete, dass Cam zurückkam. Als er nicht erschien, war ich nur noch wütender. Ein bisschen war ich versucht, die Haustür abzuschließen, so dass er nicht mehr reinkam. Vermutlich lief er da draußen irgendeinem Obdachlosen über den Weg und freundete sich mit ihm an. Am nächsten Tag würde er mir dann dessen Lebensgeschichte erzählen. Eigentlich gab es an unserem Stück Strand keine Obdachlosen. Eigentlich hatte ich in ganz Cousins noch nie einen obdachlosen Menschen gesehen. Aber falls es doch einen gab, würde Cam ihn garantiert auftun.
    Aber er kam nicht mehr ins Haus. Er blieb einfach weg. Ich hörte, wie er den Motor seines Wagens anließ, und sah ihm vom Flur im Erdgeschoss nach, als er rückwärts aus der Einfahrt fuhr. Am liebsten wäre ich ihm schreiend hinterhergerannt. Er musste doch zurückkommen! Was, wenn ich alles kaputt gemacht hatte und er mich nicht mehr mochte? Was, wenn ich ihn nie mehr wiedersah?
    In jener Nacht lag ich in meinem Bett und dachte darüber nach, wie das war mit den Sommerlieben – wie schnell sie kamen, und wie schnell sie zu Ende waren.
    Aber am nächsten Morgen, als ich mit meinem Toast auf die Veranda ging, fand ich eine leere Wasserflasche auf den Stufen, die zum Strand hinunterführten. Marke Poland Spring, Cams Lieblingssorte. Ein Stück Papier steckte im Flaschenhals, eine Nachricht. Eine Flaschenpost. Die Tinte war leicht verschmiert, aber ich konnte immer noch lesen, was da stand: »Gutschein für einmal Nacktbaden.«

33
    Jeremiah schlug mir vor, doch mal in dem Country Club vorbeizuschauen, wo er als Bademeister jobbte. Ich war noch nie in dem schicken großen Pool dort geschwommen, also fand ich die Idee klasse. Der Country Club hatte für mich immer etwas Geheimnisvolles gehabt. Als Conrad im vergangenen Sommer dort arbeitete,

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