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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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acht Monate älteren Conrad sah er eben auf, das war schon immer so gewesen. Jeder hatte jemanden, nur ich nicht. Ich wünschte, ich wäre bei meinem Dad und wir würden zusammen Eisbecher mit selbst gemachtem Karamell machen, die wir dann auf dem Boden im Wohnzimmer leeren würden.
    »Jeremiah, vergiss die Karten nicht«, sagte Conrad, der gerade einen Schlafsack aufrollte.
    Jeremiah salutierte und vollführte ein Tänzchen, worüber ich kichern musste. »Sir: Jawohl, Sir.« Dann drehte er sich zu mir um. »Conrad kommandiert genauso herum wie unser Dad. Hör einfach nicht auf ihn.«
    Da Jeremiah etwas zu mir gesagt hatte, fühlte ich mich mutig genug zu fragen: »Kann ich auch mitkommen?«
    Prompt antwortete Steven: »Nein. Nur Jungen. Stimmt’s, Conrad?«
    Conrad zögerte. »Tut mir leid, Belly«, sagte er dann, und eine Sekunde lang sah er tatsächlich traurig aus. Zwei Sekunden lang sogar. Dann rollte er weiter seinen Schlafsack auf.
    Ich drehte mich weg und sah zum Fernseher hinüber. »Schon gut. Ich hab sowieso keine Lust.«
    »Oh, oh, gleich heult sie, passt auf«, sagte Steven vergnügt zu Conrad und Jeremiah. »Wenn sie ihren Willen nicht kriegt, fängt sie an zu plärren. Unser Dad fällt regelmäßig drauf rein.«
    »Halt die Klappe, Steven!«, brüllte ich. Ich hatte Angst, dass ich wirklich weinen würde. Das wäre das Allerletzte – dass ich an unserem ersten Abend als Heulsuse dastand. Dann würden sie mich tatsächlich nie mitnehmen.
    »Belly weint gleich«, verkündete Steven in einem Singsang, und hüpfte mit Jeremiah durchs Zimmer.
    »Könnt ihr sie mal in Ruhe lassen?«, sagte Conrad.
    Steven blieb abrupt stehen. »Was ist denn jetzt los?«, fragte er verwirrt.
    Conrad schüttelte den Kopf. »Ihr seid dermaßen kindisch, alle beide.«
    Ich sah ihnen zu, wie sie ihre Sachen nahmen und sich fertig machten zum Aufbruch. Meine letzte Chance, zelten zu gehen, einfach dazuzugehören, würde gleich vertan sein. »Steven, wenn du mich nicht mitnimmst, erzähl ich es Mom«, sagte ich schnell.
    Steven verzog das Gesicht. »Das machst du nicht. Mom kann es nicht leiden, wenn du petzt.«
    Das stimmte, meine Mutter hasste es, wenn ich Steven wegen solcher Sachen bei ihr anschwärzte. Sie würde bloß sagen, dass er auch mal was allein machen müsse, dass ich beim nächsten Mal mitdürfe und dass es für mich mit ihr und Beck zu Hause sowieso viel lustiger sein würde. Mit verschränkten Armen sank ich auf der Couch zusammen. Ich hatte endgültig verloren. Wie eine Petze stand ich jetzt da, wie ein Baby.
    Auf dem Weg nach draußen drehte sich Jeremiah kurz nach mir um und tanzte ein Tänzchen für mich, und wider Willen musste ich lachen. Conrad warf mir einen Blick über die Schulter zu und rief: »Gute Nacht, Belly.«
    Und das war’s. Ich war verliebt.

7
    Anfangs war mir gar nicht aufgefallen, dass ihre Familie mehr Geld hatte als unsere. Das Sommerhaus war nicht sonderlich elegant. Es war ein ganz stinknormales, gemütliches Strandhaus, in dem ganz normale Menschen lebten. Mit verblichenen alten Seersucker-Bezügen auf den Sofas, einem knarrenden Fernsehsessel, über den wir Kinder uns dauernd in die Haare kriegten, abblätternder weißer Farbe an den Außenwänden und von der Sonne gebleichten Holzdielen.
    Aber es war ein großes Haus, mit genug Platz für uns alle und für noch mehr. Vor Jahren war ein Anbau gebaut worden. An einem Ende waren das Zimmer meiner Mutter, das von Susannah und Mr. Fisher und ein unbenutztes Gästezimmer. Am anderen Ende waren mein Zimmer, noch ein Gästezimmer und das Zimmer, in dem die drei Jungen zusammen schliefen, was mich neidisch machte. Früher standen in ihrem Zimmer ein Stockbett und ein Doppelbett, aber ich musste ganz allein in meinem Zimmer schlafen. Das fand ich so gemein – die ganze Nacht lang hörte ich sie durch die Wand hindurch kichern und flüstern. Ab und zu ließen mich die Jungen bei ihnen schlafen, aber nur, wenn sie eine besonders schreckliche Gruselgeschichte erzählen wollten. Ich war ein dankbares Publikum – ich schrie immer an den richtigen Stellen.
    Seit wir älter waren, schliefen die Jungen nicht mehr im selben Zimmer. Steven benutzte jetzt das Gästezimmer im Elternflügel des Hauses, Jeremiah und Conrad hatten ihre Zimmer in dem anderen Teil, in dem auch ich schlief. Von Anfang an hatten die Jungen und ich uns ein Bad in unserem Teil des Hauses geteilt. Meine Mutter hatte ein eigenes Bad für sich, und auch zum Elternschlafzimmer

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