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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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mal. Mir war es wichtig. »Okay, gut. Und jetzt: Wann hast du mit dem Rauchen angefangen?«
    »Was weiß ich. Letztes Jahr irgendwann.« Er blieb absichtlich so vage. Das konnte einen rasend machen.
    »Aber du solltest nicht rauchen. Hör wieder auf. Oder bist du süchtig?«
    Er lachte. »Nein.«
    »Dann hör auf. Wenn du es dir fest vornimmst, schaffst du es auch, das weiß ich.« Er konnte alles schaffen, was er sich vornahm, das wusste ich.
    »Vielleicht will ich ja gar nicht.«
    »Solltest du aber, Conrad. Rauchen ist ungesund.«
    »Was gibst du mir, wenn ich’s tu?«, fragte er neckend. Er hielt die Zigarette in die Luft, über seine Bierdose.
    Mit einem Mal fühlte die Luft sich anders an. Elektrisch aufgeladen, voller Spannung, so als hätte mich der Blitz getroffen. Ich nahm die Arme vom Rand und fing an, Wasser zu treten, um von ihm abzurücken. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, ehe ich antwortete. »Nichts«, sagte ich. »Du solltest für dich selbst aufhören.«
    »Du hast recht«, sagte er, und der Moment war vorbei. Er stand auf und drückte die Zigarette auf dem Deckel seiner Bierdose aus. »Gute Nacht, Belly. Bleib nicht zu lange hier draußen. Man kann nie wissen, welche Monster nachts hier ihr Unwesen treiben.«
    Alles fühlte sich wieder normal an. Ich spritzte ihm die Beine nass, als er wegging. »Du kannst mich mal!«, sagte ich zu seinem Rücken. Vor langer Zeit hatten Conrad und Jeremiah und Steven mir eingeredet, ein Kindermörder liefe frei herum, und zwar genau die Sorte, die es auf pausbäckige kleine Mädchen mit braunen Haaren und graublauen Augen abgesehen hatte.
    »Warte! Hörst du nun auf oder nicht?«, brüllte ich ihm hinterher.
    Er antwortete nicht, sondern lachte nur. Das sah ich an seinen zuckenden Schultern, als er das Tor hinter sich schloss.
    Als er fort war, fiel ich ins Wasser und ließ mich treiben. Ich hörte mein Herz wie ein Metronom in meinen Ohren schlagen. Conrad war anders als früher. Das hatte ich schon beim Abendessen gespürt, bevor er mir von Aubrey erzählt hatte. Er hatte sich verändert. Und doch, seine Wirkung auf mich war dieselbe. Ganz genau wie immer fühlte es sich an. So als säße ich hoch oben am Grizzly, der Holzachterbahn im Kings Dominion, genau an der Stelle, bevor es in die Tiefe geht.

10
    »Hast du deinen Vater schon angerufen, Belly?«, fragte meine Mutter.
    »Nein.«
    »Ich finde, das solltest du tun und ihm erzählen, was du so machst.«
    Ich verdrehte die Augen. »Ich glaube kaum, dass er zu Hause hockt und sich um mich sorgt.«
    »Trotzdem.«
    »Und Steven – hast du dem auch gesagt, er soll ihn anrufen?«, konterte ich.
    »Nein, habe ich nicht«, antwortete sie gleichmütig. »Dein Dad und Steven werden demnächst zwei Wochen miteinander verbringen, um sich verschiedene Colleges anzusehen. Du hingegen wirst deinen Vater erst am Ende des Sommers wiedersehen.«
    Wieso musste sie immer so vernünftig sein? Immer war sie so, egal, worum es ging. Meine Mutter war der einzige Mensch, den ich kannte, der sogar seine Scheidung vernünftig über die Bühne gebracht hatte.
    Sie stand auf und drückte mir das Telefon in die Hand. »Ruf deinen Vater an«, sagte sie und ging aus dem Zimmer. Das machte sie immer, wenn ich mit meinem Vater telefonierte, anscheinend, damit ich meine Ruhe hatte. Als hätte ich irgendwelche Geheimnisse, die ich ihm erzählen wollte, über die ich vor ihr nicht sprechen könnte.
    Ich rief ihn nicht an. Ich legte den Hörer wieder auf. Er sollte mich anrufen, nicht andersherum. Er war der Vater, ich nur das Kind. Und davon abgesehen hatten Väter in Sommerhäusern nichts zu suchen. Weder mein Vater noch Mr. Fisher. Klar, sie kamen schon mal zu Besuch, aber es war einfach nicht ihr Ort. Sie gehörten nicht hierher. Nicht so wie wir, die Mütter und wir Kinder.

11
    mit neun
    Wir saßen auf der Veranda und spielten Karten, während meine Mutter und Susannah Margaritas tranken und ebenfalls Karten spielten. Die Sonne ging langsam unter, und bald würden die Mütter ins Haus gehen müssen, um Maiskolben aufzusetzen und Hot Dogs vorzubereiten. Aber noch nicht. Noch spielten sie Karten.
    »Laurel, wieso nennst du meine Mom eigentlich Beck?«, wollte Jeremiah wissen. »Alle anderen sagen doch Susannah zu ihr.« Er und mein Bruder Steven bildeten ein Team, und sie waren dabei zu verlieren. Jeremiah langweilte sich beim Kartenspielen, und er war immer auf der Suche nach etwas Spannenderem, das es zu tun oder zu bereden gab.
    »Weil

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