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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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noch einmal, um sicherzugehen, dass sie sich nicht getäuscht hat.
    Vier Menschen sitzen auf einer Veranda mit Blick auf das smaragdgrüne Meer. Die Sonne scheint. Neben Mario Rossi sitzt Maria, die zum Schutz vor dem grellen Licht ihre Augen mit der rechten Hand beschattet. Auf dem Foto sind noch zwei weitere Frauen zu sehen. Die Ältere der beiden hat blonde Strähnen im Haar, die wie aufgemalt wirken und die Falten in ihrem wettergegerbten Gesicht unterstreichen. Auf ihrem Dekolleté funkelt ein großer blauer Stein. Die andere Frau ist jung, hat kurze dunkle Haare und trägt einen Zehenring mit einem in der Sonne glitzernden Diamanten. Sie ist die Person, die Mary Kopfzerbrechen bereitet, weil sie ihr bekannt vorkommt. Die Ähnlichkeit der beiden Frauen – die gleichen nach unten gezogenen Mundwinkel, die gleichen Kinngrübchen – ist frappierend. Mary glaubt nicht an einen Zufall, aber sie möchte auf Nummer sicher gehen, ehe sie Mac und Karin von dem Quartett berichtet und ihnen die letzten ungestörten Stunden vergällt.
    Ihr Name ist Blaine Millerhausen, und – um es kurz zu machen – ich würde gern erfahren, ob die andere Frau auf dem Foto ihre Mutter Liz ist. Falls dem so ist, wäre es nett, wenn Sie mir sagen könnten, wo ich sie finde. Sollte ich mich getäuscht haben, vergessen Sie die ganze Sache einfach. Genießen Sie Ihre Zeit in New York!
    Ciao
    Mary
    Mac wird von dieser seltsamen Fügung bestimmt nicht begeistert sein und keine Lust haben, sich noch vor Ferienbeginn wieder mit dem Thema Millerhausen zu beschäftigen. Auf der anderen Seite weiß sie, wie Mac und Karin ticken: Dass die Rossis mit Godfrey Millerhausens Tochter und möglicherweise auch mit seiner Exfrau bekannt sind, wird sie misstrauisch machen. Auch wenn jeder mit jedem über sechs Ecken bekannt ist – diese Beziehungskette ist extrem kurz. Und wie hoch ist überhaupt die Wahrscheinlichkeit, dass Mac den Fall ruhen lässt und sich auf einen Wohnungstausch mit einem Paar einlässt, das ausgerechnet mit dem Mann bekannt ist, den er beschattet hat?

Kapitel 6
    M ary gesellt sich zu den Kindern im Vorgarten. Dort steht der einzige Tisch, an dem alle Platz finden. Auf der weißen Kunststoffplatte türmen sich Teller, Gläser, Besteck, Platten mit
Prosciutto
, Käse, Brot, Oliven, Trauben, Butterkeksen und ein Krug mit Limonade, die vor fünf Minuten noch kalt war und inzwischen lauwarm ist. Unfassbar, wie schnell die Eiswürfel schmelzen. Die Kinder sitzen auf einer Bank im Schatten, gut einen Meter vom Tisch entfernt, auf dem die Speisen in der sengenden Sonne zerfließen. Mit den Tellern auf den Knien und missmutigen Mienen stopfen sie das Essen in sich hinein. Mary zieht einen Stuhl in den Schatten, aber selbst da ist die Hitze fast nicht zu ertragen.
    «Puh, um diese Tageszeit ist es hier draußen echt brutal heiß», stöhnt sie. Gestern haben sie am Strand ein Picknick veranstaltet, wo die Mittagshitze vergleichsweise angenehm war. «Warum schaffen wir die Sachen nicht wieder in die Küche und essen dort?»
    Ben schüttelt den Kopf, Dathi verzieht das Gesicht. Nur Fremont traut sich, seiner Mutter offen zu widersprechen. «Mom, das ist echt eine bekloppte Idee.»
    «Warum denn, Fremont?»
    In Wahrheit muss sie ihm beipflichten. Wenn es etwas an diesem wunderschönen, weiß verputzten Haus in dem verschlafenen Örtchen Capitana – unweit des mittelalterlichen, ganz im Süden gelegenen Cagliaris – auszusetzen gibt, dann ist es die Küche. In dem kleinen, stickigen Raum gibt es nur einen winzigen Tisch, an dem zwei, allerhöchstens drei Leute Platz finden. Die Vorstellung, dass dort vier oder bald sechs Personen sitzen sollen, ist geradezu grotesk.
    Gleich nach ihrer Ankunft am Sonntag musste Mary feststellen, dass die Sicherung herausspringt, sobald sie die in die Küchenecke gezwängte Waschmaschine, den Boiler unter der Spüle und den Toaster einschaltet. Eigentlich ist das nicht weiter schlimm, außer nachts, wenn man im Dunkeln sitzt und darüber nachdenkt, dass man nicht kochen und weder ein Handy aufladen noch drei gelangweilten amerikanischen Kindern eine DVD einlegen kann. In so einer Situation begreift man erst, welchen Komfort das moderne Leben bietet. In der ersten Nacht hat Mary auf dem Küchenregal neben dem Zettel, auf dem die Rossis alles Wissenswerte über das Haus und die Umgebung notiert hatten, auch Kerzen gefunden. Im Nachhinein ist ihr klar, weshalb die Nachricht, dass sich der Sicherungskasten

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