Der Sommer deines Todes
zu warten.
Wie sich herausstellt, ist das Sitzen auf der schmalen, harten Besucherbank für meinen geschundenen Körper eine wahre Tortur. So marschiere ich im Vorraum auf und ab und lasse die Ereignisse Revue passieren. Ich entsinne mich noch ganz genau, wie Cathy Millerhausen vor unserem Büro in Brooklyn auftauchte, um Mac anzuheuern, der anfänglich gar nicht davon begeistert war, schon wieder einen Ehemann zu beschatten. Am Ende ließ er sich breitschlagen und sagte zu. Mit dem Honorar kann er zwar unsere Rechnungen begleichen, doch dieser Job kommt uns teuer zu stehen. Unsere Misere haben wir einem stinkreichen Soziopathen zu verdanken, der sich weigert, Verantwortung für seine Verfehlungen zu übernehmen. Bei der Vorstellung, wie dieses Monster ein junges Mädchen schwängert und lebendig begräbt, kommen mir die Galle und der unverdaute Schokoriegel hoch. Ich muss schwer schlucken. Ich hasse Godfrey Millerhausen, hasse Liz Braud, bedauere von ganzem Herzen die Geschehnisse und kann sie doch nicht ändern.
Ich schließe die Augen, lehne mich an die Wand und versuche, mich im Stehen auszuruhen. Als jemand die Tür aufreißt, zucke ich zusammen.
Zu meiner Überraschung kommt Dathi hereinspaziert.
Kapitel 18
M ac, gefolgt von Billy, springt die Stufen zu seiner Haustür hinauf, zieht im Vorbeigehen zwei Wurfsendungen aus dem schmiedeeisernen Geländer und klingelt. Im Haus rührt sich nichts. Er läutet erneut und klopft mehrmals gegen die Tür. Keine Reaktion. Zu guter Letzt wählt er die Nummer seines Festnetzanschlusses und hört, wie drinnen das Telefon klingelt. Nach dem siebten Läuten springt der Anrufbeantworter an. Er versucht es auf dem Handy.
«Hallo?», meldet sich Maria Rossi atemlos.
«Maria? Hier spricht Mac … Mac MacLeary.»
«Ich war gerade unter der Dusche. Haben Sie vorhin schon mal angerufen?»
«Ja. Ich war mir nicht sicher, ob Sie zu Hause sind.»
«O doch. Leider sind wir gerade auf dem Sprung. Mario wartet schon auf mich. Wie kann ich Ihnen helfen?»
Mac findet es eigenartig, dass sie weder seine Familie erwähnt noch die Tatsache, dass sie in Sardinien als vermisst gemeldet sind. Kann es sein, dass Mario sie nicht eingeweiht hat? «Ich wollte nur wissen, ob bei Ihnen alles in Ordnung ist», antwortet er betont gelassen.
«O ja, alles ist prima. Brooklyn gefällt uns sehr. Und in Capitana ist auch alles okay?»
«Ja», lügt Mac. «Alles bestens.» Mal sehen, was sie darauf erwidert.
«Sehr schön. Können wir später noch mal telefonieren? Ich muss jetzt los. Ciao!»
Mac dreht sich zu Billy um und sagt: «Sie behauptet, im Haus zu sein, und spielt die Ahnungslose.»
«Mann, diese Frau ist ein Gespenst.»
«Ja, so sehe ich das langsam auch.»
Das Erste, was Mac wahrnimmt, als er sein Haus betritt, ist der Gestank von vergammelndem Fleisch. Würgend tritt er wieder vor die Tür, um frische Luft zu schnappen: Drinnen riecht es, als wäre dort jemand gestorben.
Auf dem Weg durch den Flur Richtung Wohnzimmer wird der Verwesungsgeruch stärker. Das Haus sieht noch genauso aus wie bei ihrer Abreise, und es kommt ihm so vor, als wäre nichts angerührt worden. Auf dem Wohnzimmertisch und den Regalen liegt eine dünne Staubschicht, auf dem Esstisch sind Abdrücke von Katzenpfoten zu erkennen. Sein leeres, verlassenes Zuhause deprimiert ihn. Je näher er der Küche kommt, desto schlimmer wird der Gestank.
Sich innerlich wappnend, stößt er die Küchentür auf.
Es dauert einen Moment, bis er begreift, was sich hier abgespielt hat.
Überall liegen kleine, dünne Knochen herum.
An der Wand kleben Fellfetzen.
Der Boden ist von halb vertrockneten Eingeweiden übersät.
Macs Magen rebelliert, und es fällt ihm schwer, die aufsteigenden Gallensäfte wieder herunterzuwürgen.
«Das ist krank», murmelt Billy.
«Was wollen die von uns?» Mac, der eigentlich nicht nah am Wasser gebaut ist, treten die Tränen in die Augen. Die schwarzen Fellfetzen lassen vermuten, dass Justin tot ist und Jeff, ihr roter Kater, noch lebt.
In den Futternäpfen entdeckt er Knochen, einen schwarzen Schwanz und einen angenagten Schädel, in der Wasserschale ein paar Fleischbrocken, die dem Aussehen nach von einem toten Tier stammen.
«Vermutlich eine Ratte.» Macs Blick wandert zum Küchentisch hinüber, unter dem er einen Flügel entdeckt. «Und ein Vogel. Demnach waren unsere Katzen wohl auf der Jagd.»
«Kommt das öfter vor?»
«Manchmal bringen sie eine Maus ins Haus, aber so etwas habe ich
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