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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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uns als Nächstes bevor?
    «Ich muss noch ein paar Leute treffen und steige danach in den Flieger. Halte durch. Und pass bitte auf dich auf.»
    Schweren Herzens verabschieden wir uns voneinander.
    Beim Anblick der beige getünchten Häuser auf der Via Venafiorita möchte man nicht meinen, dass sich in der Nähe ein Polizeirevier befindet, aber nach einer Weile übersieht man den allgegenwärtigen prosaischen Charme Sardiniens. Mein Taxifahrer hält vor einem kleinen Gebäude. Auf dem Schild neben der Tür steht
Polizia di Stato
.
    Gerade als ich hineingehen will, läutet mein Telefon. Enzio Greco. Kann ich diesem Mann vertrauen?
    «Signora! Haben Sie meine Nachricht erhalten?»
    «Nein.» Greco tischt mir Lügen auf. Hätte er versucht mich zu erreichen, hätte ich seinen Namen auf der Liste mit den verpassten Anrufen gesehen.
    «Ich habe gute Neuigkeiten für Sie. Wir haben den älteren Jungen gefunden.»
    «Das habe ich in der Zeitung gelesen.»
    «Wo sind Sie gerade?»
    Auf seine Frage gehe ich nicht ein. Ihm zu erzählen, dass ich vor dem Revier stehe, halte ich für keine gute Idee. «Warum hat man Fremont verhaftet? Immerhin wurde er als vermisst gemeldet. Was soll das?»
    «Signorina, machen Sie sich bitte keine Sorgen. Ich bin ja da, um Ihnen zu helfen. Alles wird superduper.»
    Seine Ausdrucksweise bringt mich zur Weißglut. Wieso drückt er sich ausgerechnet in dieser Situation wie ein pubertierender Teenager aus den Achtzigern aus?
    «Danke.»
    «Rufen Sie mich an, falls Sie …»
    «Wiederhören.»
    Während ich an dem Empfangspult stehe, hinter dem ein uniformierter Polizist mit dem Rücken zu mir telefoniert, streicht feuchtheiße Luft über meine nackten Arme. Der Hemdrücken des Polizisten ist schweißgetränkt. Er beendet das Gespräch, dreht sich zu mir um und fragt: «Wie kann ich Ihnen helfen?»
    «Woher wussten Sie, dass ich Englisch spreche?»
    «Sie sehen wie eine Engländerin aus.» Er grinst schüchtern.
    «Ich bin Amerikanerin.»
    «Für mich macht das keinen Unterschied.»
    Ich lege die Zeitung auf die Theke, falte sie auf und sage: «Das hier ist Fremont Salter, der Sohn meiner Freundin. Wir sind zusammen nach Sardinien gekommen, um hier Urlaub zu machen. Bei der Verhaftung muss es sich um einen Irrtum handeln. Ich möchte, dass Sie den jungen Mann umgehend freilassen.»
    «Würden Sie kurz warten?»
    «Kein Problem.»
    Als er ein paar Minuten später zurückkommt, lässt mich sein Lächeln hoffen, dass ich Fremont gleich wiedersehe, dass ich erfahre, was passiert ist und wo die anderen stecken, dass das alles endlich ein Ende hat und wir alle zusammen nach Hause fahren können.
    «Es gibt da noch ein paar formale Probleme. Das dürfte noch etwas dauern. Am besten kommen Sie später oder – noch besser – morgen wieder.»
    Seine Worte nehmen mir den Wind aus den Segeln. «Morgen?»
    «Vielleicht.»
    Dass er mich schmoren lässt, habe ich Enzio Greco zu verdanken. Der Polizeichef hat mein Handy orten lassen und weiß, dass ich hier bin.
    «Ich möchte Fremont jetzt sehen. Er ist noch ein Junge. Das können Sie ihm doch nicht antun.»
    «Signora», sagt er, «es tut mir außerordentlich leid, aber in unserem Land gibt es Gesetze und Regeln, die es zu befolgen gilt. Ein Junge in dem Alter wird eine Nacht in der Zelle sicherlich unbeschadet überstehen. Vertrauen Sie mir, bitte.»
    «Nein, ich denke nicht im Traum daran, Ihnen zu vertrauen.» Ich gehe schnurstracks um das Empfangspult herum und will durch die Tür, hinter der ich die Büros und Zellen vermute. Das Lächeln des Mannes versiegt, er packt mich am Arm. Ich zucke vor Schmerz zusammen, reiße mich los und werde fuchsteufelswild.
    «Ich rufe die amerikanische Botschaft an. So können Sie mich nicht behandeln.»
    «Sie können anrufen, wen Sie möchten. Warten müssen Sie dennoch.» Er dreht sich um und tut so, als hätte er etwas an einem Schreibtisch zu erledigen, der hinter dem Empfangspult verborgen ist.
    «Ich gehe erst, wenn Sie mich zu Fremont lassen», schwöre ich und bombardiere ihn mit Blicken. Dass er mir keine Beachtung schenkt, bringt mich erst recht in Rage.
    Indigniert hole ich mein Blackberry heraus und suche im Internet die Telefonnummer der amerikanischen Botschaft in Rom, wo zu meiner großen Enttäuschung nur die Mailbox anspringt. Ich hinterlasse notgedrungen die Bitte, mich schnellstmöglich zurückzurufen, nenne meine Kontaktdaten und lege auf.
    Und dann bleibt mir tatsächlich nichts anderes übrig, als

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