Der Sommer der Frauen
sich also bestätigt. Sie konfrontiert ihren Mann und fragt: «Liebst du sie?», worauf Jack Nicholson antwortet, darüber könne er jetzt nicht reden. Lolly sah zum Fenster hinaus in die Dunkelheit und Isabel fragte sich, woran sie denken mochte, an was sie sich wohl gerade erinnerte. Isabel bezweifelte, dass ihr Onkel Ted jemals eine Affäre gehabt hatte. Er war völlig in Lolly vernarrt gewesen – jedenfalls, soweit Lolly so etwas zugelassen hatte.
«O ja, plötzlich ist das alles für den Armen einfach ein bisschen zu viel.» June verdrehte die Augen. «Dabei mochte ich seine Figur bis jetzt richtig gerne – na ja, bis zu dem Moment jedenfalls, wo man erfährt, dass er eine Affäre hat.»
«Was ich so beängstigend daran finde, ist, wie schnell sich dein ganzes Leben verändert. Einfach so», Kat schnippte mit den Fingern, «steht plötzlich dein ganzes Leben kopf.»
Isabel nickte. «Genauso ist es. Dein Leben steht kopf. Hey, schaut mal, Meryl fährt auch dorthin zurück, wo sie aufgewachsen ist. Genau wie ich.» So in etwa, jedenfalls.
«Ich kann nicht fassen», meldete sich die Frau auf dem Sitzsack zu Wort, «dass sie tatsächlich darauf wartet, dass dieser Mistkerl sie anruft und sie holen kommt. Nach allem, was er ihr angetan hat! Sie warten doch nicht darauf, dass Ihr Ex Sie holen kommt, oder, Isabel?»
Das ist mir jetzt ein bisschen zu persönlich, meine Liebe
, dachte Isabel. Sie war sich bewusst, dass Griffin sie heimlich beobachtete. Gespannt auf ihre Antwort war. Sie erwartete nicht, dass Edward sie anrief oder sie holen kam. Aber sie wartete trotzdem auf etwas von ihm. Auf eine Erklärung, die dem Ganzen Sinn verlieh. Auch wenn es die vielleicht gar nicht geben konnte.
«Große Güte, was für ein Kommentar!», rief June laut und rettete Isabel damit vor einer Antwort. Isabel warf ihrer Schwester einen dankbaren Blick zu. «
Wenn du Monogamie willst, heirate einen Schwan.
Ich wüsste zu gerne, ob Nora Ephrons Vater das wirklich gesagt hat, oder ob der Teil erfunden ist.»
Isabel und June wurden beide ganz still, als Meryl ihrem Vater sagte, wie sehr sie ihre Mutter vermisste, die schon vor Jahren gestorben war, obwohl ihre Mutter «in solchen Augenblicken nicht viel getaugt hat».
Isabel fragte sich, wie ihre Mutter in solchen Zeiten wohl gewesen wäre. Vielleicht wäre ihre Beziehung als Erwachsene ganz anders gewesen. Andererseits, wären ihre Eltern nicht gestorben, dann hätte sie Edward nie getroffen, hätte sie sich damals mit sechzehn nicht so abrupt verändert, und wer weiß, wie die Beziehung zu ihrer Mutter – oder zu irgendwem – heute wäre. Sie hätte vielleicht einen völlig anderen Mann geheiratet. Oder sie und Edward hätten auf anderen Wegen trotzdem zueinander gefunden. Das ließ sich unmöglich sagen.
Isabel war jedenfalls davon überzeugt, dass ihre Mutter in Zeiten wie diesen wunderbar gewesen wäre. Zu ihr genauso wie zu June.
«Geht sie wirklich zu ihm zurück?», fragte Kat, als Jack Nicholson mit seinem: «Ich will, dass du zurückkommst. Ich liebe dich», aufkreuzt.
«Isabel? Würden Sie zu Ihrem Mann zurückkehren, wenn er plötzlich hier auf der Matte stehen und Sie bitten würde?», wollte das Mädchen wissen und machte eine Kaugummiblase.
Isabel warf June einen Blick zu. Ihre Schwester hätte der Frau eindeutig am liebsten die Blase ins Gesicht gedrückt.
Edward hatte nicht angerufen. War nicht gekommen, um sie zurückzuholen. Hatte die Worte nicht gesagt, die Isabel insgeheim so gerne hören wollte, nur um zu wissen, dass sie für ihn noch von Bedeutung war, dass ihre Ehe von Bedeutung war. Sie wusste nicht, ob sie ihm je wieder vertrauen konnte. Aber zu wissen, dass es ihm leid tat, zu wissen, dass ihm klar war, welchen Fehler er gemacht hatte, und dass er sie anflehte, zu ihm zurückzukommen – das wollte sie, wenn sie ganz ehrlich zu sich war, natürlich schon.
«Und was ist mit Ihrem Lord of Warcraft?» Kat starrte die distanzlose Frau so lange an, bis sie es offensichtlich kapierte.
«Ja, sicher! Bestimmt sieht Jack Nicholson seine Geliebte nie wieder!» Die junge Frau schnaubte abfällig. «Wie kann sie nur so dumm sein, das zu glauben? Ich hoffe nur, Nora Ephron hat sich in Wirklichkeit anders verhalten.»
«Wer kann sich schon wirklich ein Urteil erlauben, ohne in der Haut eines anderen zu stecken?», sagte Lolly.
«Einmal Betrüger, immer Betrüger», die Frau blies die nächste Kaugummiblase auf. «Warum sollten sie sich denn auch
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